So wie das als zyklisch wiederkehrend empfundene Jahr in seinem stetigen Ablauf in kleinere fortschreitende Zähleinheiten von Monaten und Tagen eingeteilt wird, werden auch musikalische Ereignisse zyklisch wiederholend und/oder fortschreitend linear geordnet.
Die darin enthaltene metrische Ordnung kann
gegliedert werden sowie durch die Verstärkung des Klanges durch Resultanten von mehreren gleichzeitigen Klängen in Abhebung zu schwächeren Klängen auf die „unbetonten“ Teile einer Schlagfolge.
In der griechischen Musiké war der Rhythmus ein Quantitätsrhythmus (mit metrischem Wechsel von Längen und Kürzen in der Poesie) im Unterschied zum motionalen Akzentrhythmus unserer modernen Zeit (im Wechsel von betont und unbetont). Der Fuß (pes) ist im Bewegungsverlauf von Senkung/Setzen (thesis) und Hebung (arsis) bestimmt und nimmt somit unmittelbar Bezug zum körperbetonten Tanzschritt von abgestuften Ton- und Bewegungsdauern und deren Akzentuierung.
Die südindische Musik baute das musikalische Metrum (ákshara) auf zahlreichen Versfüßen auf, die sich – den antiken Metriken ähnlich – aus der unterschiedlichen Verteilung von Längen und Kürzen ergeben. Als Hilfsmittel für die Klassifikation der diversen Metren dient das Merkwort yamātārājabhānasalagām.
Jeweils drei aufeinander folgende Silben des Merkworts (von der ersten Silbe bis zur dritten gerechnet usf.), ergibt ein spezifisches Metrum mit den entsprechenden Längen und Kürzen.
In der indischen und vorderorientalischen Musik ist das metro-rhythmische Prinzip vielfach mit Trommelmodi verbunden. Oft beginnt ein indisches Musikstück ohne Rhythmus in einem freien Metrum, das durch das Einatmen und Ausatmen gegliedert ist. Sobald jedoch die Trommel einsetzt, übernimmt die Melodie ihren festen Rhythmus.
Mit Händeklatschen (x) und lautlosem Handzeichen (leerer Schlag) beschreibt Bharata’s Nātyaśastra, das älteste indische Lehrbuch über die dramatischen Künste (um 200 v.Chr.–um 200 n.Chr.), das Zeitmaß mit dem Begriff des tāla.
Der tāla gliedert die Melodie in verschiedene Gruppierungen von einzelnen Schlägen (mātrās), die jeweils in mehrere metrische Abschnitte von 2, 3 oder 4 Schlägen zusammengefasst werden, so dass sich daraus ein rhythmischer Zyklus ergibt (z.B. 3+2+2), der sich in der Grundform im vorgetragenen Stück mehrmals wiederholt.
In afrikanischer Musik ist die Elementarpulsation (time-line) die kleinste wahrgenommene regelmäßige Pulseinheit, mit enormer Geschwindigkeit, ohne Anfang und Ende und ohne eine Akzentuierung.
Diese Pulseinheiten sind zwei oder dreimal schneller als der beat oder große pulse, die nächste wichtige Orientierungsebene, die sich z.B. aus 6, 8, 9, 12, 16, 18 Einheiten (oder ihr Vielfaches) zusammensetzt.
Die Wiederkehr von solchen 8-, 12- oder 16-pulsigen beat-Einheiten bezeichnet man als Zyklus, der sich aus
strukturiert, bis dass der Zyklus sich von vorn wiederholt.
sind die grundlegendsten Merkmale schwarzafrikanischer Musik.
Die Polyrhythmik ist ein weit verbreitetes Phänomen, das besonders im Zusammenspiel verschiedener Trommelinstrumente angewandt wird.
Polyrhythmik ist dadurch gekennzeichnet, dass simultan verschiedenartige Rhythmen verwendet werden. In der Verzahnung von zwei oder mehreren verschiedenen Schlagfolgen ergibt sich entweder
Die Akzentuierung von Schlägen erfolgt vielfach durch dumpfe (lange) und helle (kurze) Schläge wie in der onomatopoetischen (lautmalerischen) Formel dúm, tàk-tàk.
Im afro-brasilianischen candomblé-Kult sind die Trommelrhythmen und ihre Pattern (toques de atabaque) jeweils bestimmten Gottheiten (orixás) zugeordnet.
Im Zusammenwirken der großen, mittleren und kleinen einfelligen und vertikal gespielten Trommel (rum, rumpi und lé) und zusammen mit der Aufschlagglocke agogô oder gã ergeben sich komplexe rhythmische Schlagmuster. Aus den Trommeln „sprechen“ die toques. Die Sprache der Trommeln soll die santos bzw. die orixás erreichen und ruft diese zum Fest herbei, da sie wie die Trommeln selbst von der gleichen übernatürlichen Kraft (axé) durchdrungen sind.
Der spezifische toque wird im Zusammenspiel
„gezeugt“.
Die einzelnen toques haben eigene Namen und sind jeweils einem oder mehreren orixás zugeordnet.
Im Unterschied zur afrikanischen und westlichen schnell angelegten und immer schneller werdenden Musik ist die klassische japanische Musik des nô-Theaters und des gagaku geprägt von einer gesetzten, langsamen und getragenen Weise. So dauert das Durchschreiten des kurzen Laufstegs auf der nô-Bühne drei Minuten; zehn Sekunden benötigt der Schauspieler, um den Fächer von vorne nach hinten zu drehen und fünf bis sechs Sekunden, um den Körper um 90 Grad zu drehen.
Entsprechend ist auch das rhythmisch-metrische Gefühl in der japanischen Musik selber angelegt, feierlich, ganz im Gegensatz zu den rasenden Sequenzen eines Actionfilms. Diese Langsamkeit der Musik gründet allerdings im philosophischen Konzept der „Riten und Musik“. Es ist der Geist der Schlichtheit und der Stille, der dazu führt, dass z.B. im gagaku die Melodie derart gedehnt wird, dass sie oft kaum mehr wahrgenommen werden kann (vgl. hierzu die biwa im gagaku-Stück „Etenraku“).
Ähnliches gilt auch vom meditativen Charakter des shakuhachi-Flötenspiels, dessen lang gehaltenen Töne – durch das Ausatmen mit Portamenti und mikrotonalen Verzierungen ausgeschmückt – langsam verströmen und im Zusammenwirken mit der Zäsur des natürlichen Einatmens rubatohaft geprägt sind. Es ist gerade diese Zäsur als Konzept von ma, welches die „Pause“ als Moment des Innehaltens zwischen den Ereignissen begreift und die Dynamik von Stille und Klang betont.
In der Fukeshû, einem Zweig der Rinzai-Zen-Schule, bezeichnet man das Instrument als „Glocke der Leere“ (kyotaku). Die shakuhachi soll ihrem Ideal nach den Klang der Glocke nachahmen, der im Buddhismus als Symbol der Vergänglichkeit aller und Leerheit diesseitiger Erscheinungen gilt.
BELÁ BARTÓKs grundsätzliche Unterscheidung der Tempi in
ist über die Kulturen hinweg im Einzelnen von ganz unterschiedlichen Pulswerten und Grundannahmen geprägt. Im Kontrast zu den asiatischen Traditionen der aristokratischen Hofmusik und der feierlichen Riten, in denen das Grundtempo getragen und zurückhaltend, mehrheitlich in einem regulären binären, seltener ternären Rhythmus voran schreitet, warten insbesondere die Volkstraditionen mit lebhaften, emotional getragenen Ausdrucksformen auf, die mit tänzerischen, schnellen und zum Teil auch irregulären rhythmischen Pattern ausgestattet sind (vgl. hierzu im Unterschied zur langgezogenen Weise der uzun hava das tempo giusto der tänzerischen kirik hava).
In der volkstümlich-vokalen Musik Koreas wird der episch-dramatische Gesang in der Gattung des p’ansori von den Klängen einer Fasstrommel (puk) mit komplexen Rhythmusmustern begleitet. P’ansori ist eine Art Solo-Schauspiel, bei dem ein Sänger oder eine Sängerin eine Geschichte über mehrere Stunden vorträgt und diese Vortragsweise mit
verbindet.
Der p’ansori-Gesang basiert auf bestimmten rhythmischen Grundmustern (changdang, wörtl. lang-kurz), die als rhythmisch-metrische Zyklen im Verlaufe der Erzählung wechseln und das dramatische Geschehen mit zunehmend schnelleren Zyklen untermalen.
Der Trommler unterscheidet – neben weiteren zusätzlichen Differenzierungen – vor allem vier wichtige Schlagweisen:
Eine Grundeinheit (kak) von sechs langsamen Schlägen (6/4) lässt sich z.B. wiederum pro Schlag jeweils in drei kürzere Zeitwerte unterteilen (18/8).
Dieses so zusammengesetzte rhythmische chingyan-Muster wird als Beispiel sehr langsam gespielt.
Vier solche 18/8-Grundeinheiten, werden zum Teil leicht abgewandelt zu einer Großeinheit zusammengefasst, woraus sich ein rhythmisch-metrischer Zyklus von 24 x 3/8-Zeitwerten herleitet, welcher auf dem 1. und 17. Schlag einen besonderen Akzent erhält.
Mehrere solcher rhythmischer Muster mit unterschiedlichen Tempi bestimmen im dynamischen Wechsel den Gesamtablauf eines p’ansori-Vortrags.
Die Verwendung von Trommel- und Merksilben als mnemotechnische Hilfe (Eselsbrücke) zur Unterstützung der rhythmischen Strukturen und Zyklen ist in den oralen Überlieferungen nicht nur in der indischen und asiatischen Tradition verbreitet, sondern auch in der arabischen und in der islamisch geprägten Welt.
Der arabische Musiktheoretiker AL FĀRĀBI (gest. um 950 in Damaskus) beschrieb in seiner Schrift „Großes Buch über Musik“ den Rhythmus (īqāc, plur.: īqācāt) als eine Bewegung von Tönen, die einander nach einem gleichen Ordnungsprinzip in Zeitspannen von vernünftig begrenzten Massen und Proportionen folgen. Das Zeitmaß eines jeden īqāc sei hierbei nach Längen und Kürzen begrenzt. AL FĀRĀBI begann schon damals rhythmische Formeln mit Merksilben niederzuschreiben. Heute verwendet man für die Hauptschläge dum und für die Nebenschläge tak mit den entsprechenden Unterteilungen in ihre kleineren Einheiten von dum-ma bzw. tak-ka.
Aus den Grundelementen dum und tak setzt sich jedes rhythmisch-metrische Muster (īqāc, wazn, usūl, mīzan oder darb), zusammen. In der Praxis werden allerdings weitere verzierende Elemente hinzugegeben, die sich aus der Geschicklichkeit der einzelnen Spieler herleiten.
Zu den wichtigsten rhythmischen Mustern der arabischen und türkischen Musik gehören
In der gamelan-Musik Balis und Javas, wo die großen Gongs mit ihren Gerüstmelodien (einem cantus firmus ähnlich) von schnelleren Instrumenten umspielt werden, wird zudem eine hoketus-ähnliche Technik zur Melodiebildung verwendet. So ergibt sich z.B. die rhythmische Struktur des balinesischen kotekan im schnellen Spiel des
durch das Ineinander-Verzahnen von zwei unabhängigen Spiel-Mustern, nämlich
Im Zusammenwirken der alternierend angeschlagenen kleineren Gongs bzw. Mettallophone entsteht die Melodie als Resultante aus dem alternierenden Zusammenspiel. Mehrere solche kotekan-Konzepte weisen je unterschiedliche und komplexe Gestaltungsprinzipien auf.
Auch im nördlichen vietnamesischen Hochland der Tay Nguyen Gongkultur sind die Ensemble durch das rhythmische Zusammenspiel unterschiedlicher Gong-Typen und Gong-Größen gekennzeichnet. Jeder Gongtyp, ob Buckelgong oder Flachgong, spielt ein rhythmisches Modul von mehreren Takten. Einige der Module verschränken sich innerhalb der rhythmisch-harmonischen Begleitung zu einer Kernmelodie, die sich aus den Einzeltönen unterschiedlicher Gongs zusammensetzt und als Ganzes im Verlauf des Stückes mehrmals wiederkehrt. Lineare Verzahnung der rhythmischen Module und harmonischen Zusammenklänge in der vertikalen Ordnung halten sich hierbei die Waage.
Stand: 2010
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