Edvard Munch

Edvard Munch – norwegischer Maler und Grafiker

Der norwegische Maler und Grafiker EDVARD MUNCH wurde am 12. Dezember 1863 in Løten (Provinz Hedmark) als Sohn des Arztes CHRISTIAN MUNCH und seiner Frau LAURA CATHRINE geboren. Im folgenden Jahr übersiedelte die Familie nach Oslo, das zu der Zeit noch Christiania bzw. ab 1877 Kristiania hieß.

1868, als EDVARD MUNCH fünf Jahre alt war, starb die Mutter an Tuberkulose; ihre Schwester KAREN BJØLSTAD führte von nun an den Haushalt weiter. Die Tante, die selbst künstlerische Ambitionen hatte, förderte EDVARD MUNCHs zeichnerisches und malerisches Talent. 1877 starb EDVARDs Schwester SOPHIE im Alter von fünfzehn Jahren.

Diese frühen Erfahrungen mit dem Tod in der eigenen Familie werden in EDVARD MUNCHs künstlerischer Arbeit ein Leben lang gespiegelt.

1879 besuchte MUNCH die technische Schule in Oslo, um Ingenieur zu werden. Doch brach er diese Schulbildung bald ab und begann eine künstlerische Ausbildung an der Zeichenschule in Kristiania.

Sein Künstlerkollege CHRISTIAN KROGH unterrichtete und korrigierte ihn darüber hinaus. Bereits ab 1883/84 war MUNCH selbstständig künstlerisch tätig und beteiligte sich auch an Ausstellungen in Kristiania.

1885 reiste MUNCH mittels eines Stipendiums erstmals nach Paris. Bei einem zweiten Aufenthalt in der französischen Metropole 1889 nahm er Zeichenunterricht bei LÉON BONNAT und setzte sich mit den Werken der französischen Impressionisten auseinander. Besonders beeindruckten ihn VINCENT VAN GOGH, PAUL GAUGUIN und die Kunst der Symbolisten. Auch Anregungen des Jugendstils nahm er auf.

Ab 1889 verbrachte MUNCH die Sommermonate häufig in Aasgaardstrand am Oslofjord; in den Wintern 1890 und 1891 unternahm er längere Reisen nach Frankreich.

1892 zeigte MUNCH 55 seiner Werke in Berlin auf Einladung des Vereins Berliner Künstler. Diese Ausstellung rief heftige Kontroversen hervor: Am Impressionismus geschulte Kritiker und Malerkollegen spotteten über MUNCHs Bilder. Die Ausstellung musste bereits nach einer Woche geschlossen werden. Sie ging zwar weiter nach Düsseldorf und Köln und auch wieder zurück nach Berlin, doch war der Berliner „Munch-Skandal“ wesentliche Voraussetzung für die Gründung der Berliner Sezession und hinterließ seine Spuren in der Biografie des Künstlers.

Zwischen 1892 und 1907 lebte MUNCH gleichwohl die meiste Zeit des Jahres in Berlin, unterbrochen von Sanatoriumsaufenthalten in Norwegen und in der Schweiz. In Berlin hatte MUNCH Kontakt zu den Literatenkreisen um RICHARD DEHMEL und STANISLAW PRZYBYSZEWSKI. Er schuf neben zahlreichen Ölbildern Wandfriese und Bühnenbildentwürfe.

1908 kam MUNCH wegen eines Nervenzusammenbruchs in die Klinik nach Kopenhagen. In den darauf folgenden Jahren reiste er viel durch deutsche und französische Städte, bevor er 1916 im norwegischen Skøyen nahe Oslos den Landsitz Ekely erwarb, wo er sich bis zu seinem Tod die meiste Zeit aufhalten sollte.

MUNCH hatte als Wegbereiter des Expressionismus vor allem die Kunst in Deutschland maßgeblich beeinflusst und hier auch einen großen Wirkungskreis entfaltet. 1937 wurden seine Werke in deutschen Museen als „entartet“ beschlagnahmt.

Am 23. Januar 1944 starb MUNCH in Ekely.

Krankheit, Tod und Leidenschaften in symbolistischen Bildwelten

Krankheit und Tod in der Familie prägten die Kindheit EDVARD MUNCHs. Jene Erlebnisse finden sich widergespiegelt in den frühen Werken des Künstlers, eindrucksvoll zunächst in „Das kranke Kind“ (1885/86 entstanden, in den 1890er-Jahren überarbeitet; Oslo, Nasjonalgalleriet). Modell für das Kind war die elfjährige BETZY NIELSEN, der der junge Künstler begegnete, als er seinen Vater, einen Arzt, auf einem Krankenbesuch begleitete. Vorbild für die Frau im Bild rechts war MUNCHs Tante KAREN BJØLSTAD, die nach dem Tod der Mutter den Haushalt führte, in dem der junge EDVARD aufwuchs. Mit malerischen Mittel erinnert sich MUNCH hier an den Tod der Schwester. Sie starb 1877 an Tuberkulose, wie bereits neun Jahre zuvor MUNCHs Mutter dieser Krankheit erlegen war. Auch in „Das Sterbezimmer“ (1892–1895; Oslo Nasjonalgalleriet) verarbeitete MUNCH seine traumatischen Erlebnisse.

Erfahrungen, die man außerhalb der als gültig angesehenen moralischen Normen machen konnte, werden bei den Malern des Symbolismus in ihrer künstlerischen Beschäftigung mit Liebe und Sexualität gespiegelt – thematisiert im Bild der Frau. Sie erscheint als „Femme fragile“ und als „Femme fatale“, als anbetungswürdig madonnenhaft oder als verdammenswert, lasterhaft, dämonisch und Männer mordend. Mit „Madonna“ (1894; Oslo, Munch-Museet), einer Frauenfigur mit entblößtem Oberkörper, über den das dunkle lange Haar fließend fällt, und die mit verzückter Geste den Kopf nach hinten geworfen hat und sich lasziv dem Betrachter präsentiert, hat MUNCH eine charakteristische Bildfindung dazu vorgelegt.

1898 begegnete MUNCH vermutlich erstmals TULLA LARSEN, mit der ihn einige Jahre eine heftige Liebesbeziehung verband. 1902 löste sich bei einem Streit mit TULLA LARSEN in der Hand des mit einer Pistole hantierenden Künstlers ein Schuss, der MUNCH ein Fingerglied abriss. Diese Verletzung fand vor allem in den sogenannten Marat-Bildern (um 1907/08), die sich an das Schicksal des durch die junge CHARLOTTE CORDAY ermordeten französischen Revolutionshelden JEAN PAUL MARAT, das JACQUES-LOUIS DAVID 1793 eindrucksvoll gestaltete, anlehnten (Brüssel, Musées Royaux des Beaux-Arts), in MUNCHs Werk ihren Niederschlag.

MUNCHs Radierungen, Lithografien und Holzschnitte, die allesamt menschliche (Grenz-)situationen wie Angst und Verzweiflung, Krankheit und Tod, Liebe und Erotik thematisieren, zählen zu den bedeutenden und einflussreichen Kunstwerken des 20. Jahrhunderts.

„Der Schrei“ – MUNCH als Wegbereiter des Expressionismus

Seit 1889 besaß EDVARD MUNCH in Aasgaardstrand, einem kleinen Fischerdorf an einem Fjord außerhalb Oslos, ein Sommeratelier, bevor er dort 1897 ein eigenes kleines Haus erwarb. Den steinigen Küstenstreifen machte MUNCH 1893 zu einem modernen Landschaftssymbol existentieller Entfremdung – der Strand bildete die Vorlage für das weltberühmte Gemälde „Der Schrei“ (1893; Oslo, Nasjonalgalleriet).

Planken und Geländer einer Holzbrücke stoßen in überstürzter Perspektive diagonal auf den Betrachter zu. Eine schaurige Gestalt mit einem totenkopfartigen Gesicht mit tiefen, leeren Augenhöhlen und weit aufgerissenem Mund, die Hände an die Ohren gelegt, kommt auf dieser Brücke direkt auf den Betrachter zu. Mit den Fluchtlinien wird der Blick des Bildbetrachters wie in einem Sog nach hinten gezogen: auf zwei geheimnisvolle schwarze Gestalten in Rückenansicht – sind sie als Sargträger zu interpretieren? – und die apokalyptische Landschaft in intensiven Gelb- und Rottönen.

In „Der Schrei“ wird eine Weiterentwicklung von MUNCHs Bildfindung „Verzweiflung“ von 1891/92 gesehen, in der der Künstler sich wohl selbst darstellte. Die blutroten Wolken über dem Horizont und der Küstenlandschaft unter der Brücke erscheinen wie eine symbolische Darstellung des Künstlerschicksals:

„Mein ganzes Leben lang bin ich am Rande eines bodenlosen Abgrundes entlanggegangen …“.

Rettung erhoffte sich MUNCH von seiner Kunst, die dem Symbolismus zugerechnet werden kann. Die emotionale Ausdruckskraft und die Starkfarbigkeit der Bildwelt, wie sie „Der Schrei“ beispielhaft vor Augen führt, ließen EDVARD MUNCH aber auch zu einem Wegbereiter des Expressionismus werden, lange bevor die Stilbezeichnung in Kunst und Kunstgeschichte Eingang fand.

Am 22. August 2004 wurde die eine Version des weltberühmten Bildes aus dem Munch-Museum in Oslo gestohlen. Sie gilt bis heute als vermisst. Bereits 1994 war bei einem spektakulären Kunstraub eine andere Fassung des Bildes aus der Nationalgalerie in Oslo entwendet worden, die aber drei Monate später in einem norwegischen Hotel wieder auftauchte.

EDVARD MUNCH: „Der Schrei“;1893; Oslo, Nasjonalgalleriet.

EDVARD MUNCH: „Der Schrei“;1893; Oslo, Nasjonalgalleriet.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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