- Lexikon
- Mathematik
- 8 Stereometrie
- 8.9 Regelmäßige Polyeder
- 8.9.0 Regelmäßige Polyeder
- Regelmäßige Polyeder
Die erstaunliche Tatsache der Existenz von nur fünf regulären Polyedern mit ihren vielen besonderen Eigenschaften hat schon im Altertum viele Wissenschaftler beschäftigt. Wenn man bedenkt, wie eng Mathematik, Astronomie und Philosophie als die ältesten Wissenschaften überhaupt miteinander verbunden waren, so wundert es kaum, dass versucht wurde, diese bedeutende mathematische Entdeckung auch zur Klärung philosophischer und astronomischer Probleme zu verwenden.
So spielten die fünf regulären Polyeder in den Auffassungen des berühmten griechischen Philosophen PLATON (427 bis 347 v. Chr.) eine bedeutende Rolle. Er nahm an, dass alles, was existiert, aus den vier Elementen Erde, Luft, Feuer und Wasser zusammengesetzt ist. Diese Elemente selbst sind nur verschiedene Formen eines Grundstoffes. Ihre Formen stehen zu den fünf regulären Polyedern in folgender Beziehung: Erde - Würfel, Luft - Oktaeder, Feuer - Tetraeder, Wasser - Ikosaeder. Luft, Feuer und Wasser können ineinander umgewandelt werden und analog dazu bestehen die Oberflächen von Oktaeder, Tetraeder und Ikosaeder jeweils aus gleichseitigen Dreiecken. Aus Erde kann kein Stoff der anderen Art werden. Der Welt als Ganzes lässt sich nach seiner Meinung das Dodekaeder zuordnen. Die fünf regulären Polyeder werden auch als Körper des PLATON bzw. platonische Körper bezeichnet.
Die fünf platonischen Körper faszinierten im Jahre 1595 auch den gerade dreiundzwanzigjährigen Lehrer der Mathematik und Moral an der Landständeschule in Graz, JOHANNES KEPLER, der gerade begann, sich in seiner Freizeit intensiv mit astronomischen Problemen zu beschäftigen. Noch im Banne der Vorstellungen der Antike, dass die Gesetze der Mathematik der Schlüssel zu allen Geheimnissen der Wirklichkeit sind, glaubte er, das „Weltgeheimnis“ gefunden zu haben. In seinem daraufhin entstandenen ersten Buch „Mysterium cosmographicum“ („Weltgeheimnis“), das ihn sofort berühmt machte, stellte er die These auf, dass es einen Zusammenhang zwischen den Bahnen der sechs damals bekannten Planeten Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter und Saturn und den In- und Umkugeln der fünf platonischen Körper gäbe. Er war der Meinung, dass sich die Radien der In- und Umkugeln eines jeden regulären Polyeders wie die Radien der Kreisbahnen zweier Planeten verhalten. KEPLER erkannte wenig später selbst, dass seine Theorie fehlerhaft war. Im Jahre 1601 gelangte er in den Besitz genauer Messergebnisse über die Positionen der Planeten zu verschiedenen Zeiten.
Er versuchte in langwierigen und komplizierten Berechnungen diese Daten in Übereinstimmung mit seinem Modell der Planetenbewegung zu bringen, musste aber schließlich feststellen, dass beides nicht in Einklang zu bringen war. Es zeugt von der Größe und Genialität KEPLERS, seinen Irrtum zu erkennen, ihn öffentlich einzugestehen und solange zu suchen, bis eine befriedigende Lösung des Problems gefunden war. 1609 veröffentlichte er die Ergebnisse seiner jahrelangen Bemühungen, die berühmten drei keplerschen Gesetze der Planetenbewegung, mit denen auch heute noch recht genaue Berechnungen angestellt werden können. KEPLER erkannte u. a., dass sich die Planeten nicht auf kreis- sondern auf ellipsenförmigen Bahnen um die Sonne bewegen.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
Ein Angebot von