Pierre Boulez

PIERRE BOULEZ wurde 1925 als Sohn eines Technikers aus der Stahlbranche in Montbrison (Frankreich) geboren. Nach dem Gymnasium in St-Etienne besuchte er für ein Jahr ein spezielles Mathematikseminar in Lyon, bevor er sich dafür entschied, nach Paris zu gehen und sich der Musik zu widmen.

Mit 19 Jahren schrieb er sich 1944 am Pariser Konservatorium ein, wo er bei ANDREE VAURABOURG-HONEGGER (1894–1980) und OLIVIER MESSIAEN (1908–1992) studierte. Bleibenden Einfluss hinterließ eine Einführung in die Zwölftonmusik bei RENE LEIBOWITZ (1913–1972).

Kompositionen

Erste Beachtung fanden BOULEZ’ Kompositionen 1951 in Donaueschingen und 1952 in Paris und Darmstadt. Etwa zeitgleich mit KARLHEINZ STOCKHAUSEN (* 1928) experimentierte er 1952 in PIERRE SCHAEFFERs (1910–1955) Studio mit konkreter Musik. Dabei entstand das Tonband-Stück „Études“. Angeregt von

  • ARNOLD SCHÖNBERG (1874–1951),
  • ANTON WEBERN (1883–1945),
  • CLAUDE DEBUSSY (1862–1918) und
  • seinem Pariser Lehrer OLIVIER MESSIAEN

entwickelte er seinen eigenen Stil schließlich aber in Anlehnung an die serielle Musik. Die Uraufführung seiner Kantate „Le Marteau sans Maître“ machte ihn 1955 schlagartig international bekannt.

Während die konkrete Musik Geräusche des Alltags und der Natur aufzugreifen sucht, nutzt die serielle Musik elektroakustische Klänge, die in Tonhöhe, Dauer und Lautstärke streng auf mathematischen Reihen beruhen. BOULEZ experimentiert innerhalb ihrer mit atonalen Raumkompositionen. Angestrebt wird unter anderem ein „gelenkter Zufall“ in der Komposition, wie er etwa in dem 1962 uraufgeführten Werk „Pli selon pli – Portrait de Mallarmé“ ausgeführt ist.

Spätestens Mitte der 1960er-Jahre trat in BOULEZ’ Wirken das Komponieren allerdings hinter die Tätigkeit als Dirigent zurück. Sein kompositorisches Gesamtwerk ist deshalb insgesamt eher klein, zumal bereits vorhandene Werke nie als abgeschlossen gelten, sondern immer wieder umgearbeitet werden. BOULEZ erarbeitet fortwährend neue Versionen seiner Kompositionen, die die Stufen seiner musikalischen Entwicklung widerspiegeln und einen Werkbegriff somit problematisch machen.

Dirigententätigkeit

Bereits 1954 rief BOULEZ die Konzertreihe Domaine Musicale in Paris ins Leben, in der neue und neueste Musik aufgeführt wird, und der er bis 1961 vorstand. Seit 1958 ist er ständiger Gastdirigent beim Südwestfunk-Orchester. Er übernahm 1959 die Leitung der Donaueschinger Musiktage, war 1967 bis 1972 Gastdirigent des Cleveland Orchestra. Von 1971 bis 1977 agierte er als Chefdirigent des BBC Symphony Orchestra in London und von 1971 bis 1975 in Nachfolge von LEONARD BERNSTEIN (1918–1990) als Chefdirigent des New York Philharmonic Orchestra.

1976 gründete BOULEZ in Paris das Ensemble InterContemporain, das als herausragendes Orchester für zeitgenössische Musik gilt und das er bis 1979 leitete. Von 1977 an widmete er sich zudem dem „Forschungslabor“ Institute de Recherche et de Coordination Acoustique/Musique (IRCAM), dessen Direktor er bis 1992 war. Mit der Cité de la Musique wurde nach BOULEZ’ Vorstellungen in Paris ein repertoireflexibler Konzertsaal gebaut und 1995 eröffnet.

BOULEZ dirigierte anlässlich der Bayreuther Festspiele drei aufsehenerregende Aufführungen:

  • 1966 den „Parsifal“,
  • 1976 den von PATRICE CHEREAU (* 1944) inszenierten „Jahrhundert-Ring“ und
  • 2004 die umstrittene „Parsifal“-Inszenierung von CHRISTOPH SCHLINGENSIEF.

Seit den 1990er-Jahren ist BOULEZ einer der gefragtesten Gastdirigenten für Konzerte und CD-Einspielungen bei den großen Traditionsorchestern. Als Komponist wie gleichermaßen als Dirigent ist er regelmäßiger Gast der Salzburger, Berliner und Edinburgher Festspiele.

Werke

Zu den Werken von BOULEZ gehören:

  • Klavierliteratur, darunter:
    – 3 Sonates pour piano (1946, 1947, 1955–1957);
     
  • Werke für Sologesangsstimmen und (Kammer-) Orchester, darunter:
    – Le visage nuptial (1946, 1950–1951),
    – Le marteau sans Maître (1952–1954, bearbeitet 1957),
    – Pli selon pli – Portrait de Mallarmé (1957–1962, bestehend aus Don, Improvisations sur Mallarmé I–III und Tombeau, für Sopran und Orchester);
     
  • Kompositionen für Orchester und z.T. ungewöhnliche Instrumentalbesetzungen, darunter:
    – Polyphonie X für 18 Instrumente (1951),
    – Éclat für 15 Instrumente (1965 ff.; weiterverarbeitet als Éclat/Multiples, 1970 ff.),
    – Dérive I/II (1984, 1992, für Kammerensemble),
    – Sur Incises für 3 Klaviere, 3 Harfen und 3 Schlagzeuger (1994–1996);
     
  • Werke für Soloinstrumente und Elektronik, darunter:
    – ... Explosante-Fixe ... für Flöte mit Live-Elektronik (1972–1974, 2 Flöten und Ensemble),
    – Répons für 6 Instrumentalsolisten, Kammerensemble, Computerklänge und Live-Elektronik (1981, für 6 Solisten, Kammerensemble, Computerklänge und Liveelektronik, erhielt im Jahr 2000 einen Grammy),
    – Dialogue de l’ombre double für Klarinette und Elektronik (1985).

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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