Bill Graham

Kindheit und frühe Jugend

BILL GRAHAM wurde *8. 1. 1931 in Berlin unter dem Namen WOLFGANG GRAJONCA als sechstes Kind russisch-jüdischer Einwanderer, die kurz vor seiner Geburt über Ostpreußen nach Berlin gekommen waren, geboren. Der Vater, Ingenieur von Beruf, starb zwei Tage nach der Geburt seines Sohnes. Die Mutter arbeitete als Verkäuferin in einem Berliner Kaufhaus. Nach dem Machtantritt der Nazis im Januar 1933 gab die aus wohlhabenden Verhältnissen stammende, in Litauen gebürtige Mutter ihre sechs Kinder in ein Kinderheim, um sie vor der wachsenden antisemitischen Stimmung in der deutschen Bevölkerung zu schützen. Im Zuge eines Austausches jüdischer gegen christliche Waisenkinder kamen die beiden Jüngsten der Grajonca-Geschwister 1937 in ein französisches Waisenhaus. Nach der Besetzung Frankreichs durch deutsche Truppen im Juni 1940 wurden sie mit einem Kindertransport in die USA verschifft. Der Transport ist von deutschen U-Booten angegriffen und weitgehend vernichtet worden. Unter den wenigen Überlebenden war auch der 18-jährige WOLFGANG GRAJONCA, seine jüngere Schwester Tolla kam im Atlantik ums Leben. Von dem in Deutschland verbliebenen Teil der Familie überlebte nur seine Schwester Esther im Konzentrationslager Auschwitz den Holocaust. Seiner Schwester Rita gelang 1941 unmittelbar vor der Deportation die Flucht aus Deutschland.

Erste Jahre in den USA

Angekommen in den USA wurde der junge GRAJONCA in eine Gastfamilie gegeben. Er änderte seinen Namen in BILL GRAHAM, beendete die Schule und erwarb einen Business-Abschluss am City College New York. Nach Ableistung seines Wehrdienstes, der ihn 1951 in den Koreakrieg führte, jobbte er in New York und Umgebung als Kellner und bekam dabei erste Kontakte zur Musikszene. Anfang der 1960er Jahre siedelte er nach San Francisco um, wo er in Kontakt mit der inzwischen legendär gewordenen Straßentheatergruppe SAN FRANCISCO MIME TROUPE kam. 1965 gab der inzwischen als Bankgewerbe tätige Graham seine Karriere auf und übernahm das Management der Theatergruppe, nachdem der künstlerische Leiter des politisch radikalen Unternehmens, RONNY DAVIS, wegen fortgesetzter Angriffe auf die US-Politik und Missachtung des gegen ihn eingesetzten Gerichtes eine zweijährige Gefängnisstrafe hatte antreten müssen. Die durch die Gerichtskosten der Theatergruppe entstandenen finanziellen Schwierigkeiten löste GRAHAM durch die Veranstaltung eines Benefizkonzerts mit lokalen Rockgruppen. Es sollte der erste Schritt auf dem Weg zum bedeutendsten Impresario in der Geschichte der Rockmusik werden.

Es folgte weitere Konzerte zur Unterstützung der MIME TROUPE, bis er 1966 schließlich das Fillmore Auditorium übernahm und hier Shows mit den Ikonen der amerikanischen Gegenkultur wie JEFFERSON AIRPLANE, JANIS JOPLIN (1943-1970), COUNTRY JOE AND THE FISH, THE FUGS und THE GRATEFUL DEAD produzierte. Die Shows wurden zur Plattform des Westcoast Rock und zur Initialzündung für die als Psychedelic Rock bekannt gewordene Variante der Rockmusik. Von 1967 bis 1968 war er zugleich Manager der JEFFERSON AIRPLANE, einer der Hauptvertreter des Psychedelic Rock.

Rock-Promoter

Binnen Jahresfrist war BILL GRAHAM zum wichtigsten Rock-Promoter der USA geworden. Dem Fillmore Auditorium in San Francisco stellte er 1968 das Fillmore West sowie die Winterland Arena an die Seite. In New York erhielt das Fillmore mit dem Fillmore East im vormaligen Village Theater ein Pedant, das weltweit zu ersten Adresse für Rockkonzerte wurde. Mit der Millard Agency gründete er 1968 eine der bedeutendsten Konzertagenturen, die für ein Großteil der Rockkonzerte in den USA mit allem, was Rang und Namen hatte, als Veranstalter verantwortlich zeichnete. Er realisierte die US-Tourneen einer Vielzahl von Rockbands, darunter bis 1989 auch die US-Tourneen der Rolling Stones. Zugleich gab er immer wieder Newcomern eine Chance. So verdanken etwa JIMI HENDRIX (1942-1970) oder auch CARLOS SANTANA (geb. 1947) ihm ihre Karrieren. Seine diversen Unternehmen waren in der Holding Bill Graham Presents zusammengefasst.

1985 organisierte er gemeinsam mit den Musikern BOB GELDOF (geb. 1951) und MIDGE URE (geb. 1953) Live Aid, ein auf beiden Seiten des Atlantiks zugleich veranstaltetes und per Satellit weltweit übertragenes Benefizkonzert zur Bekämpfung des Hungers in der Dritten Welt, das 95 Prozent der Fernsehzuschauer weltweit erreicht hat.

Schauspieler

Auch sein Wunschtraum, als Filmschauspieler vor der Kamera zu stehen, vermochte sich der umtriebige Rock-Impresario zu erfüllen. In FRANCIS FORD COPPULAS Antikriegsfilm Apocalypse Now (1979) ist er in einer Nebenrolle als Konzertpromoter zu sehen. 1991 gab ihm der Spielfilmregisseur BARRY LEVINSON die Rolle des berühmten Gangsters Charlie »Lucky« Luciano in seinem Film Bugsy, der allerdings nur mäßig erfolgreich war.

Tod und Nachlass

BILL GRAHAM kam am 25. Oktober 1991 beim Absturz eines Hubschraubers, der ihn von einem Konzert der Band Huey Lewis and the News zurück nach San Francisco bringen sollte, nahe Vallejo ums Leben. Sein Unternehmen, Bill Graham Presents, wurde zunächst von den Mitarbeitern weitergeführt, später verkauft und kam 1997 unter das Dach von Clear Channel Entertainment, aus der inzwischen Live Nation Entertainment mit Sitz im kalifornischen Beverly Hills geworden ist, die mit Live Nation die größte Konzertagentur der Welt betreibt.

BILL GRAHAM hinterließ Tausende von Konzertaufzeichnungen seiner Shows auf Video und Tonband, Fotos, Merchandising-Artikel sowie diverse Memorabilien im Gesamtwert von mehreren Hundert Millionen Dollar. Sie wurden 2002 von dem Unternehmer William Sagan (Norton LLC) aufgekauft und als Wolfgang’s Vault (nach Bill Grahams ursprünglichem Vornamen) der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Sie sind inzwischen um weitere Archive ergänzt worden und repräsentieren auf einzigartige Weise die Rockgeschichte der 1960er-, 1970er- und 1980er-Jahre. Das San Francisco Civic Auditorium wurde 1992 BILL GRAHAM zu Ehren in Graham Auditorium umbenannt. Die 7000 Plätze umfassenden Halle beherbergt Großkonzerte mit den Stars aus Rock- und Popmusik.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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