- Lexikon
- Kunst
- 2 Kunstgeschichte
- 2.3 Renaissance (Neuzeit)
- 2.3.3 Frührenaissance (1420-1500)
- Leon Battista Alberti
LEON BATTISTA ALBERTI war der Sohn des florentinischen Patriziers LORENZO ALBERTI und der BIANCA FIESCHI. Er wurde am 14.02.1404 in Genua geboren. In Padua erhielt er eine humanistische Ausbildung der Rhetorik und Grammatik als Schüler GASPARINO BARZIZZAs (um1360–um 1431). Er studierte anschließend Kirchenrecht in Bologna und Physik und Mathematik in Padua.
In Florenz lernte er die damals berühmtesten Künstler seiner Zeit kennen:
ALBERTI, der ein uneheliches Kind war, erhielt 1432 durch Papst EUGEN IV. (1383–1447) den Dispens; damit galt er als legitimer Nachkomme seines Vaters. Er konnte deshalb auch im Dienst der Kirche arbeiten.
Bis 1464 gehörte er dem Collegio degli Abbreviatori Apostolici an. Als Mathematiker entwickelte er hier mit seiner „Albertischeibe“ einen Codierungscode (festgehalten in seiner Schrift „De componendis cyphris“ von 1466/1467). Außerdem beschäftigte er sich mit Fragen der Physik; so untersuchte er Phänomene der Optik und Mechanik, deren Lösungen er in der Schrift „Ludi matematici“ (vor 1452) zusammenstellte.
Seit 1447 arbeitete er im Auftrag von Papst NIKOLAUS V. (1397–1455) an der baulichen Erneuerung Roms. Seine Erkenntnis hielt er in dem Traktat „Descriptio urbis romae“ (1433–1441) fest. ALBERTI leitete nicht nur die Restauration von Santo Stefano Rotondo, sondern er gestaltete auch den Borgo zwischen Engelsburg und Peterskirche neu. Er untersuchte sogar die antiken Überreste der Stadt.
1453 begann der den Umbau der Kirche San Francesco („Tempio Malatestiano“) in Rimini als Grablege für SIGISMONDO MALATESTA (1417–1468), dem „Wolf von Rimini“. Für die Fassade griff ALBERTI das antike Triumphbogenmotiv auf, allerdings nicht als wörtliches Zitat der Antike. Er gliederte die Fassade durch vier Pilaster in der Optik korinthischer Säulen sowie drei Blendbögen, deren mittlerer das Portal der Kirche beherbergte. Die Fassade sollte wohl ursprünglich von einem Dreiecksgiebel abgeschlossen werden, sie blieb unvollendet.
Zwischen 1457 und 1458 entstanden die Entwürfe für die Fassade der gotischen Kirche Santa Maria Novella in Florenz. ALBERTI passte sie an die dreischiffige Basilika auf lateinischem Kreuz an, beließ die Optik in schwarzem und weißem Marmor, strukturierte sie jedoch durch Halbsäulen und Eckpilaster, auf denen ein verkröpftes Gebälk thront. Das Obergeschoss zeigt erstmals einen Dreiecksgiebel und seitliche Voluten.
Der Marchese von Mantua, LUDOVICO III. GONZAGA (1414–1478), beauftragte ALBERTI 1459 mit den Entwürfen für die Kirchen San Sebastiano und San Andrea, die er als Tempelfront anlegte.
San Sebastiano (Baubeginn 1460) wurde als Zentralbau errichtet, wobei einer der Kreuzarme die Fassade aufnahm. Sie sollte durch sechs Pilaster gegliedert sein.
San Andrea (Baubeginn 1479) wurde auf dem Grundriss eines lateinischen Kreuzes mit nur einem Hauptschiff errichtet, das von Seitenkappellen flankiert wurde. Die Fassade von San Andrea wurde zum Vorbild für viele Renaissance- und Barockbauten: Zwischen den die Fassade gliedernden vier Pilastern erhebt sich ein über die Geschosse hinweg ragender Triumphbogen, der das Eingangsportal rahmt. Die Fassade wird wieder von einem Dreiecksgiebel auf einem verkröpften Gebälk gekrönt.
Den frühesten und für lange Zeit grundlegenden Architekturtraktat der Renaissance verfasste ALBERTI mit seinen zehn Büchern „Über die Baukunst“ („De re aedificatoria“, 1451). ALBERTI ist auch Verfasser von dramatischen Texten, dazu gehören sein in Latein abgefasstes Lustspiel „Philodoxius“ von 1426 sowie die Komödie „Momus o del principe“, die um 1440 entstand.
Einige seiner Projekte konnte ALBERTI nicht mehr vollenden. Er starb am 25. April 1472 in Rom.
LEON BATTISTA ALBERTIs Schrift „De pictura“ (1435; „Della pittura“, 1436) wurde dem mit ihm befreundeten Architekten FILIPPO BRUNELLESCHI zugeeignet. In der Widmung betonte er den Neuanfang, den er mit seiner Schrift auf dem Gebiet der Kunsttheorie leisten wolle. Hier formulierte er den Anspruch einer umfassenden Erneuerung der bildenden Kunst, die er durch Künstler wie den Bildhauer DONATELLO und den Maler MASACCIO geleistet sah. ALBERTI hob dabei hervor, dass er nicht etwa Anekdoten über Maler berichten, sondern ein regelrechtes Lehrbuch der Kunst der Malerei verfassen wolle:
Während das kurz zuvor entstandene „Libro dell’rte“ CENNINO CENNINIs (Geburts- und Sterbedatum unbekannt) noch mittelalterlichen Vorstellungen folgte und im Wesentlichen handwerklich-technische Hinweise enthielt, suchte ALBERTI zu beweisen, dass die Malerei zu den freien Künsten gehört und kein bloßes Handwerk ist. Immer wieder griff er deshalb auf literarisch überlieferte Beispiele zurück, die belegen, welch hohen sozialen Rang die Maler in der Antike besessen haben.
ALBERTI lieferte mit seiner Schrift „Della pittura“ die erste moderne Theorie der Malerei. Für die kaum zu überschätzende Bedeutung der Malkunst führte er zwei Gründe an:
Die daraus abgeleitete Forderung nach höherem sozialem Status und gesellschaftlichem Ansehen der bildenden Künstler ist der kleinste gemeinsame Nenner der Kunsttheorie der Renaissance. Damit geht allgemein die Stilisierung des Künstlers zu einem „Uomo universale“ einher, einem Menschen, der – so die Forderung ALBERTIs – umfassend gebildet sein müsse: Künstler wie
sollten diesen Anspruch ein halbes Jahrhundert nach ALBERTI in idealer Weise verkörpern. Die Definition des Künstlers als eines auch mit der Literatur vertrauten, Wissenschaft betreibenden Menschen findet sich in allen Schriften ALBERTIs: 1451 schloss er mit „De re aedificatoria“ (s.o.) ein umfangreiches Werk zur Architektur ab, nach 1464 verfasste er mit „De statua“ eine der Skulptur gewidmete Schrift.
Zwei Problemen, die die Kunsttheorie des 16. Jahrhunderts mitbestimmten, schenkte ALBERTI noch keine große Aufmerksamkeit: zum einen der Frage nach der Besonderheit der Begabung eines Künstlers, seiner schöpferischen Eigenart, zum anderen der Frage nach dem Wesen sichtbarer Schönheit. Allerdings formulierte er bereits:
„Die Schönheit ist eine Art Übereinstimmung und ein Zusammenklang der Teile zu einem Ganzen, das nach einer bestimmten Zahl, einer besonderen Beziehung und Anordnung ausgeführt wurde, wie es das Ebenmaß, das heißt, das vollkommenste und oberste Naturgesetz fordert.“ (ALBERTI)
Daran anknüpfend, bemühte sich die auf ALBERTI folgende Kunsttheorie darum, ästhetische Kategorien zu benennen, die ausschließlich visueller Natur sind. Gibt es eine spezifisch sichtbare Schönheit, also eine Schönheit, die ausschließlich dem Bild vorbehalten ist? In BENEDETTO VARCHIs (1503–1565), LODOVICO DOLCEs (1508–1568) und PAOLO PINOs Schriften, die allesamt aus der Mitte des 16. Jahrhunderts stammen, bildete die „Grazie“ den zentralen Gegenstand: Grazie, die sich in der Anmut des weiblichen Körpers in ihrer Vollkommenheit ausgeprägt finde, sei eine Form ausschließlich sichtbarer Schönheit, die sich letztlich jeder sprachlich-literarischen Beschreibung entziehe.
Zu den Werken von LEON BATTISTA ALBERTI gehören sowohl Bauten als auch gelehrte Schriften und dramatische Texte.
Bauten u.a.:
Schriften u.a.:
Dramatische Texte u.a.:
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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