- Lexikon
- Kunst
- 2 Kunstgeschichte
- 2.1 Vor-und Frühzeit, Altertum
- 2.1.2 Kunst des Altertums
- Griechische Architektur
Die vornehmste Aufgabe der Architektur war der Tempelbau. Tempel bildeten den kultischen Mittelpunkt der Stadtstaaten und dienten als schützende architektonische Hülle für das Götterstandbild. Der eigentliche Götterkult war öffentlich und wurde an Altären zelebriert, die im Freien standen. Die frühesten Tempel aus Holz und luftgetrockneten Lehmziegeln stammen aus der Zeit um 800 v.Chr. Damit die empfindlichen Wände nicht der Witterung unmittelbar ausgesetzt waren, schützte man sie durch weit vorkragende abgestützte Dächer.
Spätestens im 7. Jh. v.Chr. entwickelte sich daraus der Säulenumgang – die Ringhalle (Peristase) – als Kunstform. Trotz Grundrissvariationen war auch die Cella – ein fensterloser Raum für das Kultbild – allen Tempeln gemeinsam. Zunehmend wurde Stein als Baumaterial benutzt – häufig war es Marmor – und farbig bemalt. In der Folgezeit konnte die Cella dreischiffig sein und eine offene Vorhalle im Osten (Pronaos) und eine offene Halle im Westen (Opisthodomus) erhalten. Unterschiede im Tempelbau ergaben sich aus veränderten Proportionen, Maßen, Größen, der Anwendung verschiedener Dekorationssysteme (Säulenordnungen) und der bauplastischen Ausstattung.
Eine Maßeinheit, die als Berechnungsgrundlage für alle anderen Maße diente, war oft der Durchmesser einer Säule an ihrer dünnsten Stelle. Die Säulenordnungen unterscheiden sich nicht nur durch die unterschiedlichen Kapitellformen, sondern auch durch das Verhältnis von Höhe, Durchmesser und Abstand der Säulen, durch Unterschiede der Proportionen und der Dekoration von Gesims und Gebälk.
Dorische Säule
Ionische Säule
Korinthische Säule
In archaischer Zeit entstanden monumentale, schlichte Tempel in dorischer Säulenordnung (Apollotempel in Korinth; Aphaiatempel auf Ägina). Ihre Giebel wurden mit plastischen Bildwerken, die Metopen (Zwischenfelder) zwischen den Triglyphen (Dreischlitze) des Architravs mit Reliefs geschmückt.
Die Architektur der klassischen Zeit verfeinerte die allmählich leichter und schlanker werdenden Formen der dorischen Tempel (Zeustempel in Olympia, Parthenon in Athen, Poseidontempel in Sunion). Tempel in ionischer Ordnung (Erechteion in Athen, Artemistempel in Ephesus, Niketempel in Athen) kommen in der klassischen Zeit hinzu. Im Verlauf des 4. Jh.s bis in die hellenistische Zeit werden zunehmend Tempel in korinthischer Ordnung (Side, Aphrodisias) gebaut.
Als Vollendung dorischer Baukunst gilt bis heute der Parthenon (447–438 v.Chr.; Grundriss 30,88 m x 69,50 m) auf der Akropolis in Athen aus der klassischen Periode. Der Säulenumgang besteht aus je 8 x 17 Säulen. An den Schmalseiten wird der Innenraum nochmals durch sechs Säulen vor der Vorhalle (Pronaos) und der hinteren Halle (Opisthodomos) gegliedert. Im Kernbau befindet sich die Cella, in der ehemals das Kultbild der Athena von Phidias (um 440 v.Chr.) stand, u-förmig umgeben von einem zweistöckig angeordneten Säulenumgang. Die 11 m hohe Statue der Athene war mit Goldplatten behängt, die ca. eine Tonne gewogen haben sollen. Das Gold war im Bedarfsfall abnehmbar und zu Finanzierungszwecken für die Staatskasse verwendbar.
Vollständig abgetrennt und nur von der Westseite zugänglich liegt das „Schatzhaus“ für die Weihegeschenke. Hier tragen vier zusätzliche ionische Säulen das Dach aus Marmorziegeln. Feine Korrekturen – winzige Abweichungen von den Horizontalen und Vertikalen – sollten die optische Wirkung des Tempels noch steigern. Kultgebäude wurden ab dem 4. Jh. v.Chr. häufig in Form des Rundbaus (griech. tholos) gebaut (Delphi, Epidaurus, Olympia).
Im Hellenismus verbreitete sich die griechische Baukunst bis in den Orient. Neue Aufgaben bot der Ausbau der unter den Diadochen gegründeten königlichen Residenzen (Pergamon, Alexandria, Antiochia).
Wichtige Bauaufgaben bildeten öffentliche Gebäude, Privathäuser und die Stadtplanung. In der archaischen und noch in der klassischen Periode passten sich die Städte meist den unregelmäßig topografischen Gegebenheiten an. Etwa ab 450 v.Chr. wurde vor allem bei neuen Städten in Kleinasien ein geometrischer Bebauungsplan benutzt. Diese Pläne gehen auf HIPPODAMOS VON MILET zurück. Alle Wohnhäuser in dessen regelmäßigem städtebaulichem Gitternetzplan waren typisiert, und einen Leerraum von 26 Blöcken sparte man für öffentliche Gebäude aus (Priene, Piräus).
Akropolis und Agora bildeten die beiden Zentren in der griechischen Stadt. Dafür begann man in der klassischen Periode Architekturkomplexe zu schaffen (Propyläen, Erechteion, Niketempel auf der Akropolis in Athen, Agora von Athen). Für kulturelle und sportliche Aktivitäten wurden öffentliche Bauten neben den Heiligtümern oder in den Städten errichtet: Theater, Gymnasien (Hallen zum Laufen), Palästren (Hallen zum Ringen und Boxen), Umkleide- und Waschräume. Die Stoa fungierte als Treffpunkt, Ladenstraße, Ausstellungs- und Schulungsraum.
Um übermäßige Terrassierungsarbeiten zu vermeiden, wurden Theater im Freien meist muschelförmig am Hang eines Hügels angelegt (Epidaurus, Pergamon). Eine Mauer, die später zu einem komplexen Gebäude ausgebaut wurde, schloss die Anlage ab (Aspendos). Im Hellenismus kommen außerdem Bibliotheken als städtische Bauwerke hinzu.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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