- Lexikon
- Mathematik Abitur
- 2 Zahlenfolgen
- 2.1 Der Begriff Zahlenfolge
- 2.1.0 Überblick
- Leonardo Fibonacci von Pisa
Von LEONARDO sind nur wenige Lebensdaten bekannt. Er lebte etwa in der Zeit von 1180 bis 1250 und entstammte einer angesehenen Kaufmannsfamilie. Der Vater, ein Konsularbeamter der Republik Pisa in Tunesien, bestimmte einen Mauren als Erzieher des Knaben, und dadurch wurde der junge LEONARDO auch mit den mathematischen Leistungen der Araber vertraut gemacht.
Später bereiste LEONARDO als Handelsbeauftragter seiner Heimatstadt u.a. Ägypten, Syrien, Griechenland und Sizilien. Er nutzte diese Gelegenheit, um sich mit den wissenschaftlichen Leistungen jener Völker zu befassen und sie sich autodidaktisch anzueignen. So verbanden sich in LEONARDO gleichsam zwei Kulturkreise.
Das erklärt auch, dass er unter zwei Namen bekannt wurde: Der italienischen Tradition folgend setzte er zum einen hinter das LEONARDO den Namen seiner Vaterstadt (man vergleiche etwa LEONARDO DA VINCI). Zum anderen fügte er nach arabischem Brauch das Wort „Sohn“ und den Namen des Vaters (Bonaccio) an, wobei aus „figlio Bonacci“ verkürzt FIBONACCI wurde, unter welchem Namen er in die Geschichte der Mathematik einging.
In Europa lag die Mathematik seit dem Niedergang der griechischen Kultur darnieder. Zunächst waren es die Inder, die mit der Entwicklung der Zahlsysteme und des Rechnens eine neue Blütezeit einleiteten, anschließend brachten die Araber mit der Begründung der ebenen und räumlichen Trigonometrie die Entwicklung voran. Diese Situation verlangte geradezu danach, jene Erkenntnisse auch in Europa zu verbreiten, und niemand war dazu besser berufen als FIBONACCI, der all dieses Wissen aufgenommen und auch noch erweitert hatte.
Im Jahre 1202 erschien sein aus 15 Abschnitten bestehendes Werk „Liber abaci“ (Buch vom Abakus), die erste europäische Gesamtdarstellung der Arithmetik. Der Titel des Werkes war allerdings irreführend. FIBONACCI propagierte damit nicht das Rechnen auf dem Abakus, also dem Rechenbrett mithilfe von Plättchen. Er propagierte vielmehr die arabischen Ziffern und das Rechnen mit diesen Zahlen. Das war eine schwierige Aufgabe, denn es bestand ein weit verbreitetes Misstrauen gegenüber diesen Zahlen. So wurde deren Benutzung noch 1299 in Florenz von den Stadtvätern verboten.
Über FIBONACCI wird die folgende Begebenheit erzählt: Im Jahre 1225 gab es in Pisa einen der damals üblichen Rechenwettstreite. Die Teilnehmer hatten dabei komplizierte Aufgaben zu lösen.
Eine solche Aufgabe war die folgende:
FIBONACCI fand als Lösung den Bruch , und er ging als glanzvoller Sieger aus dem Wettbewerb hervor. Der Staufenkaiser FRIEDRICH II., der dem Wettstreit beigewohnt hatte, stellte FIBONACCI einen Wunsch frei und dieser erbat sich, der Kaiser möchte die Verbreitung der arabischen Zahlen fördern. Das versprach FRIEDRICH II. zwar, doch auch er konnte sich damit nicht durchsetzen. So dauerte es letztlich bis 1494, dass die MEDICI in ihren Verwaltungen generell zu den arabischen Zahlen übergingen. Dennoch trug FIBONACCIS Buch zu deren Verbreitung und zum Übergang zur dezimalen Schreibweise bei.
FIBONACCI setzte auch die Verwendung einer Reihe von Begriffen und Symbolen durch. Dazu gehörten
Im Grunde genommen wurde im „Liber abaci“ das gesamte mathematische Wissen jener Zeit zusammengefasst, systematisiert und angereichert, und dieses Werk wurde lange Zeit nicht übertroffen. Beispielsweise findet man darin Regeln für die Teilbarkeit durch 2, 3, 5 bzw. 9 ebenso wie die Neunerprobe (und übrigens auch die Elferprobe). Es werden Verfahren zur Ermittlung des kleinsten gemeinsamen Vielfachen (kgV) gezeigt, wofür man vorher einfach mit dem Produkt der Zahlen operierte. Zudem werden Lösungsverfahren für Aufgaben mit Proportionalität vorgestellt, Mischungsaufgaben gelöst, Wege zum Lösen von Gleichungssystemen (mit bis zu sieben Unbekannten) gewiesen und Lösungen von Gleichungen (auch höheren Grades) vorgeführt. Schließlich gibt es Näherungsverfahren für Kubikwurzeln, bei denen man iterativ vorgeht, also immer genauere Werte in eine Formel einsetzt.
1220 folgte mit der „Practica Geometriae“ (Praxis der Geometrie) ein zweites Werk FIBONACCIS, in dem das geometrische Wissen zusammengestellt und aufbereitet war. Hier fanden sich u.a. mit ein Näherungswert für , der aus dem regelmäßigen 96-Eck abgeleitet wurde, ein Beweis für den Satz des PYTHAGORAS über ähnliche Dreiecke sowie auch die von den Arabern entwickelte Trigonometrie.
Im Jahre 1225 erschien schließlich noch das „Liber quadratorum“ (Buch der Quadrate).
Vieles in seinen Werken hat FIBONACCI von Vorgängern übernommen und „nur“ systematisiert und bereichert. Mit einer Entdeckung indes ist sein Name bis heute verbunden. Den Ausgangspunkt dafür bildete eine zunächst sonderbar anmutende Problemstellung:
Im ersten Monat ist nur ein Paar vorhanden, im zweiten Monat sind es bereits zwei Paare. Im dritten Monat kommen vom ersten Paar ein neues und im vierten Monat vom ersten und zweiten Paar je ein neues hinzu, sodass dann insgesamt fünf Paare existieren. Das ergibt für die Gesamtzahlen die Folge 1; 2; 3; 5; ...
Setzt man vor das erste Glied als weiteres Glied eine 1, so erhält man die sogenannte FIBONACCI-Folge:
n | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 |
1 | 1 | 2 | 3 | 5 | 8 | 13 | 21 | 34 | 55 | 89 |
Es gilt:
mit
Jedes Glied ergibt sich als Summe der beiden vorangehenden. Es handelt sich somit um eine (vermutlich die erste bekannt gewordene) rekursiv definierte Folge.
FIBONACCI untersuchte diese Folge und fand viele bemerkenswerte Eigenschaften wie etwa die folgenden:
Erst viel später stellte sich heraus, dass diese Folge ganz unerwartet in anderen mathematischen Problemen eine Rolle spielt, so etwa beim Goldenen Schnitt, beim pascalschen Dreieck und bei der logarithmischen Spirale.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
Ein Angebot von