Music Television MTV

Entstehung

MTV (Music Television) wurde durch ein 1979 gegründetes Gemeinschaftsunternehmen

  • des damaligen Medienkonzerns Warner Communications (heute Time-Warner) mit
  • dem Kreditkarten-Unternehmen American Express – die Warner Amex Satellite Entertainment Company (WASEC) –

als kommerzieller Kabelfernsehkanal ins Leben gerufen und nahm am 1. August 1981 in New York seinen Betrieb auf. Zunächst war das nichts anderes als eine Art Radio fürs Fernsehen, wobei rund um die Uhr Musikvideos automatisch ausgestrahlt wurden, unterbrochen lediglich durch die obligatorische Werbung.

Vor der Einführung von MTV ist ein Aufwand an Marktforschung getrieben worden, wie es ihn in der Musikbranche nie zuvor gegeben hatte. Auslöser waren Ende der 1970er-Jahre beträchtliche Umsatzeinbußen im Tonträgergeschäft und der Versuch, mit dem Medium Fernsehen neue Käuferschichten für die Musik zu erschließen. Der Ansatz bestand (und besteht nach wie vor) darin, Musik als Bestandteil eines Konsum und Marken basierten Lebensstilkonzepts zu präsentieren. Der automatische Sendebetrieb wurde noch im ersten Jahr durch eine moderierte Programmform ersetzt.

Entwicklung von Music Television

Trotz anfänglicher Verluste setzte sich diese um die Musikvideos aufgebaute Fernsehform rasch durch. 1983 erhielt sie mit der von Thorn-EMI, Virgin Records und Yorkshire Television in London betriebenen Music Box ein westeuropäisches Gegenstück, dem im gleichen Jahr, ebenfalls von London aus operierend, der analog aufgebaute Sky Channel des australischen Großverlegers RUPERT MURDOCH (geb. 1931) folgte.

In den USA expandierte Music Television im Januar 1985 zu den MTV Networks, als mit VH-1 ein zweiter Kabelkanal nach dem Modell von MTV eingerichtet wurde, der mit seiner Videoauswahl auf den Musikgeschmack junger Erwachsener zielte. Das Gesamtunternehmen ging Ende 1985 an den Fernsehprogrammdienst Viacom International. Viacom International lizenzierte 1987 das MTV-Programm an die Mirror-Gruppe des Londoner Verlegers ROBERT MAXWELL (1923–1991), von der es gemeinsam mit der British Telecom seit August 1987 als MTV Europe in die Kabelnetze Westeuropas und Skandinaviens eingespeist wird. Music Box und Sky Channel mussten diesem europäischen Ableger von MTV ebenso weichen wie analoge Musikvideo-Kanäle in anderen Ländern.

Mit MTV Asia (1995) und MTV Africa (1996) wiederholte sich dieser Prozess auch in anderen Weltregionen.

In Deutschland entstand als nationales Gegenstück zu MTV Europe 1993 der von den hier Markt führenden Tonträgerfirmen

  • Time-Warner,
  • Sony,
  • PolyGram (heute Universal) und
  • EMI

Ende 1993 ins Leben gerufenen Kölner Sender VIVA. (Bertelsmann, der ebenfalls in diesen Kreis gehört, verfügt als Eigentümer von RTL über eigene TV-Interessen und musste sich zudem aus kartellrechtlichen Gründen von VIVA fernhalten.)

MTV Europe reagierte mit einem deutschsprachigen Programmblock – „MTV Goes Deutsch“, aus dem 1997 eine deutschsprachige Version von MTV wird.

Auch VIVA erhielt mit VIVA 2 ein zweites Standbein, das der experimentierfreudigen Indie-Szene gewidmet war, allerdings scheiterte und 2002 von VIVA Plus, einem ähnlich ausgerichteten Format wie VH-1, abgelöst wurde.

Als 2004 schließlich auch VIVA und VIVA Plus in die von Viacom International betriebenen MTV Networks integriert wurden, war aus diesen ein global agierendes Unternehmen mit einer Vielzahl von musikspezifischen Spartenprogrammen geworden – z.B.

  • MTV Español,
  • VH-1 Classic,
  • VH-1 Soul,
  • Country Music Network –,

die alle denkbaren Aspekte des Musikfernsehens in allen Regionen der Welt abdecken. In Deutschland besteht das Musikfernsehen unter der Ägide von Viacom International/MTV Networks aus vier Programm-Kanälen:

  • MTV,
  • MTV Pop,
  • VIVA und
  • VIVA Plus.

Musik (fern)sehen

Obwohl das Musikfernsehen schon lange nicht mehr ausschließlich aus Musikvideos besteht, sondern vielmehr zu einem Jugendfernsehen gewordenen ist, das die unterschiedlichsten Aspekte des Alltags und der Freizeit Jugendlicher abdeckt, nimmt der Videoclip – der elektronisch bebilderte Song – noch großen Raum ein und macht die Attraktivität dieser Form des Fernsehens aus.

Die eigentliche Funktion des Musikfernsehens ist allerdings Werbung – mit den ausgestrahlten Videos für die dazugehörigen Produkte der Tonträgerindustrie und mit den permanent dazwischen geschobenen Werbespots für die entsprechenden Produkte der Konsumgüterindustrie. Das drückt sich nicht zuletzt auch in der Programmgestaltung aus, die nach einem Rotationsprinzip aufgebaut ist, d.h. Videoclips wie Werbespots werden nach einem bestimmten Schlüssel bis zu einem Mal stündlich (Heavy Rotation) wiederholt, bei wöchentlichem Wechsel von sechs bis zehn der sich im Programm in Rotation befindlichen 60 bis 70 Musikvideos.

So umstritten der Werbezusammenhang auch sein mag, Music Television reagiert auf die sich insgesamt verändernden Fernsehgewohnheiten, die auch dieses Medium in beiläufige Rezeptionszusammenhänge stellen. Musikfernsehen ist überwiegend ein „Nebenbei“-Fernsehen, worauf sich sowohl die Programmgestalter wie die Clip-Designer einstellen mussten.

Die Folgen

Mit den elektronisch bebilderten Songs – der Visualisierung von Musik im Videoclip – hat das Musikfernsehen zu weitreichenden Veränderungen der Musikkultur geführt. Musik ist damit insgesamt nicht mehr nur eine Angelegenheit des Hörens allein, sondern in weit stärkerem Maße als früher zu einem alle Sinne ansprechenden Event geworden – und das gilt nicht nur für die Popkultur. Im Videoclip haben

  • populäre Kultur (Musik, Film, Fernsehen, Werbung) und
  • die Sprach- und Formexperimente der künstlerischen Avantgarde (visuelle Musik, abstrakter Film, gegenstandslose Malerei und Fotografie)

zu einer Synthese gefunden, die die Ästhetik dieser neuartigen Existenzform von Musik nachhaltig geprägt hat. Dabei sind vielfältige Vorläufer zum Tragen gebracht worden, deren Spuren sich in den Videoclips leicht finden lassen.

Schon während der Swing-Ära in den 1930er-Jahren wurden für die Vorprogramme der Kinos Kurzfilme zu den populärsten Swing-Titeln hergestellt. Sie zeigten die Interpreten in Aktion und waren mit choreografischen und anderen Einlagen durchsetzt, um für den Zuschauer attraktiv zu bleiben.

Eine Fortsetzung fand das in den Jukebox-Filmen der fünfziger Jahre – Endlosfilmschleifen, die die abgespielten Schallplatten illustrierten; eine Praxis, die in den sechziger Jahren in den USA mit der Entwicklung von Videodisc-Automaten fortgesetzt wurde.

Mit dem Einzug der Rockmusik ins Fernsehen kamen die Promotionfilme auf.

  • „Penny Lane“ (1967) und
  • „Strawberry Fields Forever“ (1968),

die die BEATLES gemeinsam mit dem schwedischen Avantgarde-Filmmacher PETER GOLDMAN (* 1945) produziert hatten, sind die bekanntesten Beispiele dafür.
Noch bevor es das Musikfernsehen gab, wurde es Ende der 1970er-Jahre üblich, Clubs mit Musikvideos zu bespielen, wofür sich eine eigene Videofilm-Industrie etablierte, von der dann auch das Musikfernsehen profitierte.

Mit dem Musikfernsehen erfolgte dann die endgültige Festlegung des Musikvideos auf die Funktion eines Werbemediums für den Tonträger, womit es in Zusammenhänge geriet, die seiner Gestaltung genau fixierte Grenzen setzten. So bildete sich in Abhängigkeit von den zugrunde liegenden Songs mit ca. drei bis vier Minuten Länge ein Standardformat heraus, das zudem noch dem Zwang unterliegt, als Bestandteil eines Image-Konzepts den Star bzw. die Gruppe auf eine bestimmte Weise ins Bild zu setzen.

Musik ist damit nicht nur in die die Abhängigkeit visueller Medien geraten – über den Erfolg entscheidet nicht mehr nur, wie sich Musik anhört, sondern nicht minder auch, wie sie sich anschaut. Waren jedoch die Musikclip-Kompilationen auf Videokassette noch eine reine Begleiterscheinung der Popmusik, so hat sich die Musik-DVD als Medium, Musik anzuschauen, inzwischen in allen Bereichen der Musik durchgesetzt.

In gewisser Weise ist die Musikentwicklung mit dem Musikfernsehen auf dem heutigen technischen Niveau damit wieder an jenen Punkt der Entwicklung zurückgekehrt, an dem das Musikerlebnis noch ein Erlebnis aller Sinne war, bevor mit der Technologie Klangaufzeichnung und dem Tonträger (Schallplatte) der Prozess der Verselbständigung des Hörens einsetzte.

Historischer Kurzabriss

1981In den USA geht der Kabelfernsehkanal MTV (Music Television) auf Sendung.
1985MTV Networks entstehen.
1987Der europäische Ableger des amerikanischen Music Television, MTV Europe, startet.
1993In Köln geht VIVA, das deutsche Gegenstück zu MTV, auf Sendung.
1993MTV Europa sendet mit „MTV Goes Deutsch“ einen Programmblock in deutscher Sprache.
1995Der asiatische Ableger des amerikanischen Music Television, MTV Asia, startet.
1995VIVA 2 nimmt den Sendebetrieb auf.
1996Der afrikanische Ableger des amerikanischen Music Television, MTV Africa, startet.
1997Mit MTV Central startet eine deutschsprachige Version von MTV.
1998MTV 2 – die Internet-Version von MTV – startet.
2002VIVA 2 wird in VIVA Plus umgewandelt.
2004Viacom International, der Eigentümer von MTV, übernimmt VIVA.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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