Mit dem Begriff „Organum“ werden mehrstimmige Vertonungen Gregorianischer Gesänge bezeichnet. Dabei tritt
Das lateinische Wort „Organum“ leitet sich vom griechischen „organon“ ab. Es lässt sich im Allgemeinen mit „Werkzeug“ und im Speziellen mit „Instrument“ oder auch mit „Orgel“, übersetzen.
Es ist noch nicht vollständig geklärt, wie dieser Ausdruck zur Bezeichnung der frühen Mehrstimmigkeit wurde. Doch man darf darin wahrscheinlich einen Hinweis auf die Beteiligung von Instrumenten bei der Herausbildung der Mehrstimmigkeit sehen.
Der besondere Bezug zur Orgel zeigt sich in der Mixtur (lat.: „mixtura“ = Vermischung Mixtur = gebräuchlichste aller gemischten Stimmen der Orgel). Als hauptsächlichste Klänge treten
Das heißt, dass beim Anschlag einer Orgeltaste mehrere Orgelpfeifen im Abstand einer Quinte oder Oktave mitklingen.
Ein Vergleich zum instrumentalen Vorbild zeigt, dass auch bei den gesungenen Organa zur ursprünglichen Melodie gleichzeitig eine zweite Stimme hinzutritt. Diese wird, wie bei einer Mixtur, vorwiegend im Abstand einer Oktave, einer Quinte oder aber im Abstand einer Quarte parallel zur Ausgangsstimme geführt.
Die wichtigste und erste Quelle für Quint- und Quartorgana ist die „Musica Enchiriadis“ (griech.: „Enchiridion“ = Handbuch). Es handelt sich dabei um eine musiktheoretische Abhandlung eines unbekannten Verfassers aus der 2. Hälfte des 9. Jh. n.Chr.
Die dort beschriebenen Organa sind keine wirklichen Kompositionen. Vielmehr geht es darum, eine bis dahin selbstverständliche und unbewusste musikalische Improvisationspraxis mit den neu gewonnenen Möglichkeiten der Notation schriftlich zu fixieren. Die „Musica Enchiriadis“ lehrt zwei verschiedene Arten des Organums:
In beiden Fällen liegt die gregorianische Melodie über der hinzugefügten Gegenstimme.
Das Quintorganum verdoppelt die vorgegebene Melodie gleichzeitig in der Quint- oder in der Oktavlage. Dadurch entsteht ein Parallelgesang in verschiedenen Stimmlagen. Die Musiktheorie verwendet in diesem Zusammenhang den Begriff der „Parafonie“ (griech.: „para“ = neben/ „phonie“ = klingen). In diesem Terminus kommt das parallele „nebeneinander Singen“ deutlich zum Ausdruck.
Für das Quartorganum gibt die „Musica Enchiriadis“ bestimmte Regeln vor, in welcher Weise
zu begleiten habe. Ein Parallelsingen in reinen Quarten war nämlich nicht möglich, da durch das damalige Tonsystem häufig das Intervall eines Tritonus (übermäßige Quarte) entstanden wäre.
Ausgangspunkt beider Stimmen ist der Einklang. Während sich anschließend die vox principalis in einer aufsteigenden Melodie entfalten kann, wiederholt die vox organalis solange den Anfangston, bis zwischen beiden Stimmen der Abstand einer Quarte erreicht ist. Erst dann beginnt der Parallelgesang in reinen Quarten. Am Ende einer Sinneinheit steht wieder der Einklang.
Stand: 2010
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