Bernard Placidus Johann Nepomuk Bolzano

BERNARD (auch BERNHARD; der vollständige Taufname lautete BERNARD PLACIDUS JOHANN NEPOMUK) BOLZANO wurde am 5. Oktober 1781 in Prag geboren. Sein Vater war ein Kunst- und Kunstgewerbehändler, der aus Norditalien nach Böhmen gekommen war, die Mutter entstammte einer Prager Kaufmannsfamilie. Aufgrund seiner schwächlichen Konstitution erhielt der Junge bis 1791 Unterricht durch einen Privatlehrer, anschließend besuchte er das katholische Piaristengymnasium in der Prager Neustadt.

Nach Abschluss des Gymnasiums nahm BERNARD BOLZANO ein Studium an der Prager Karlsuniversität auf. Hier studierte er von 1796 bis 1799 an der philosophischen Fakultät Philosophie, Mathematik und Physik, u.a. bei dem Mathematiker und Gründer der Prager Technischen Hochschule FRANZ JOSEPH RITTER VON GERSTNER (1756 bis 1832). Nach einem privaten mathematischen Studien gewidmetem Jahr trat BOLZANO in die theologische Fakultät ein, um (entgegen dem Willen seiner Eltern) katholische Theologie zu studieren und Priester zu werden.

Im Jahre 1805 promovierte BERNARD BOLZANO an der philosophischen Fakultät mit einer mathematischen Abhandlung zur Theorie der Parallelen („Betrachtungen über einige Gegenstände der Elementargeometrie“), nachdem er kurz zuvor die Priesterweihe erhalten hatte. Sein Bemühen, die mathematische Dozentur an der Universität zu erhalten, scheiterte allerdings.

1807 wird BOLZANO zum Professor für katholische Religionslehre am Klementinum (dem ehemaligen Jesuitenkolleg) berufen, hier entsteht u.a. sein aus Schülermitschriften entwickeltes und 1834 gedrucktes „Lehrbuch der Religionswissenschaften“.

Im Jahre 1815 wird BERNARD BOLZANO als Mitglied in die Königlich Böhmische Gesellschaft der Wissenschaften aufgenommen und wird 1818 Direktor der naturwissenschaftlichen Abteilung. In späteren Jahren leitet er (bis zu seinem Lebensende) die vereinte Abteilung für reine Mathematik und Philosophie. Das von ihm in diesem Kontext geplante Werk „Philosophie der Mathematik“ ist allerdings nie vollendet worden.

Nachdem BOLZANO seine Lehrtätigkeit in den Jahren 1813 bis 1815 mehrfach krankheitsbedingt unterbrechen musste, wird er 1819 (nach wiederholter Anzeige beim Vatikan) wegen seiner Vorlesung „Propaganda für das Freidenkertum“ durch Kaiser FRANZ seines Amtes enthoben, 1820 der Universität verwiesen und zeitweilig sogar unter Polizeiaufsicht gestellt. Er darf weder publizieren noch im Staatsdienst tätig sein. Trotz mehrmaligen Verhörs durch den Erzbischof weigert sich BOLZANO, seine Ansichten zu widerrufen, und erst im Jahre 1825 kommt es zur Einstellung des Prozesses gegen ihn.

Von 1819 bis 1823 lebte BOLZANO in der Nähe von Prag bei seinen Eltern bzw. seinem Bruder, später in Südböhmen auf dem Landgut seines Freundes JOSEF HOFFMANN und dessen Ehefrau ANNA. Die HOFFMANNS waren es auch, die BOLZANO finanziell unterstützen, sodass dieser (trotz äußerst geringer Pension) relativ sorgenfrei wissenschaftlich arbeiten konnte. Nachdem BERNARD BOLZANO 1842 nach Prag zurückgekehrt war, verstarb er dort am 18. Dezember 1848.

Zu wissenschaftlichen Leistungen

In der Mathematik leistete BERNARD BOLZANO vor allem Beiträge zu Grundlagen der Analysis, insbesondere zum näherungsweisen Lösen von Gleichungen. Hier ist vor allem sein 1817 veröffentlichter Beweis des Intervallschachtelungssatzes zu erwähnen. Dieser (heute als Nullstellensatz von BOLZANO bezeichnet) besagt Folgendes:

  • Ist f eine im abgeschlossenen Intervall [ a ; b ] stetige Funktion und gilt f ( a ) f ( b ) < 0 , so gibt es mindestens eine Stelle x 0 [ a ; b ] mit f ( x 0 ) = 0 .

Ferner versuchte BOLZANO, eine Theorie der reellen Zahlen zu begründen. Er formulierte Sätze, die KARL WEIERSTRASS (1815 bis 1897) zur Funktionentheorie weiterentwickelte.

Davon ausgehend, dass Stetigkeit eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für Differenzierbarkeit ist, konstruierte BOLZANO erstmals eine stetige, nirgends differenzierbare Funktion.

BOLZANO gilt zudem als ein Wegbereiter der modernen (axiomatischen) Logik, diesbezüglich wurde er stark von GOTTFRIED WILHELM LEIBNIZ (1646 bis 1716) beeinflusst. Er betonte u.a. die Unabhängigkeit der Logik von der Psychologie.

BOLZANO leistete wichtige Vorarbeiten zur Mengenlehre. So verweist er in seiner 1851 posthum erschienenen Arbeit „Paradoxien des Unendlichen“ darauf, dass eine unendliche Mengen zu gewissen ihrer echten Teilmengen gleichmächtig sein kann. Zu erwähnen ist in diesem Kontext ferner folgende (heute als Satz von BOLZANO und WEIERSTRASS bekannte) Aussage:

  • Jede beschränkte unendliche Teilmenge von besitzt mindestens einen Häufungspunkt.

Obwohl die meisten Arbeiten BOLZANOS nur als Manuskripte existierten und zu seinen Lebzeiten kaum Beachtung fanden, spiegeln sich Ergebnisse seiner mathematischen Forschungen u.a. in Arbeiten von AUGUSTIN LOUIS CAUCHY (1789 bis 1857) und FRIEDRICH LUDWIG GOTTLOB FREGE (1848 bis 1925) wider.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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