Das Kammermusiklied ist eine Innovation des frühen 20. Jh. Es wird charakteristisch für die Neue Musik. Besetzungsmäßig bildet es sozusagen die Mitte zwischen
also zwischen traditionellem Klavierlied seit der Wiener Klassik und dem nach 1830 aufkommenden Orchesterlied. Grundlegend für diese Gattung ist die Kombination Solostimme und variable Ensembles bzw. kammermusikalische Besetzungen, also Ensembles ohne chorische Stimmverdopplungen wie beim Orchester. Einfachheit als Eigenschaft von „Lied“ relativiert sich dabei oft.
Prototypen des Kammermusiklieds schuf ARNOLD SCHÖNBERG (1874–1951) mit
In der stilistisch vorwiegend rückwärtsgewandten, in aparter Besetzung sowie Technik und Material mit Elementen der Zwölftontechnik progressiven „Serenade für Klarinette, Bassklarinette, Mandoline, Gitarre, Violine, Viola, Violoncello und Bariton“ op. 24 von 1920/1923 kombiniert dann SCHÖNBERG die neue Gattung mit der traditionellen: Der IV. Satz ist ein Petrarca-Sonett.
Die Vielfarbigkeit und Variabilität des „Pierrot lunaire“ wirkt vorbildhaft. Dieser Typus dominiert besonders seit 1945 gegenüber Klavier- wie Orchesterlied. Die Lebensfähigkeit mancher Gattungen in der Praxis der Musikkultur zeigt sich aber daran, dass nach wie vor sowohl Klavier- als auch Orchesterlieder entstehen.
Mit der Kombination von Solostimme, kleiner Besetzung und der Zusammenfassung mehrerer Lieder ergeben sich Übergänge zur Solokantate bzw. Kammerkantate des Frühbarocks 1620–1640. Diese cantata da camera für Solostimme mit (kammermusikalischer) Generalbassbegleitung bildete den Anfang der italienischen Kantate (Chor und Orchester kamen erst später dazu.) Ein Unterschied bleibt:
Manchmal heißen denn auch Werke der hier als „Kammermusiklied“ bezeichneten Gattung „Kammerkantate“ oder gar „Kantate“. Besonders HANNS EISLER (1898–1962) schrieb im dänischen Exil 1937 eine ganze Gruppe von mehreren solchen Werken, die heute noch aktuell wirken: u.a. (bis auf eine alle auf Texte von IGNAZIO SILONE)
Alle diese Kantaten (bis auf „Nein für Gesang und Streichquartett“) sind extrem sparsam besetzt für Gesang, 2 Klarinetten, Viola und Violoncello. In einer späteren „Kantate auf den Tod eines Genossen“ (1949, ebenfalls nach SILONE) variiert EISLER die Besetzung leicht: Gesang mit Flöte, Klarinette, Viola und Violoncello.
IGOR STRAWINSKY (1882–1971):
ANTON WEBERN (1883–1945):
PIERRE BOULEZ (1925–2016):
ARIBERT REIMANN (* 1936):
Von den jüngeren Komponisten trug besonders VOLKER BLUMENTHALER (* 1951) zu dieser Gattung bei. Er schrieb u.a.:
Bei BLUMENTHALER finden sich überdies schließlich einige Gattungsvarianten:
Stand: 2010
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