- Lexikon
- Kunst
- 2 Kunstgeschichte
- 2.1 Vor-und Frühzeit, Altertum
- 2.1.2 Kunst des Altertums
- Kunst im Mittelmeerraum
An den Küsten und auf den Inseln des nordöstlichen Mittelmeerraumes (Ägäis) lebten um 3000 v.Chr. unterschiedliche Völker, die sich durch einen ausgedehnten Seehandel gegenseitig beeinflussten. Der Tauschhandel mit Zinn, Kupfer und der daraus gewonnenen Bronze, mit begehrten Gegenständen aus diesen Metallen, mit Goldschmiede- und Elfenbeinarbeiten, sowie mit keramischen Erzeugnissen blühte. Wissenschaftlich besteht keine Einigkeit, ob diese ägäischen Kulturen bereits zur griechischen Kultur zu zählen sind, da diese Territorien in späterer Zeit zu Griechenland gehörten. Deshalb gibt es in der Kunstgeschichte bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt diesbezüglich keine einheitlichen Aussagen.
Nach einer Inselgruppe in der südlichen Ägäis ist die Kultur der Kykladen benannt worden. Sie ist die älteste der drei Mittelmeerkulturen. Zunächst entwickelte sich diese Kultur durch die Insellage bedingt ganz eigenständig. Bekannt geworden sind die sogenannten „Kykladenidole“. Das sind kleine Statuetten aus Marmor, die in der frühen Phase noch Ähnlichkeiten mit fettleibigen jungsteinzeitlichen Frauenstatuetten aufweisen. Zunehmend werden diese kleinen Idole immer stärker vereinfacht.
Die Sitzfiguren ähneln in der Abstraktion von Kopf, Brust und Gesäß den Formen von Streichinstrumenten. Deshalb werden sie auch als Violinidole bezeichnet. Die große Anzahl ähnlicher Figuren lässt darauf schließen, dass damals ein Proportionskanon Verwendung fand. Außer verschiedenen Keramikerzeugnissen, bei denen die besondere Form der Schnabeltassen auffällt, sind zur Zeit keine weiteren bedeutenden Kunstwerke bekannt. In der Spätzeit wird die Kykladenkultur durch die minoische und mykenische Kultur überlagert.
Nach dem sagenhafte König MINOS wird die Kunst des 3. und 2. Jahrtausends v.Chr. auf der Insel Kreta als minoisch bezeichnet. Die Insellage isolierte und schützte diese Kultur. Als Besonderheit der Architektur gelten die verschachtelten Grundrisse der Paläste von Knossos, Malia und Phaistos. Irrgartengleich baute man relativ schmale Gänge, die ständig die Richtung wechselten, mit Vor- und Rücksprüngen ausgestattet waren und schließlich zum Innenhof führten. In dieser Palastarchitektur hatte vermutlich die Sage vom Minotaurus, der im Labyrinth lebte und jedes Jahr ein schönes Mädchen forderte, ihren Ursprung.
Große Tempel waren in Kreta unbekannt. Den Göttern huldigte man an Hausaltären. Als Opfertier einer „Großen Göttin“ galt wahrscheinlich der Stier. Davon zeugen Wandmalereien mit Stierspielen und Stierhörner als Kultsymbole. Bemalte, sich nach unten verjüngende Holzsäulen, die farbige Gestaltung von Türen, Fenstern, Treppen und Wänden, dazu Fußböden aus Stein, beheizbare und luftige Räume, Toiletten und Bäder deuten auf eine verfeinerte und üppige Lebensweise.
Bewegte, gut beobachtete Szenen aus Alltags-, Spiel- und Kulthandlungen schmückten die Wände der Paläste. Schlanke Jünglinge mit Wespentaille, geschmackvoll gekleidete Mädchen, springende Delfine und immer wieder Stiere sind die Motive der Fresken (Wandmalerei auf den noch feuchten Putz). Die Themen der minoischen Kunst sind hauptsächlich der Natur entnommen. Viele Motive liefern das die Insel umgebende Meer und die Landschaft. Vor allem auf bemalten Tassen, Krügen, Schalen und Vasen findet man Wasserpflanzen, Fische, Tintenfische, Vögel, Blumen usw. Diese bemalte Keramik gehört zu den Besonderheiten der minoischen Kunst. Die sogenannten Kamaresvasen sind auf der Scheibe gedrehte Gefäße, deren Ornamentik mit Weiß, Rot und Orange auf den schwärzlich gebrannten Tonschlicker gemalt wurde.
Im plastischen Bereich gibt es mit Ausnahme von kleinformatigen Werken – vielleicht Weihegeschenken – kaum Kunstwerke mit kultischer Bedeutung und keine Herrscherplastiken wie in Vorderasien und Ägypten. Berühmt geworden ist die kleine Statuette einer Schlangengöttin (ca. 1600 v.Chr.) aus dem Palast von Knossos.
Um 1950 v.Chr. wanderten indogermanische Stämme (Achäer, Ionier, Äolier) auf das „griechische Festland“ ein und vermischten sich mit der dortigen Bevölkerung. Diese Völker müssen wild und kriegerisch gewesen sein. Davon zeugen gewaltige Festungsanlagen und wertvolle Waffenfunde. Erste Machtzentren mit einem Verwaltungsapparat entstanden. Auf der Peloponnes hatten sich um 1600–1200 v.Chr. eine Anzahl kleiner Königreiche gebildet – u.a. auch Mykene nach dem diese Kultur benannt wurde.
Auf gut zu verteidigenden Anhöhen (Mykene, Tiryns, Troja) errichtete man zyklopische Mauern, die Männer-, Frauen-, Bade- und Lagerhäuser schützend umgaben. Zyklopenmauerwerk wurde aus großen Steinblöcken ohne Mörtel verzahnt aufgeschichtet und umgab schützend die einzelnen Bauwerke.
An herausragender Stelle lag der mykenische Palast – das Megaron (griech. Saal, Halle). Dieser Rechteckbau bestand aus offener Vorhalle, die auf Säulen ruhte, und der Haupthalle mit dem Herd. Die Anordnung der Bauwerke, Höfe, Zugänge und Raumfolgen zeugen von einem Gefühl für das Repräsentative und Logische. Das zeigt sich auch im berühmt gewordenen Löwentor von Mykene.
Das aus einer Steinplatte bestehende Relief im Entlastungsdreieck zeigt zwei sich auf den Hinterpranken gegenüberstehende Löwen, die zu beiden Seiten eine Säule flankieren. Die wappenartig gegeneinander gestellten Tiere wirken wie Wächter, drohend und großartig. Auch diese repräsentative Portalgestaltung wirkt wie alle Architekturen dieser Kultur durch das Massive – die Wucht seiner Steine – weniger durch die Form. Mit Ausnahme des Reliefs am Löwentor finden sich keine monumentalen Plastiken.
Das Löwentor (Kyklopische Mauern)
Reichen Goldschmuck enthielten die von HEINRICH SCHLIEMANN in Mykene ausgegrabenen Schachtgräber. Sie deuten wie die aufwendig ausgestatteten Kuppelgräber auf einen Heroenkult. Das Schatzhaus des Atreus war das berühmteste dieses Gräbertyps. Ein 35 m langer repräsentativer Korridor führte durch eine Fassade mit Eingangstür in einen Kuppelraum. Für Totenkult und Opfergaben errichtete man diesen 13,20 m hohen Raum mit falschem Gewölbe. Durch das Vorkragen und Behauen der großen Steine entstand ein richtungsloser Rundraum, von dem seitlich die eigentliche Grabkammer in den Felsen gehauen wurde.
Auch die mykenischen Paläste waren mit Wandmalereien geschmückt, die aber vorwiegend Jagd- und Kampfszenen darstellten. Eine gestalterische Verwandtschaft zu kretischen Fresken ist nicht auszuschließen.
Im Kunsthandwerk gestaltete man für eine reiche Oberschicht vor allem mit Gold. Getriebene Goldmasken für die Männer und Zackendiademe für die Frauen waren wichtige Ausstattungsstücke für die Toten.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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