- Lexikon
- Kunst
- 7 Produkt-Design
- 7.2 Designgeschichtliche Entwicklung
- 7.2.3 Jugendstil
- Jugendstildesign
Jedes noch so komplizierte Barockornament wurde schnell, preiswert und in großen Mengen maschinell hergestellt. Das bedeutete zwar maschinengepresst statt handgeschliffen, aber entsprach durchaus dem Anspruch nach üppiger Dekoration und Zierrat, auch als billige Kopie.
Während der Ingenieurbau neue Materialien und Fertigungstechniken schon materialgerecht in kühnen Konstruktionen mit einer sachlich-konstruktiven Formensprache schuf (z. B. Glaspalast, London: 1850/51; Eiffelturm, Paris: 1889), ähnelten die Theater, Bibliotheken und Universitäten griechischen Tempeln oder gotischen Kathedralen.
Künstler und Formgestalter suchten einen Ausweg aus der „Industrialisierung des künstlerischen Prozesses“. Sie wandten sich gegen die Trennung von Entwurf und Ausführung, gegen das Kopieren unzeitgemäßer Formen, das Vortäuschen bestimmter Herstellungsverfahren und Materialien und die Versachlichung der Produktwelt durch die maschinelle Herstellung.
Angeregt durch die englischen Reformbewegungen und die Ideen WILLIAM MORRIS orientierten sich die Künstler wieder an den herkömmlichen Produktionsmethoden und Formen, die der Natur entlehnt waren. Dieser Stil, genannt floraler Stil, war gekennzeichnet durch organische Formen, die an sich windende Schlingpflanzen, Frauenhaare, Wellen u.a. erinnern. Gerade in der Möbelproduktion war es das Ziel, die stilisierten Naturformen nicht nur als reines Dekor zu verwenden, sondern die funktionalen Bestandteile in dieser Form zu veredeln.
Neben dem floralen Stil mit seinen sich überschneidenden oder auseinander strebenden geschwungenen Linien und Formen entwickelte sich eine andere, eine geometrische Ausrichtung des Jugendstils. Als Gestaltungsprinzip dominierten Waagerechte und Senkrechte, die eine strenge Funktionalität ausstrahlten. Vertreter dieser Richtung waren z.B. JOSEF HOFFMANN und OTTO WAGNER.
Die Schaffung von Gesamtkunstwerken durch die Vereinigung und Durchdringung aller Künste und des Handwerks wurde zum Ziel des Jugendstils, deren ideale Ausführung sich im „Bau“ verwirklichte. Zu diesem Zweck schlossen sie sich vielerorts Künstler und Kunsthandwerker zu Vereinigungen/Werkstätten (1897: Wiener Sezession, 1892: Münchener Sezession) zusammen.
Der wachsende Bedarf und die Konkurrenzsituation Konsumgüter produzierender Unternehmer hatten die relativ rasche Vereinnahmung des Jugendstils durch die industrielle Produktion zur Folge. Anonyme Musterzeichner übernahmen die Formsprache des Stils, Maschinen die Fertigung für den Massenkonsum.
Die Bedeutung des Jugendstils liegt vor allem in der Überwindung des Historismus und in der Schaffung herausragender Kunstwerke mit einem einzigartigen künstlerischen Ausdruck, auch wenn aus ihrer Ablehnung der Industrie keine wirkliche Alternative entstand.
Mit Beginn des Ersten Weltkrieges endete der Jugendstil. Nach Beendigung des Krieges wurden zahlreiche Stilelemente des Jugendstils im Art déco übernommen.
Der Begriff Art déco leitet sich von der internationalen Kunstgewerbeausstellung 1925 in Paris ab und wurde bis 1930 für dekorativ-künstlerische Tendenzen gebraucht. Wie die Ausstellung selbst, von der sich progressive Designer wie LE CORBUSIER kritisch distanzierten, lebte auch der Art déco nicht von einheitlichen, konsequenten Vorstellungen, etwa im Sinne von Funktionalität, sondern von der Mischung sehr unterschiedlicher Komponenten.
Der Art-déco-Stil war primär auf alle Bereiche der Innenausstattung, im weiteren Sinne auch auf Plakat- und Buchkunst sowie auf Malerei (TAMARA DE LAMPICKA) und Kleinplastik gerichtet. In ihm lebten Elemente des Jugendstils fort, die innerhalb des Art déco ihr Spätwerk vorstellten, etwa MAURICE DUFRÊNE und RENÉ LALIQUE.
In der Möbelkunst arbeiteten die Entwerfer des Art déco bevorzugt mit teuren und ungewöhnlichen Materialien. Zu den führenden unter ihnen zählen ÉMILE-JAQUES RUHLMANN, EILEEN GRAY und PIERRE LEGRAIN.
Die Tapisserie erhielt durch SONIA DELAUNAY-TERK, die Silberschmiedekunst durch JEAN PUIFORCAT, GÉRARD SANDOZ, JEAN FOUQUET und RAYMOND TEMPLIER bedeutende Impulse, die Glaskunst durch LALIQUE und MAURICE MARINOT.
Gemeinsam ist allen Objekten eine geometrische Struktur, gemischt mit andersartigen – etwa floralen – Elementen. Verwandte Entwicklungen der Art déco, die von Frankreich ausging, finden sich in allen europäischen Ländern und den USA, dort besonders auch in der Architektur (Chrysler Building in New York, 1930 vollendet). In England wirkten sich ihre Einflüsse erst um 1930 aus, lebten dort aber bis in die späten Vierzigerjahre fort. Auch japanische Firmen stellten für den Export Objekte in
Art-déco-Manier her.
Belgien (Style)
Frankreich (Art nouveau)
England (Modern Style)
Deutschland
Österreich
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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