- Lexikon
- Kunst
- 2 Kunstgeschichte
- 2.2 Kunst des Mittelalters
- 2.2.3 Gotik
- Gotische Architektur
Kennzeichen | Formen |
| Sakralbau:
Profanbau:
|
Die gotische Architektur verlor an Schwere, die hohen Kirchenschiffe, die lang gestreckten Fenster und Portale mit ihren Spitzbögen
gotisches Spitzbogengewölbe (Kreuzrippengewölbe)
und Maßwerken
gotisches Maßwerk
ließen die Gebäude geradezu grazil erscheinen. Und das, obwohl die Baumeister noch nicht über schriftliche Überlieferungen der Statik verfügten. Mittelalterliche Baumeister gaben ihre Erfahrungen mündlich an Schüler und Kollegen weiter. Im Inneren der Kirchen sorgten Pfeiler, die in den Gewölberippen aufgingen, für die nötige Höhe (inneres Strebewerk). Das äußere Strebewerk mit Strebepfeiler und Strebebögen diente dazu, den Gewölbeschub nach außen abzuleiten.
Gotisches Strebewerk:Eine gotische Hochschiffwand ist stets dreigeschossig. Sie besteht aus den Arkaden, darüber befindet sich das Triforium. Der Obergaden schließt die Hochschiffwand ab.Das Kreuzrippengewölbe leitet den Gewölbeschub über die Pfeiler, die
Die Abteikirche von Saint-Denis nördlich von Paris ist der Gründungsbau der Gotik. Der Abt SUGER (1081–1151) ließ sie nach eigenen Plänen als dreischiffige Basilika aus romanischen Teilen umbauen. 1137–1140 wurden Fassade und Vorhalle errichtet, anschließend, 1140–1143, der Chor mit Umgang und Kapellenkranz. Abt SUGER bemerkte über die kunstvoll erbaute Kirche, ihre Architektur könne den
„Geist zum Ursprung des Lichtes, zum wahren Licht hinführen, dessen Pforte Christus selber ist“.
Der Mittelteil der Kirche blieb noch bis ins nächste Jahrhundert bestehen. PIERRE DE MONTREUIL erbaute Hochchor, Quer- und Langhaus im hochgotischen „Rayonnantstil“¹.
¹ Rayonnantstil: (von franz. rayonnant: strahlend), Bezug nehmend auf die strahlenförmigen Speichen in den riesigen Fensterrosen der Kathedralen. Damit sollte die Helligkeit des Innenraumes durch eine weitere Auflösung der Wand gesteigert werden.
Große Fensterflächen ließen nach Bauabschluss die Abtei als die von SUGER beabsichtigte „Architektur des Lichtes“ erscheinen: Kreuzrippengewölbe, Stützen, Säulen, Pfeiler kennzeichnen das Innere. Die Wandfläche des Mittelschiffs ist dreigliedrig und besteht aus Arkaden, Emporen und Hochschifffenstern. Äußere Strebepfeiler übernehmen die Last der Baumassen.
Die ehemalige Abteikirche Saint-Denis war seit dem 8. Jh. Grablege fast aller französischen Könige. Abt SUGER, Staatsminister LUDWIGs VI., veranlasste das Begräbnis seines Königs in dieser Kirche.
Zwischen 1211 und 1300, auf dem Höhepunkt der gotischen Architektur, wurde die Kathedrale Notre Dame („Unsere Liebe Frau“) in Reims erbaut.
1210 war ihr romanischer Vorläufer bei einem Brand zerstört worden. Der Wiederaufbau im gotischen Stil als dreischiffige Basilika
begann ein Jahr später. Die mit Reliefs und Figuren reich verzierte Westfassade misst 48,80 m. Oberhalb der Hauptrosette zeigt die „Galerie der Könige“ die Taufe CHLODWIGs I. sowie Statuen seiner Nachfolger. Die Höhe des Langhauses erreicht mit 38 m nicht die Höhe der Kathedrale von Armiens (43 m), ist aber höher als der Vorbildbau der Hochgotik, Notre-Dame de Chartres. Das Gewicht des Gewölbes und des Daches ruht auf lediglich vier Säulen. Eindrucksvoll ist der vergrößerte Lichtgaden der Kathedrale. Die Kirche war einige Jahrhunderte lang Krönungskirche der französischen Könige. 1974 gestaltete MARC CHAGALL die farbigen Glasfenster neu.
Die Kathedrale Notre-Dame in Patris befindet sich auf der Île de la Cité und gehört zu den beeindruckendsten Beispielen gotischer Architektur. Mit dem Bau begann man 1163, allerdings dauerte der Bau insgesamt 150 Jahre. Die Kirche weist ein reich geschmücktes Westwerk mit drei Portalen und einem schlichten Rosettenfenster auf. Charakteristisch sind auch die ungekrönten Türme. Die Kirche war Schauplatz wichtiger historischer Ereignisse, u. a. krönte sich NAPOLEON BONAPARTE hier zum Kaiser.
In Deutschland, dem heutigen Österreich und der Schweiz (Teile des Heiligen Römischen Reiches) wurde die französische Gotik erst sehr spät, um 1250, übernommen. Zwar war nach 1209 als erstes gotisches Werk der Magdeburger Dom als dreischiffige Basilika mit Querschiff, Chorumgang und Kapellenkranz begonnen worden, er wurde aber erst 1520 beendet. So ist der Einfluss der Spätromanik noch in den Proportionen des Chores erkennbar, das Langhaus eindeutig der Hochgotik zuzuordnen und sind die Westtürme der Spätgotik verhaftet.
Der Kölner Dom wurde ab 1248 nach den Vorbildern der Kathedralen von Amiens und Beauvais gebaut und blieb lange Zeit ein Fragment. Erst 1880 waren, nach 300 Jahren Baustopps, die Westtürme fertig gestellt worden. Auch der gotische Ziergiebel über dem Portal der Hohen Domkirche stammt erst aus dem 19. Jh.
Der Stephansdom in Wien wurde zwischen 1230 und 1245 als romanischer Bau begonnen (Reste sind noch in der Westempore mit ihren Heidentürmen enthalten), ab 1304 errichtete man den dreischiffigen Hallenchor („Albertinischer Chor“, nach ALBRECHT II., 1330–1358, benannt) und ab 1349 das 38,9 m breite Langhaus bereits im Stil der Gotik. 1433 war der Bau des hohen Südturmes (136,7 m) beendet. Ein seit 1450 gebauter Nordturm wurde ab 1511 nicht mehr vollendet. Charakteristisch für das Wahrzeichen Wiens sind die selbstständige seitliche Stellung der Türme sowie das mächtige Steildach mit bunter Ziegelmusterung.
Ein weiteres Beispiel für gotische Kathedralen ist das Münster St. Vincent in Bern. Es ist der bedeutendste Sakralbau der Schweiz. Das Gotteshaus wurde 1421 von MATTHÄUS ENSINGER im Stile der Gotik begonnen. Es verfügt über ein dekoratives Kreuzrippengewölbe im Hauptschiff, über Obergaden und Arkaden.
Norddeutsche Backsteingotik verdankt ihre Existenz dem Mangel an geeignetem Baumaterial. So entstanden originäre, äußerlich weniger reich verzierte Sakral- und Profanbauten, die bis heute das Stadtbild Norddeutschlands prägen. Dekorative Elemente stellen glasierte, verschiedenfarbige bzw. Formsteine dar. Die Backsteingotik konnte sich dank des mittelalterlichen Städtebundes, der Hanse, verbreiten.
Lübeck, als „Königin der Hanse“, war mit seiner Kirche St. Marien Vorbild für weitere Sakralbauten in Wismar, Rostock, Stralsund und darüber hinaus im gesamten Ostseeraum. Das Langschiff von St. Marien ist mit 40 Meter das höchste Backsteingewölbe der Welt und die Kirche selbst die drittgrößte Deutschlands.
Die St. Petrikirche in Rostock ist die älteste Fischerkirche der Stadt. Sie wurde wurde erstmalig 1252 urkundlich erwähnt. Die querschifflose Basilika wurde im Zweiten Weltkrieg stark zerstört und seit den 1960er-Jahren schrittweise wieder aufgebaut. In den 1990er-Jahren erhielt sie wieder ihre 117 m hohe gotische Turmhaube.
Die St. Petrikirche in Rostock wurde im Zweiten Weltkrieg stark zerstört. In den 1990er-Jahren erhielt sie wieder ihre gotische Turmhaube.
Es entstanden nicht nur bedeutende Sakralbauten im Ostseeraum, sondern auch prächtige Profanbauten.
Der „Alte Schwede“ in Wismar ist das älteste erhaltene Bürgerhaus der Stadt (erbaut 1380) und ein bedeutendes Beispiel für die profane Architektur der Backsteingotik. Typisch ist der stufenförmige Pfeilergiebel, der mit glasierten Ziegelsteinen verziert ist. Die unteren Geschosse wurden als Wohnraum genutzt, in den oberen Dachgeschossen befand sich der Speicher. Den Namen erhielt das Haus wegen der zeitweiligen Zugehörigkeit Wismars zu Schweden (1648–1803).
Der „Alte Schwede“ in Wismar ist das älteste erhaltene Bürgerhaus der Stadt (erbaut 1380) und ein bedeutendes Beispiel für die profane Architektur der Backsteingotik. Typisch ist der stufenförmige Pfeilergiebel.
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