PIERRE SIMON DE LAPLACE wurde am 28. März 1749 in Beaumont-en-Auge (Frankreich) geboren. Seine Eltern betrieben vermutlich Landwirtschaft und handelten mit Wein. Nach dem Schulbesuch trat PIERRE SIMON DE LAPLACE mit 16 Jahren in das Jesuiten-Kolleg zu Cáen ein, um später einen geistlichen Beruf zu ergreifen. Zwei Mathematiklehrern gelang es, ihn besonders für ihr Fach zu begeistern. Er machte offensichtlich derartige Fortschritte, dass er zunehmend weniger ihr Schüler als vielmehr Freund war und sie ihn 1768 mit einem Empfehlungsschreiben an D'ALEMBERT nach Paris schickten. Hier wurde LAPLACE Lehrer an der Militärakademie und unterrichtete in den 80er Jahren u. a. auch NAPOLEON.
Seit 1773 war LAPLACE Mitglied der Pariser Akademie und verfügte somit über eine gesicherte Existenz, die ihm zugleich entsprechenden Freiraum für wissenschaftliche Arbeiten ließ. Es ist nicht bekannt, dass sich LAPLACE während der französischen Revolution politisch engagierte. Offensichtlich hatte er sich mit seiner Familie aufs Land zurückgezogen, um möglichst ungestört arbeiten zu können. Nach Gründung der Ecole Polytechnique erhielt LAPLACE eine Berufung als Professor für Mathematik. Zugleich war er Vorsitzender der Kommission für Maße und Gewichte und hatte so entscheidenden Anteil an der Einführung des dezimalen Maß- und Gewichtssystems.
Bereits zu den ersten wissenschaftlichen Arbeiten von PIERRE SIMON DE LAPLACE zählten Abhandlungen über die Wahrscheinlichkeitsrechnung. Er knüpfte dabei u. a. an Arbeiten von JAKOB BERNOULLI, BAYES sowie vor allem D'ALEMBERTs an. Sein 1812 erschienenes Werk „Théorie analytique des probabilités“ (Analytische Theorie der Wahrscheinlichkeiten) gab eine Zusammenfassung des damaligen Wissens zur Wahrscheinlichkeitsrechnung. Enthalten sind hier u. a. eine ausführliche Theorie der Glücksspiele, das von JAKOB BERNOULLI gefundene Gesetz der großen Zahlen, die auf GAUSS bzw. LEGENDRE zurückgehende Methode der kleinsten Quadrate sowie die sogenannten Laplace-Transformationen. Wesentliche Gedanken dieses Buches erschienen 1814 in einer (jeglichen Formelapparat vermeidenden) populärwissenschaftlichen Abhandlung unter dem Titel „Essai philosophique sur les probabilités“ (Philosophischer Versuch über die Wahrscheinlichkeiten). Die dort gegebene klassische Definition der Wahrscheinlichkeit blieb fast einhundert Jahre Grundlage der Wahrscheinlichkeitstheorie und ihrer Anwendung auf Probleme in Natur und Gesellschaft.
NAPOLEON schrieb am 01.08.1812 aus Witebsk an LAPLACE:
Il est un temps, où j'aurais lu avec interêt votre traité du calcul des probabilités; aujourdhui je dois me borner à vous témoigner la satisfaction que j'éprouve toutes les fois que je vous vois donner de nouveaux ouvrages qui perfectionnent et étendent cette première des sciences. Ils contribuent à l'illustration de la nation. L'avancement et la perfection des mathématiques sont intimement liés à la prospérité de l'Etat.
(Früher einmal hätte ich ihre Abhandlung über die Wahrscheinlichkeitsrechnung mit Interesse gelesen, heute muss ich mich darauf beschränken, Ihnen meine Genugtuung zu bezeugen, die ich jedes Mal empfinde, wenn ich Sie neue Werke herausbringen sehe, welche diese erste aller Wissenschaften vervollkommnen und weiterführen. Der Fortschritt und die Vervollkommnung der mathematischen Wissenschaften sind innig verbunden mit dem Gedeihen des Staates.)
Weitere wissenschaftliche Leistungen vollbrachte LAPLACE auf den Gebieten der höheren Analysis sowie der Himmelsmechanik. Aus jahrzehntelangen astronomischen Studien entstand sein wohl bedeutendstes Werk, die „Mécanique céleste“ (Himmelsmechanik), das in fünf Bänden im Zeitraum von 1799 bis 1825 erschien. Unter Berücksichtigung von Ergebnissen u. a. NEWTONs, EULERs und LAGRANGEs erfolgte eine Zusammenfassung astronomischer Gesetzmäßigkeiten abgeleitet aus dem allgemeinen Prinzip der Gravitation.
Seine politische Meinung änderte LAPLACE rasch und passte sie den jeweiligen Verhältnissen an. So entwickelte er sich als glühender Verehrer NAPOLEONs von einem Republikaner zu einem Anhänger des Royalismus. Sofort nach dem Sturz NAPOLEONs bot er LUDWIG XVIII. seine Dienste an, wofür er zum Marquis und Pair von Frankreich ernannt wurde.
Am 5. März 1827 verstarb PIERRE SIMON DE LAPLACE im Alter von knapp 78 Jahren in Paris. ALEXANDER VON HUMBOLDT, der am Begräbnis teilnahm schrieb danach an seinen Bruder Wilhelm:
Nous avons enterré M. Laplace: c'est une des grandes gloires de moins. La haine politique qu'on lui portait parce qu'il n'avait aucune élévation de caractère et courait toujours au secours du plus fort, a fait moins sentir sa perte ici. C'est une injustice cepedant.
(Wir haben M. LAPLACE begraben: Es gibt also eine große Berühmtheit weniger. Der politische Hass, den man gegen ihn trug, weil er keine Charaktergröße besaß und immer dem Stärkeren zu Hilfe kam, hat seinen Verlust hier weniger spüren lassen. Das ist indessen eine Ungerechtigkeit.)
Stand: 2010
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