Der athenische Künstler PHIDIAS zählt zu den bedeutendsten Bildhauern der griechischen Antike. Der Höhepunkt seines Schaffens fällt in die Zeit von 460–430 v.Chr. Seine beiden Hauptwerke sind die Tempelstatue Athena Parthenos im Parthenon auf der Akropolis in Athen und seine Zeusstatue, die zu den Sieben Weltwundern zählt und sich in der griechischen Stadt Olympia befand.
PHIDIAS wurde um 500 v.Chr. in Athen als Sohn des CHARMIDES geboren. Über PHIDIAS Leben ist wenig bekannt. Als seine Lehrmeister gelten die Bildhauer AGELADES und HEGIAS.
Auf der Akropolis in Athen befindet sich das wohl berühmteste Bauwerk der griechischen Klassik: Der Parthenon. Dieser der Göttin und Stadtpatronin Athena geweihte Tempel wurde zwischen 447 und 438 v.Chr. erbaut. Er ersetzte einen bereits zuvor an dieser Stelle stehenden Tempel, der 480 v.Chr. von den in Athen einfallenden Persern zerstört worden war.
Erst 447 v.Chr. gelang es dem athenischen Staatsmann PERIKLES die mit Athen verbündeten Städte vom Wiederaufbau des Tempels zu überzeugen. Die Aufsicht über die Bautätigkeit sowie die künstlerische Leitung dieses Projektes legte PERIKLES in die Hände von PHIDIAS, dem neben den drei Bausmeistern IKTINOS, KALLIKRATES und KARPION über 70 Bildhauer und etliche weitere Helfer zur Seite standen.
Das Hauptwerk des Tempels bildete die chryselephantine Kultstatue der Schützgöttin Athens im Inneren des Parthenons. Neun Jahre arbeitete der griechische Bildhauer PHIDIAS an der kolossalen Statue der „Athena Parthenos“, die 438 v.Chr. fertig gestellt und eingeweiht wurde.
Im 5. Jahrhundert n.Chr. wurde das Kultbild nach Konstantinopel verschleppt, wo sich seine Spur verliert. Lediglich der 3 m hohe Sockel, auf dem die Athena platziert war, blieb bis heute erhalten. Ihn zierte ein Relief mit der Darstellung der Geburt der Pandora, in der griechischen Mythologie die erste Frau der Welt.
Zahlreiche historische Quellen, wie Miniaturkopien, Abbildungen auf Münzen und Vasenbilder, geben jedoch einen Eindruck vom Aussehen der Statue.
Bei dem Standbild handelte es sich um ein ca. 12 m hohes hölzernes Bildwerk, das sich inmitten eines Wasserbeckens befand. Das sichtbare Äußere der griechischen Göttinnenstatue war mit Elfenbein, Gold, Silber und Edelsteinen geformt. Es wird angenommen, dass die Rüstung und das Gewand aus abnehmbaren Goldplatten ein Gesamtgewicht von über 1 000 Kilogramm erreichten.
Ein Zitat PERIKLES zu Beginn des Peleponnesischen Krieges lässt die Vermutung nahe liegen, dass es sich bei der „Athena Parthenos“ nicht nur um eine heiliges Kultbild handelte, sondern sie vielmehr eine wohlgehütete Staatsreserve darstellte:
„Falls es in diesem Krieg zum Schlimmsten kommt, können wir jederzeit das Gold von der Statue abnehmen und es einschmelzen.“ (PERIKLES)
Funkelnde Edelsteine bildeten die Augen der Athena Parthenos. Sie trug einen attischen Helm mit zwei angebrachten Greifen an der Seite und einer Sphinx obenauf. Ihre Brust zeigte ein Schild mit Medusenhaupt aus Elfenbein und in ihrer linken Hand hielt die Statue eine Lanze. Zu Füßen der Göttin lag ein Schild, dessen Außenseite Reliefs mit Amazonen – und Gigantenkämpfen zeigte. Auf der Innenseite war eine Schlange abgebildet. Die Sandalen der Athena zierten kämpfende Kentauren und Lapithen. In ihrer rechten Hand hielt sie eine 2 m hohe geflügelte und gekrönte Figur der griechischen Siegesgöttin Nike, die ebenfalls aus Elfenbein und Gold bestand.
Es wird angenommen, dass PHIDIAS und seine Assistenten ebenso für die anderen Bildhauerarbeiten verantwortlich sind, die das Parthenon schmückten. Diese sind zwar nur teilweise erhalten geblieben, doch es gibt Zeichnungen und ausführliche Beschreibungen der zerstörten Teile.
Über dem Ost- und dem Westeingang des Parthenons befanden sich in gleichschenkligen Dreiecken Giebelskulpturen. Pro Giebel werden über 20 Figuren geschätzt. Am Ostgiebel war die Geburt Athenes aus dem Haupt des Zeus dargestellt. Das Thema des Westgiebels zeigte ihren Kampf mit Poseidon um Attika.
Am Fries der Ringhalle waren 92 Metopen angebracht, die symbolhaft auf den Sieg der Griechen über die Perser hinweisen. An der Südseite war die Schlacht zwischen Kentauren und Lapithen, an der Ostseite der Kampf der Götter gegen die Giganten und an der Westseite die Schlacht um Marathon zu sehen. Es sind keine Beschreibungen der Nordseite überliefert.
Auch an der Gestaltung des 160 m langen figürlichen Frieses, der die Außenwand der Cella umzog, soll PHIDIAS persönlich mitgewirkt haben. Der Fries zeigte die große Prozession während der Panathenäen, dem Geburtstagsfest der Göttin Athena. Neben den zwölf griechischen Gottheiten, waren über 300 Menschen und 200 Tiere abgebildet.
Bis zum 26. September 1687 blieb das Parthenon erhalten.
Doch an diesem Tag traf eine Granate der venezianischen Belagerer die Cella des Parthenons, in der die Türken ihr Schiesspulver lagerten, und sprengte sie in die Luft. Lediglich die äußere Säulenfassade des antiken Gebäudes blieb bestehen.
Der Großteil der erhaltenen Reliefs und Skulpturen des Parthenons befindet sich heute im British Museum in London und im Akropolis Museum in Athen. Einige andere Stücke sind im Pariser Louvre und in der Ny Carlsberg Glyptothek in Kopenhagen zusehen.
PHIDIAS hatte schon zu früheren Zeitpunkten Standbilder der griechischen Gottheit Athena angefertigt. Eine seiner ersten Arbeiten, die bronzene „Athena Promachos“, wurde bereits 456 v.Chr. am Prozessionsweg von den Propyläen zum Parthenon platziert. Den erhaltenen Inschriften zufolge war die Statue 9 m hoch und damit zu seiner Zeit das größte in Athen aufgestellte Standbild.
Kurz nach 450 v.Chr. fertigte PHIDIAS die „Athena Lemnia“ an. Diese Bronzeplastik war beim Auszug attischer Kolonisten nach Lemnos als Weihgeschenk an Athena auf der Akropolis zwischen dem Erechtheion und den Propyläen aufgestellt worden. In der rechten Hand hielt die Göttin ihren Helm, während sie sich mit der linken Hand auf eine Lanze stützte.
Der Brustpanzer der Göttin zeigte in der Mitte den Kopf der Medusa, hatte am Rand Schlangen und war mit vielen Schuppen versehen. Eine auf 208 cm verkleinerte römische Marmorkopie der verloren gegangen „Athena Lemina“ von PHIDIAS befindet sich in den Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden.
Neben der Umgestaltung der Akropolis in Athen gilt als berühmtestes Werk des PHIDIAS die für den Tempel von Olympia errichtete monumentale Zeusstatue . Dieses gegen 435 v.Chr. geschaffene Standbild zählt zu den klassischen sieben Weltwundern der Antike.
Die Sieben Weltwunder:
Die Stadt Olympia war ein antikes Heiligtum des Zeus und der Göttin Hera in der griechischen Landschaft Elis im Westen der Peloponnes. Alle vier Jahre fanden sich dort Wettkämpfer aus den griechischen Stadtstaaten ein, wo sie zu Ehren des Göttervaters die Olympischen Spiele abhielten. Die ersten historisch belegten Olympischen Spiele werden auf das Jahr 776 v.Chr. datiert und wurden bis 393 n.Chr. alle vier Jahre ausgetragen.
Nach den siegreichen Perserkriegen, und dem sich daraus ergebenen politischen Aufschwung, erging gegen 472 v.Chr. in Griechenland ein Spendenaufruf, um Zeus einen Tempel zu erbauen, der den bisherige Tempel an Größe und Pracht weit übertreffen sollte.
Über drei hohen Sockelstufen errichtete der einheimische Architekt LIBON auf einer Fläche von 30,30 x 66,72 m² ein Gotteshaus aus weißem Poroskalkstein. 34 dorische Säulen aus Muschelkalk, je 10,53 m hoch, hielten das aus Marmorplatten bestehende Dach. Im Jahre 457 v.Chr. wurde der Zeustempel fertig gestellt.
Im Mittelpunkt des Tempels befand sich die Cella, der Kultraum, mit der Statue des thronenden Zeus, die PHIDIAS 435 v.Chr. nachträglich einfügte. Schriftliche Quellen von PAUSANIAS und KALLIMACHOS, sowie zeitgenössische Geldstücke aus Elis überliefern das Aussehen der heute nicht mehr existierenden Statue.
Das Kultbild befand sich auf einem etwa 2 m hohen Kalksteinsockel, dessen Grundfläche auf 6,65 x 9,67 m geschätzt wird. Die monumentale Skulptur selbst war 12,5 bis 13 m hoch und berührte fast die Decke des knapp über 14 m hohen Tempels. Bevor der athenische Bildhauer mit der Arbeit an dem kolossalen Kultbild begann, ließ er in seiner nur 80 m vom Tempel entfernten Werkstatt die Cella des Parthenon maßstabsgetreu nachbauen. Auf diese Weise konnte PHIDIAS die Wirkung der Statue auf den Betrachter präzise abschätzen.
PHIDIAS errichtete zunächst ein 12 m hohes Gerüst aus Eisen, Holz und Gips, das in etwa der angestrebten Größe des Standbildes entsprach. Ähnlich wie bei der „Athena Parthenos“ ging der athenische Bildhauer auch bei seiner Zeusstatue nach der sogenannten Chryselephantin-Technik vor, und beschichtete die unbekleideten Körperteile des Kultbildes wie Gesicht, Arme, Hände und Füße mit modelliertem Elfenbein.
Die als Kleidung konzipierten Partien der Holzplastik wurden mit Goldblech überzogen und das Haar aus dünnem Golddraht gestaltet. Das Gesamtgewicht der Goldauflage betrug circa 200 Kilogramm. Es wird angenommen, dass PHIDIAS für die Augen der Statue faustgroße Edelsteine verwendete.
Das Kultbild des Zeus thronte auf einem Armsessel mit hoher Rückenlehne. Ebenso wie die Figur selbst, war auch der Thron aus edlem Zedernholz und mit Elfenbein, Gold und Edelsteinen reich verziert. Das Haupt des Göttervaters schmückten Ölbaumzweige, und über seiner linken Schulter hing ein mit Palmen- und Lilienblätter verzierter goldener Umhang. Bekleidet war die Statue mit einem goldenen Mantel. In der rechten ausgestreckten Hand hielt der Herrscher des Olymps eine 2 m hohe Nike, in der griechischen Mythologie die Personifikation des Sieges. Mit der linken Hand stützte er sich auf ein mit farbigen Einlagen verziertes Zepter, das bis auf den Boden reichte und auf dessen Spitze ein Adler saß. Die Füße des Zeus ruhten auf einem Schemel, der von zwei Löwen getragen wurde und die Inschrift trug:
„PHIDIAS, Sohn des CARMIDES aus Athen, hat mich erschaffen.“
Nach der Fertigstellung wurde die Statue in ihre Einzelteile zerlegt und in die Cella des Tempels transportiert, wo sie an dem für sie bestimmten Platz zusammengesetzt wurde. Über den Verbleib des Kultbildes gibt es zwei Versionen. Die eine besagt, dass die Statue um 350 n.Chr. von Plünderern zerstört wurde, die andere, dass sie 475 n.Chr. nach Konstantinopel geschafft wurde und dort einem Brand zum Opfer fiel.
Überdie letzten Lebensjahre des athenischen Bildhauers ist kaum etwas bekannt. Einige Quellen geben an, dass PHIDIAS um 432 v.Chr. von Gegnern des PERIKLES beschuldigt wurde, für die Statue der Athena Parthenos gedachtes Gold gestohlen zu haben. PHIDIAS konnte den Vorwurf jedoch widerlegen.
Daraufhin klagten die Athener ihn der Gotteslästerung an, er hätte Bildnisse von PERIKLES und sich selbst auf dem Schild der Athena dargestellt. Schriftlichen Berichten zufolge wurde der Bildhauer daraufhin eingekerkert und starb kurz darauf an einer Vergiftung. Die zweite Theorie über seinen Tod besagt, dass PHIDIAS ins Exil nach Elis fliehen konnte. Keine der beiden Versionen gilt als historisch einwandfrei gesichert.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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