PAUL CÉZANNE wurde am 19. Januar 1839 in Aix-en-Provence geboren. Frühe und erste Studien der Malerei in seiner Heimat wurden dem aus einer begüterten Familie stammenden CÉZANNE rasch untersagt.
Auf Wunsch des Vaters, einem Bankier, begann CÉZANNE 1859 ein Jurastudium. 1861 brach er das Jurastudium ab und konnte gegenüber dem Vater eine Ausbildung an der Zeichenschule in Aix-en-Provence durchsetzen.
PAUL CÉZANNE: Selbstporträt;1883–1887, Öl auf Leinwand, 44 × 36 cm;Kopenhagen, Ny Carlsberg Glyptotek.
1861 ging er nach Paris, traf dort ÉMILE ZOLA, woraus eine lange intensive Freundschaft mit dem Schriftsteller hervorging, und besuchte die Académie Suisse. Eine Aufnahme an der École des Beaux-Arts wurde ihm verwehrt.
An der Académie Suisse begegnete er CAMILLE PISSARRO, der ihn in den Kreis der Impressionisten einführte. Ihre Farbwahl und Bildgestaltung sollte nachhaltigen Einfluss auf das Œuvre CÉZANNEs haben.
1863 nahm er an der Ausstellung der Impressionisten im Salon des Refusés gemeinsam mit ÉDOUARD MANET und PISSARRO teil.
1869 hatte CÉZANNE in Paris HORTENSE FIQUET kennen gelernt. Sie wurde zunächst sein Modell und 1870 seine Frau. 1872 kam der Sohn PAUL zur Welt. Beide kennen wir durch zahlreiche Porträts.
PAUL CÉZANNE: „Porträt der Mme Cézanne im Gewächshaus“;1891–1892, Öl auf Leinwand, 92 × 73 cm;New York, Metropolitan Museum of Art.
Seinem Vater gegenüber verheimlichte er die Existenz seiner Frau und seines Sohnes. ÉMILE ZOLA, der ein Landhaus in Médan gekauft hatte, unterstützte CÉZANNE finanziell.
1871 zog CÉZANNE sich nach L'Estaque an der Mittelmeerküste zurück, um sich Naturstudien zu widmen, aus denen zahlreiche seiner frühen Gemälde hervorgingen. An den Ausstellungen der Impressionisten 1874 und 1877 nahm CÉZANNE ebenfalls teil, bevor er sich von dieser locker organisierten Gruppe zurückzog.
Seit 1889 lebte CÉZANNE mit wenigen Unterbrechungen in völliger Zurückgezogenheit und ohne Verbindungen zum Pariser Kunstleben meist in L'Estaque und in Aix-en-Provence, wo er 1906 verstarb.
CÉZANNE hinterließ mehr als 950 Ölbilder, von denen nur einige frühe Werke datiert und etwa 45 signiert sind, daneben auch ein bedeutendes zeichnerisches Werk mit rund 1 250 Blättern. Wie kaum ein anderer Maler seiner Generation hat sich CÉZANNE auch immer wieder selbst porträtiert. Die Darstellung zeitgenössischer Themen fehlt dagegen in seinem Œuvre.
CÉZANNE war ein eigenwilliger Charakter und sein Misstrauen gegenüber Menschen und auch seinen Malerkollegen verstärkte sich im Laufe seines Lebens immer mehr. CLAUDE MONET, dessen Bilder CÉZANNE durchaus schätzte, berichtet von einer Begegnung auf der Straße: CÉZANNE habe seine ausgestreckte Hand ignoriert und so getan, als habe er MONET nie zuvor gesehen.
Als eines Tages AUGUSTE RENOIR, ALFRED SISLEY und andere Freunde bei MONET zusammengesessen hätten und CÉZANNE hinzugekommen sei, man ihn begrüßt und wegen seiner Arbeiten bewundert habe, habe er den Hut abgenommen und sich voller Verbitterung mit den Worten verabschiedet:
„Also selbst ihr macht euch über mich lustig“.
Der Einfluss der Pariser Impressionisten zeigte sich bei CÉZANNE in einer Aufhellung der Palette, einer Verfeinerung der Pinselführung und in der Aufnahme der Freilichtmalerei, das heißt einer Malerei, die das Atelier verlässt, um in der freien Natur ihre Gemälde nicht nur zu skizzieren, sondern mit Ölfarben nahezu fertig zu stellen. So entstanden viele seiner Ansichten des Bergmassives Montaigne Sainte-Victoire, nahe seiner Heimatstadt Aix-en-Provence.
PAUL CÉZANNE: „Montagne Sainte-Victoire, Blick vom Steibruch Bibémus“;um 1897, Öl auf Leinwand, 65 × 81 cm;Baltimore, Museum of Art.
Anders als CLAUDE MONET und AUGUSTE RENOIR löste CÉZANNE die Konturen der gemalten Gegenstände nie in einer vibrierenden Lichtstimmung auf, sondern bewahrte ihre Festigkeit und Plastizität. Doch definierte er die Gegenstände aus der Farbe heraus.
„Wenn die Farbe ihren ganzen Reichtum entfaltet, ist auch die Form gefunden“, so CÉZANNE. Und sein Credo war: „Alle Formen in der Natur lassen sich auf Kegel, Kugel und Zylinder zurückführen.“
Für ihn galt, die Malerei parallel zur Natur zu erarbeiten, nicht die Natur in der Malerei nachzuahmen, wie es seit der Entdeckung der zentralperspektivischen Darstellungsmöglichkeiten als Errungenschaft der Malerei angesehen wurde. Damit wurde CÉZANNE der viel beachtete Vorläufer des Kubismus, dessen berühmteste Vertreter, wie PABLO PICASSO oder GEORGES BRAQUE waren, für die das Gemälde ein Kunstwerk in der zweidimensionalen Fläche war, und die die illusionistische Dreidimensionalität der Malerei bewusst verwarfen.
Mit den zahlreichen Fassungen der „Badenden“ und den „Apfelstillleben“ wurde CÉZANNE viel beachteter Künstler und vorbildhafter Gestalter von Form und Farbe auf der Leinwand für zahlreiche Künstler des 20. Jahrhunderts.
Ungefähr 40 Bilder mit Badenden hat CÉZANNE im Laufe seines Lebens gemalt. Das Thema erscheint um 1870 erstmals in seinem Werk und wird bis an das Lebensende verfolgt. Die Badenden sind eines der drei Motive, das neben dem Montaigne Sainte-Victoire und dem Apfelstillleben sofort mit CÉZANNE verbunden wird. Besonders berühmt ist die Fassung „Les Grandes Baigneuses“ („Die Großen Badenden“).
Figuren und Landschaft werden in einem gleichartigen Farbauftrag wiedergegeben und mittels dieses vereinheitlichenden künstlerischen Verfahrens auch verbunden. Damit wird über die Malweise eine Einheit von Mensch und Natur hergestellt, die seit je her ein gesuchtes und erstrebtes Ziel war: ein Zustand, der das Paradiesische meint.
„Construction“ beschrieb CÉZANNE seine künstlerische Absicht. Er sprach von dem Bemühen, die Natur „au point de vue du tableau“ („vom Standpunkt der Leinwand“) aus zu sehen und zu malen, die Natur unter den Bedingungen der Malerei neu zu erfinden.
Seit 1875 häuften sich die Darstellungen der Badenden im Œuvre CÉZANNEs. Und von da an werden die Gruppen von fünf bis mindestens elf Badenden stets streng nach Geschlechtern getrennt. Die französischen Titel tragen da zur Eindeutigkeit bei: es heißt nun „Baigneurs“ oder „Baigneuses“. Wobei diese Trennung der Geschlechter durch die Gestaltung der Figuren fast wieder aufgehoben wird. Eher ungeschlechtlich oder androgyn wirken die Körper.
PAUL CÉZANNE: „Die großen Badenden“;1900–1905, Öl auf Leinwand, 136 × 191 cm;London, National Gallery.
So lautete eine der berühmten „Kampfansagen“ PAUL CÉZANNEs an all jene Zeitgenossen – Malerkollegen, Kritiker und Publikum –, die seine Werke mit Unverständnis und Spott bedachten.
Mit dem Apfel meinte er nicht nur das Motiv an sich, sondern darüber hinaus auch jene Gattung der Malerei – das Stillleben, die wegen der Unbelebtheit ihrer Bildgegenstände noch immer geringer geschätzt wurde als das Figurenbild. Doch mit Bildern wie „Stillleben mit Korb und Äpfeln“, in denen er neben anderen unspektakulären Dingen seine berühmten Äpfel darstellte, hat CÉZANNE Meisterwerke der modernen Kunst geschaffen.
PAUL CÉZANNE: „Stillleben mit Früchtekorb“;1888–1890, Öl auf Leinwand, 64 × 80 cm;Paris, Musée d'Orsay.
Seine Erfahrungen mit einer Malerei, die er ganz aus der Farbe heraus entwickelt hatte, und all seine Überlegungen zu einer neuartigen Gestaltung des Bildraumes, brachte er in seinen Stillleben zum Ausdruck.
Durch die subtile Malweise und die kühnen Kompositionen verlieh CÉZANNE jener angeblich „toten Natur“, so die Übersetzung für die französische Bezeichnung „nature morte“ für Stillleben, mehr Lebendigkeit, als mancher Salonmaler des ausgehenden 19. Jahrhunderts seinen Figurenbildern. Künstlerkollegen wie PAUL GAUGUIN, EDGAR DEGAS und PABLO PICASSO, die CÉZANNEs Werke sammelten, erkannten die Schönheit, die der Maler einem schlichten Motiv zu geben vermochte. Und sie erkannten die künstlerische Neuerung, die sich im Kubismus Bahn brechen sollte.
PAUL CÉZANNE: „Stillleben“;1879, Öl auf Leinwand, 28 × 34 cm;New York, Sammlung E. Reves.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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