Und zählen muss ich – Mit der Zahl schwillt immer höher meine Qual, ... (HEINRICH HEINE)
Am 21. Juni 1995 wurde im Lotto am Mittwoch (6 aus 49) in der Ziehung A die folgende Gewinnreihe ermittelt:
Lotto-Statistiker fanden bald heraus, dass die gleichen Zahlen schon einmal gezogen worden waren – und zwar am 20. Dezember 1986. Zum ersten Mal in der 40-jährigen Geschichte des deutschen Zahlenlottos, d.h. nach insgesamt 3016 Ausspielungen, waren zwei identische Ziehungsreihen aufgetreten. Für nicht wenige war dies ein außergewöhnlich seltenes Ereignis. Manch einer sprach sogar von einer Lotto-Sensation.
Um zu einer wirklichkeitsnäheren Bewertung zu gelangen, müsste man etwa die folgende Frage beantworten:
Bei dieser Fragestellung handelt es sich um eine spezielle Variante des sogenannten Geburtstagsproblems.
Es sei eine Gewinnreihe bei der i-ten Ausspielung , d.h. , wobei und .
Dann ist
d.h. mindestens zwei Gewinnreihen unter den Gewinnreihen von genau k Ausspielungen sind gleich.
Für die Berechnung der gesuchten Wahrscheinlichkeit ist es erfahrungsgemäß günstiger, das Gegenereignis zu betrachten und die Beziehung zu nutzen.
Es ist:
d.h. alle Gewinnreihen von genau k Ausspielungen sind voneinander verschieden.
Die von der Staatlichen Toto-Lotto-GmbH verantwortete Ziehung sowohl der einzelnen Lottozahlen als auch der verschiedenen Gewinnreihen von Ausspielung zu Ausspielung rechtfertigen die LAPLACE-Annahme.
Deshalb gilt:
Derartige Anzahlen zu bestimmen ist eine Aufgabe der Kombinatorik. Dabei kann man sich der speziellen Formeln für die verschiedenen kombinatorischen Probleme (Permutationen, Variationen, Kombinationen, jeweils mit und ohne Wiederholung) bedienen.
Für die Belange der Stochastik reicht es jedoch meist aus, wenn man auf die zwei im Folgenden angeführten allgemeineren Zählprinzipien zurückgreift, aus denen auch die speziellen (kombinatorischen) Formeln abgeleitet werden können.
Diese Zählprinzipien ermöglichen es nun, die gesuchten Anzahlen aus dem obigen Lotto-Beispiel relativ einfach zu berechnen.
Berechnen von
Um die Anzahl der verschiedenen Tupel mithilfe des Zählprinzips für Tupel zu ermitteln, benötigt man die Anzahl der Auswahlmöglichkeiten für das jeweilige Tupelelement .
Da bei jeder Ausspielung sechs verschiedene Gewinnzahlen aus den Zahlen 1 bis 49 gezogen werden, sind die Anzahlen der Auswahlmöglichkeiten für alle Tupel-Elemente gleich.
Das Ziehen der sechs verschiedenen Gewinnzahlen aus den Zahlen 1 bis 49 kann interpretiert werden als die Auswahl einer 6-elementigen Teilmenge aus einer 49-elementigen Menge, d.h., die Anzahl der möglichen Gewinnreihen bei einer Lotto-Ausspielung ergibt sich nach dem Zählprinzip für Mengen wie folgt:
Damit erhält man .
Berechnen von
Jetzt ist die Anzahl der Auswahlmöglichkeiten für die einzelnen Tupelelemente nicht mehr gleich, denn es dürfen bei der i-ten Ausspielung nur die Gewinnreihen berücksichtigt werden, die bei den vorangegangenen Ausspielungen noch nicht gezogen wurden. Es ist (da noch keine Gewinnreihe ausgespielt wurde und damit für keine der Gewinnreihen eine Dopplung möglich ist), (da eine Dopplung bezüglich der bei der ersten Ausspielung ermittelten Gewinnreihe ausgeschlossen werden muss), (da eine Dopplung mit den beiden schon ermittelten Gewinnreihen ausgeschlossen werden muss) ... und schließlich .
Daraus ergibt sich:
Jetzt kann die eingangs gestellte Frage beantwortet werden. Es gilt:
Das heißt, es handelt sich um kein so seltenes Ereignis und schon gar nicht um eine Sensation. Immerhin ist diese Wahrscheinlichkeit sogar etwas größer als die Wahrscheinlichkeit, mit einem LAPLACE-Tetraeder, der mit den Zahlen 1, 2, 3 und 4 beschriftet ist, eine Vier zu werfen.
Anhand der folgenden Abbildung sind die Wahrscheinlichkeiten für ablesbar.
Interaktiv kann man z.B. dasjenige k bestimmen, bei dem mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 0,99 die Wiederholung einer Gewinnreihe auftritt.
Wenn die Wahrscheinlichkeiten mit dem eigenen Taschencomputer berechnet werden sollen, empfiehlt es sich, den Bruch vorher in ein Produkt von Brüchen zu verwandeln, um den Computer nicht zu überfordern.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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