Historienbild

Eine solche Wichtung gibt es heute nicht mehr, wobei die Historienmalerei kaum noch vertreten ist und alle anderen Gattungen von Gegenwartskünstlern in einer Vielzahl stilistischer und technischer Gestaltungsarten und inhaltlicher Variationen malerisch umgesetzt werden.

Das Historienbild

Bilder, in denen geschichtliche Ereignisse, mythologische und religionsgeschichtliche Aspekte widergespiegelt werden, sind sogenannte Ereignis- oder Historienbilder. Dargestellt werden außergewöhnliche, nicht alltägliche Geschehnisse und bedeutende Persönlichkeiten. Die Auftraggeber dieser meist großformatigen Gemälde waren der Adel und die Kirche. Mit der Darstellung vergangener Ereignisse sollten Zeitgenossen und Untertanen nicht nur belehrt und gebildet werden. Die Bilder dienten auch der Glorifizierung der Personen oder Taten des Dargestellten. In vielen Gemälden stellte man weit zurückliegende Ereignisse dar, um sie mit zeitgenössischen gleichbedeutend erscheinen zu lassen.

Herausbildung und Entwicklung der Historienmalerei

Darstellungen der geschichtlichen Geschehnisse finden sich bereits in den frühen Hochkulturen, z.B. in der ägyptischen Kunst. Schlachtendarstellungen in den Tempeln SETHOS' I. und RAMSES' II. und aus der Zeit RAMSES' III. legen beredtes Zeugnis ab.

Bei den Griechen war die Darstellung geschichtlicher Ereignisse mit mythologischen Vorstellungen verbunden (Alexandermosaik). Bei den Römern finden wir historische Darstellungen meist in Form von Reliefs in den Triumphbögen und Triumphsäulen der Kaiserzeit.

Mit dem Christentum nahm die religiöse Historienmalerei ihren Anfang. Im Mittelalter spielte die Darstellung von Heiligenlegenden eine große Rolle. Gegen Ende des 6. Jahrhunderts ließ die Langobardenkönigin THEUDELINDE geschichtliche Szenen in ihrem Palast in Monza malen (nicht mehr erhalten). Ähnliche Ausmalungen sind für KARL DEN GROSSEN (Pfalzen von Aachen und Ingelheim) und HEINRICH I. (Pfalz Merseburg) überliefert.

Besondere Bedeutung erlangte die Historienmalerei in der Buchmalerei (Livres d'heures Etienne chevalier, 1452–1460; Miniaturen JEAN FOUQUETs zu „Les grandes chroniques des rois des France“ um 1465).

JEAN FOUQUET: „Livres d'heures des Étienne Chevalier“,Szene: „Die Trompeten von Jericho“;um 1452–1460, Pergament;Chantilly, Musée Condé.

JEAN FOUQUET: „Livres d'heures des Étienne Chevalier“,Szene: „Die Trompeten von Jericho“;um 1452–1460, Pergament;Chantilly, Musée Condé.

Historienbild - Die Trompeten von Jericho

Die Wiederentdeckung der Antike durch die Renaissance führte dazu, dass von der Mitte des 15. Jahrhunderts an die antiken Heldengeschichten zum Bildthema der Historienmalerei wurden, die der Humanist LEON BATTISTA ALBERTI zu den größten Aufgaben der Malerei zählte.

Es entstanden drei Epoche machende Schlachtenbilder; LEONARDO DA VINCIs „Schlacht von Anghiari“ (Karton von 1503–1505; verschollen), MICHELANGELOs „Überfall bei den Cascine“ (Karton verschollen, Federzeichnung von 1505 erhalten) und TIZIANs „Schlacht bei Cadore“ (1538 vollendet, nicht erhalten).

Mit der „Schlacht an der Milvischen Brücke“ beschloss GIULIO ROMANO nach 1520 die Folge von Historienbildern in den Stanzen des Vatikans, in denen RAFFAEL zwischen 1511 und 1517 geschichtliche Ereignisse (z. B. „Krönung KARLs DES GROSSEN durch LEO III.“) in den überzeitlichen Raum idealer Wirklichkeit erhoben hatte.

Das bedeutendste Werk jener Zeit nördlich der Alpen schuf ALBRECHT ALTDORFER mit der „Alexanderschlacht“ (1529).

ALBRECHT ALTDORFER: „Alexanderschlacht“;1529, Holz, 158 × 120 cm;München, Alte Pinakothek.

ALBRECHT ALTDORFER: „Alexanderschlacht“;1529, Holz, 158 × 120 cm;München, Alte Pinakothek.

Historienbild - Alexanderschlacht

Im Zeitalter des Absolutismus wurde die Historienmalerei zur wichtigsten Kunstgattung an den französischen Akademien. Sie diente in symbolhafter Weise der Glorifizierung der Herrschenden. Ihr verschrieben sich insbesondere CHARLES LE BRUN, EUSTACHE LE SUEUR, LAURENT DE LA HYRE.

Ein Meisterwerk historisch-politischer Allegorik stellt der von PETER PAUL RUBENS geschaffene Zyklus mit Szenen aus dem Leben der MARIA VON MEDICI und ihres Gemahls HEINRICH IV. dar.

Im Barock verbreitete sich das Historienbild in feudal regierten Ländern schnell in Form von Schlachtenbildern und Triumphzügen, Aufständen oder der Schlüsselübergabe einer Stadt. Einen Höhepunkt der Historienmalerei des Barock bildet DIEGO VELÁSQUEZ' „Übergabe von Breda“ (1634/35).

DIEGO VELÁZQUEZ: „Übergabe von Breda“;1634–1635, Öl auf Leinwand, 307 × 367 cm;Madrid, Museo del Prado.

DIEGO VELÁZQUEZ: „Übergabe von Breda“;1634–1635, Öl auf Leinwand, 307 × 367 cm;Madrid, Museo del Prado.

Historienbild - Die Übergabe von Breda

Eine Reihe von Malern spezialisierte sich auf Schlachtenmalerei (SALVATOR ROSA, MICHELANGELO CERQUOZZI, JAQUES COURTOIS, GEORG PHILIPP RUGENDAS).
In vom Bürgertum beherrschten Regionen sind Historienbilder kaum zu finden.

Im Klassizismus trat in der Historienmalerei ein Wendepunkt zu einer neuen, die politischen Interessen des Bürgertums einbeziehenden Malerei ein. Mit dem „Schwur der Horatier“ leitete 1784 JAQUES-LOUIS DAVID diese Wende ein. Unter dem Eindruck der Französischen Revolution 1789 wandten sich die Maler verstärkt zeitgenössischen Begebenheiten zu „Der Tod des Marat“ von DAVID (1793; „Die Erschießung der Aufständischen vom 3. Mai 1808“ von GOYA).

Die französischen Vertreter der Romantik THÉODORE GEÉRICAULT und vor allem EUGÈNE DELACROIX machten sich eine dramatisierende Gestaltungsweise zu Eigen, die Leiden und Tod mit einbezog, ohne zu beschönigen.

Demokratische Tendenzen fanden in Deutschland besonders in Werken von CARL FRIEDRICH LESSING, ADOLPH MENZEL und EMANUEL LEUTZE Ausdruck.

ADOLPH FRIEDRICH ERDMANN VON MENZEL: „Aufbahrung der Märzgefallenen“;1848, Öl auf Leinwand, 45 × 63 cm;Hamburg, Kunsthalle.

ADOLPH FRIEDRICH ERDMANN VON MENZEL: „Aufbahrung der Märzgefallenen“;1848, Öl auf Leinwand, 45 × 63 cm;Hamburg, Kunsthalle.

Historienbild - Aufbahrung der Märzgefallenen

Um die Jahrhundertwende suchte FERDINAND HODLER die Historienmalerei zu aktualisieren, indem er sie ins Monumentale steigerte („Auszug der Jenenser Studenten in den Freiheitskrieg 1813“, 1907/08). In der modernen Kunst verlor sie in der Folgezeit an Bedeutung; ein letztes herausragendes Beispiel ist PABLO PICASSOs „Guernica“ (1937).

Eine zeitweilige Wiederbelebung der Historienmalerei zeigte sich im 20. Jahrhundert in der Kunst totaler Regime und im sozialistischen Realismus und Muralismo = monumentale Wandmalerei (Kunstrichtung, die sich in Mexiko nach der Revolution von 1910 herausgebildet hatte, bedeutender Vertreter war DIEGO RIVERA).

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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