Der italienische Maler, Architekt und Begründer der modernen Kunstgeschichtsschreibung GIORGIO VASARI wurde am 30. Juli 1511 in der italienischen Stadt Arezzo geboren. Seine Familie kam aus der Tradition der Töpferkunst. Als Kind erhielt er eine künstlerische Ausbildung bei POLLASTRA und bei dem Glasmaler GUGLIELMO DE MARCILLAT.
Schon in jungen Jahren gewann VASARI die Gunst der Familie MEDICI, die durch weit reichende Handelsverbindungen und Geldgeschäfte zu einer der reichsten Familien im Italien des 15. Jahrhunderts aufstiegen. Dank Kardinal SILVIO PASSERINI, der von Papst CLEMENS VII. zum Lehrer und Erzieher der MEDICI-Erben ernannt worden war, gelangte der junge VASARI als Studiengenosse von IPPOLITO und ALESSANDRO DE' MEDICI nach Florenz.
Er erfuhr eine Erziehung zum gelehrten Hofmann und beschäftigte sich intensiv mit den humanistischen Sprachen und antiquarischen Studien. In den Werkstätten ANDREA DEL SARTOS und BACCIO BANDINELLIS erweiterte VASARI neben seinen literarischen Fähigkeiten ebenso sein Wissen um die Malerei.
Mit dem republikanischen Umsturz von 1527 war VASARI zur Rückkehr in seine Heimatstadt Arezzo gezwungen. Dort erhielt der junge Künstler erste Aufträge und arbeitete ab 1531 erneut als Maler der MEDICI.
Nach der Ermordung von ALESSANDRO DE' MEDICI im Jahre 1537 wurde VASARI Maler des Ordens der Olivetanermönche. In dieser Position unternahm VASARI zahlreiche Reisen, auf denen er Informationen zu den Kunstwerken Italiens sammelte. Seine Aufträge und sein Interesse an Künstlern und deren Werke führten ihn in die oberitalienischen Provinzen, wie Venedig, Mailand, Ferrara und Mantua, aber auch in den Süden bis nach Neapel und mehrfach nach Rom.
Neben den religiösen Orden der Olivetaner und der Camaldulenser waren vor allem einflussreiche Privatmänner wie OTTAVIANO DE' MEDICI, FRANCESO RUCELLAI oder BINDO ALTOVITI die Auftraggeber VASARIS. ALTOVITI vermittelte ihm einen Auftrag von Kardinal ALESSANDRO FARNESE und bereitete VASARI den Weg in die gelehrten Kreise und römischen Abendgesellschaften, in denen Historiker wie PAOLO GIOVIO, Literaten wie ANNIBALE CARO oder andere bildende Künstler verkehrten. 1555 wurde VASARI zum Kunstintendanten von Herzog COSIMO I. DE' MEDICI berufen.
GIORGIO VASARI: „Der Prophet Elieser“;um 1566, Öl auf Holz,
40 × 29 cm;Florenz, Galleria degli Uffizi.
Seine Gemälde und Fresken orientieren sich stilistisch an der Körperhaftigkeit MICHELANGELOs und werben für die Vorrangstellung der Zeichnung gegenüber der Farbe. Inhaltlich beschäftigte sich VASARI meist mit humanistischen Allegorien.
Als Architekt stand VASARI unter dem Einfluss seines genialen Zeitgenossen MICHELANGELO BUONARROTI. Als Hofkünstler von COSIMO I. DE' MEDICI übernahm VASARI den Umbau und die Ausstattung des Palazzo Vecchio zur fürstlichen Residenz.
Er war an der Neugestaltung der Dominikanerkirche Santa Maria Novella beteiligt und leitete die Umbaumaßnahmen im Inneren der Kirche Santa Croce. Auch sein eigenes Haus in Arezzo entwarf und dekorierte VASARI selbst. In Arezzo befindet sich ebenso der von ihm geplante Palazzo delle Logge.
Das wohl bekannteste Bauwerk von VASARI ist der Palazzo degli Uffizi in Florenz. Dieser Gebäudekomplex war im Zeitraum von 1559–1581 errichtet worden und diente ursprünglich der Unterbringung von Ministerien und Ämtern. VASARI hatte den Bau im Auftrag des Großherzogs COSIMO I. DE' MEDICI begonnen, starb jedoch vor der Fertigstellung. Die Arbeiten wurden unter der Leitung des Architekten BERNARDO BUONTALENTI zu Ende geführt.
Durch vorgesetzte Fassaden vereinheitlichte VASARI die Ansammlung alter und neuer Gebäude. Es entstand ein von zwei beinahe identischen Fassaden flankierte Platz, der die Piazza Signoria und das Arnoufer verbindet. Heute beherbergen die Uffizien eine der bedeutendsten Kunstsammlungen Europas mit Werken von der Antike bis zum Spätbarock.
GIORGIO VASARI war Künstler und gelehrter Hofmann, der sein ganzes Leben in literarischen, künstlerischen und historisch bewanderten Kreisen verkehrte. Vor allem aber war VASARI ein Kunstkenner, der sich für Maler, Bildhauer und Architekten seiner Zeit nicht nur interessierte, sondern auch als erster die Künstler und ihr Werk, ihr Leben und ihr Schaffen schriftlich festhielt.
Im Jahre 1550 veröffentlichte er mit seinem Buch „Le Vite de' più eccellenti architetti, pittori et scultori italiani, da Cimabue insino a' tempi nostri.“ („Die Lebensgeschichten der hervorragendsten italienischen Architekten, Maler und Bildhauer, von CIMABUE bis in unsere Zeit“) ertmals ein Werk, welches Geschichte und Kunst verbindet und versucht deren Entwicklung darzustellen. Achtzehn Jahre später brachte VASARI sein Werk in einer überarbeitenen Version erneut heraus.
Die Zahl der Biografien war von 142 auf 159 angestiegen, zwei Sammelviten über flämische und weitere italienische Künstler wurden hinzugefügt und jede Vita um ein Holzschnitt mit dem Porträt des Künstlers bereichert. Die erweiterte und heute üblicherweise konsultierte Ausgabe von 1568 beinhaltet neben der Biografie MICHELANGELOS und anderer bedeutender Maler seiner Zeit – darunter CIMABUE, GIOTTO, BRUNELLESCHI, TIZIAN, PONTORMO, DONATELLO, MASACCIO, RAFFAEL und LEONARDO – auch VASARIs Autobiografie.
Heute gilt die schlicht „Viten“ genannte Sammlung von Künstlerbiografien als wichtigste Informationsquelle über die Künstler der italienischen Renaissance.
Neben seiner Arbeit als Maler, Architekt und Denkmalpfleger, sammelte VASARI über Jahre hinweg Material für seine umfassenden biografischen Betrachtungen. Als gebildeter Humanist mit tiefer Kenntnis der kunsthistorischen und kunsttheoretischen Schriften seiner Zeit und der Vergangenheit fand er Zugang zu den notwendigen Unterlagen. Zudem pflegte er als erfolgreicher Künstler im Dienste von COSIMO DE MEDICI, dem Fürsten von Florenz, mit einigen der biografisierten Personen persönlichen Kontakt. Auf seinen zahlreichen Reisen durch Italien verschaffte sich VASARI einen genauen Überblick über deren oft weit verstreute Werke und lernte diese so mit eigenen Augen kennen.
Mit der Gründung der „Accademia del Disegnio“ im Jahre 1563 setzte VASARI den in den Viten ansatzweise formulierten Gedanken einer Künstlerausbildung in die Praxis um. Die in Florenz befindliche Einrichtung war die erste offizielle Künstlerakademie der Neuzeit.
In den Schriften VASARIs hat die Epochenbezeichnung „Renaissance“ für die Zeit von 1400–1600 ihre Wurzel. VASARI sprach in seinen „Viten“ von der „Rinascità“, der Wiedergeburt der Kunst aus dem Geiste der Antike heraus. Er meinte damit die durch Überwindung des Mittelalters wiedererstehende „gute Kunst“, die sich erstmals seit der Antike wieder am Naturbild orientierte.
Auch der Begriff „Manierismus“ geht auf GIORGIO VASARI zurück, der den Spätstil von MICHELANGELO als die vorbildliche „maniera“ benannte, den sich die Künstler seiner Zeit zum Vorbild nehmen sollten. Er sprach von der „maniera greca“ als dem aller realistischen Tendenzen entfremdeten Stil des Mittelalters, der durch die Renaissance überwunden wurde.
Zu den grundlegenden Kennzeichen des Manierismus gehören: der Weg vom Endlichen, fest Begrenzten zur Darstellung des Unendlichen. In der Architektur zeigt sich dies durch die Schöpfung langer schmaler Raumfluchten, die oftmals den Blick in unbestimmbare Weite führen. Die von VASARI entworfene Anlage der Uffizien in Florenz ist die architektonische Umsetzung dieses Prinzips.
Als Hofkünstler des Großherzogs von Florenz kam GIORGIO VASARI für den Rest seines Lebens eine bedeutende Rolle im gesellschaftlichen und akademischen Leben zu. Er starb am 27. Juni 1574, als er noch mit den Malarbeiten in der Domkuppel in Florenz beschäftigt war.
GIORGIO VASARI: Porträt der Nicolosa Bacci und der Edeldame aus Arezzo;um 1535–1540,
Fresko;Arezzo, Casa Vasari.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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