Diego Velázquez

Stationen des spanischen Hofmalers DIEGO VELÁZQUEZ

DIEGO VELÁZQUEZ (eigentlich Diego Rodriguez de Silva y Velázquez) wurde als erster Sohn eines dem niederen portugiesischen Adel angehörenden Vaters und einer aus dem spanischen Sevilla stammenden Mutter am 6. Juni 1599 geboren.

Nach einer kurzen Lehrzeit bei FRANCISCO DE HERRERA, einem bedeutenden Vertreter der barocken Malerschule in Sevilla, trat er als Lehrling in die Werkstatt seines späteren Schwiegervaters FRANCISCO PACHECO ein.

Von PACHECO, dem humanistisch gebildeten Verfasser des Malerei-Traktates „El Arte de la Pintura“ (1649; „Die Kunst der Malerei“), einem der wichtigsten Malereitraktate Spaniens, lernte der junge VELÁZQUEZ die künstlerischen Techniken und wurde in den Themen der christlichen Ikonografie geschult. PACHECOS Haus in Sevilla war auch ein Treffpunkt für Gelehrte und Literaten, was VELÁZQUEZ entscheidend prägte.

1617 legte er die Meisterprüfung ab und wurde in die Malergilde der Stadt Sevilla aufgenommen. In seiner Frühzeit in Sevilla malte VELÁZQUEZ vor allem von den Licht- und Schatteneffekten des italienischen Künstlers CARAVAGGIO beeinflusste Genreszenen.

So „Die alte Köchin“ (1618), ein sogenanntes Bodegón, die spanische Variante des Küchenstücks, Darstellungen alltäglicher Küchenszenen oder Wirtshausszenen, in denen Menschen des einfachen Volkes mit stilllebenartigen Darstellungen verbunden wurden.

Diego Velázquez - Die Alte beim Eierbraten

Bisweilen verknüpfte er auch Genreszenen mit religiösen Inhalten, wie in „Christus im Hause von Martha und Maria“ (um 1618).

Velázquez, Diego - Christus im Hause von Maria und Martha

1623 berief ihn GRAF VON OLIVARES, der leitende Minister des spanischen Königs PHILIPPs IV., an den Hof nach Madrid. Mit höfischen Porträts, die in gemessener Haltung und Schwarz-Weiß-Tönen der spanischen Tradition entsprachen, erlangte er die Gunst des Königs. Anregungen für seine Malerei erhielt er um 1628 durch die Begegnung mit dem in Madrid in diplomatischer Mission weilenden flämischen Maler PETER PAUL RUBENS und durch einen ersten Italienaufenthalt.

Eine zweite Italienreise zwischen 1649 und 1651 führte ihn nach Venedig und Rom. Eigentlich mit dem Auftrag versehen, für den spanischen König Gemälde und Abgüsse antiker Kunstwerke zu erwerben, schuf er in diesen Jahren aber auch sein berühmtes Bildnis des Papstes INNOZENZ X. (1650), ein eindrucksvolles Charakterporträt des machtbewussten Kirchenfürsten und eines der Meisterwerke des Jahrhunderts.

D. Velázquez - Innozenz X.

VELÁZQUEZ' Karriere am spanischen Hof erreichte ihren ersten Höhepunkt 1643, als er zum königlichen Hofmaler ernannt wurde. 1652 erfolgte die Berufung zum Hofmarschall, 1658 wurde er in den Ritterstand erhoben. Dieser Werdegang war in Spanien außergewöhnlich, weil hier die Maler im 17. Jahrhundert noch den gesellschaftlichen Rang von Handwerkern innehatten. So gilt er als bedeutendster Maler des „Sigle d'oro“, des 17. Jahrhunderts in Spanien.

Gemalte Geschichte

Für die Innenausstattung des östlich von Madrid gelegenen Schlosses Buen Retiro, den PHILIPP IV. 1632 anlässlich der Geburt des Thronfolgers BALTASAR CARLOS ausbauen ließ, bestellte der König Hunderte von Gemälden, vor allem bei VELÁZQUEZ, aber auch bei anderen spanischen und italienischen Künstlern. Diese Gemälde befinden sich heute zum großen Teil im Museo del Prado in Madrid. So „Die Übergabe von Breda“ (1635), jenes Gemälde, das auch mit dem Titel „Las Lanzas“ („Die Lanzen“) in die Kunstgeschichte eingegangen ist und das neben zwölf anderen Schlachtengemälden die jüngsten Siege der spanischen Armee dokumentierte und verherrlichte.

Velázquez, D. - Die Übergabe von Breda

Dargestellt ist die Kapitulation Flanderns nach Monaten langer Kämpfe: Am 2. Juni 1625 übergab JUSTIN VON NASSAU den spanischen Truppen unter AMBROGIO SPINOLA die Festung.

VELÁZQUEZ schildert eine Schlüsselübergabe, die so nie stattgefunden hat. Gleichwohl handelt es sich hier um ein Historienbild oder streng genommen um ein Ereignisbild, weil ein geschichtlich genau bestimmbares Ereignis gezeigt wird und es damit von mythologischen und religiösen Szenen, die noch der Gattung Historienbild zugerechnet werden, abzugrenzen ist.

Der Maler der Königsfamilie sowie der Narren und Zwerge

Im Auftrag des spanischen Hofes schuf VELÁZQUEZ unzählige Einzel- und einige Gruppenbildnisse. Dazu gehören die in traditioneller Weise erstellten Porträts wie die des Königs PHILIPPs IV. (1623/28)

Maler Diego Velázquez - Philipp IV.

oder des Infanten DON CARLOS (1628) und die Kinderbildnisse der Infantinnen und Prinzen mit ihren durch außergewöhnliche Beherrschung der Maltechnik schimmernden und glänzenden Kleidern und Gewändern („Infantin Margarete“, 1659; „Prinz Felipe Prospero“,1659; wie auch „Prinz Baltasar Carlos zu Pferde“, 1634/35).

Maler D. Velázquez - Prinz Baltasar Carlos zu Pferd

Zahlreiche Porträts von Mitgliedern der Königsfamilie als sogenannte Jagdbildnisse entstanden aus der Hand VELÁZQUEZ' („Philipp IV. als Jäger“, 1632/33; „Kardinalinfant Don Ferdinand als Jäger“, 1632/33; „Prinz Baltasar Carlos als Jäger“, 1635/36). Dabei erweist sich VELÁZQUEZ auch als herausragender Maler von Hunden, die er in ihren Charakteren und ihren typischen Erscheinungen erfasst, wie wohl kein anderer Künstler.

Maler Velázquez, Diego - Prinz Balthasar Carlos als Jäger

Das bekannteste und zugleich rätselhafteste Bildnisgemälde VELÁZQUEZ' und eines der Kunstgeschichte überhaupt ist „Las Meninas“ („Die Hoffräulein“, 1656).

Im Mittelpunkt des Gemäldes steht die fünfjährige Infantin MARGARITA, die den Betrachter geradezu fixiert. Sie ist umgeben von Hofdamen, Hofzwergen und Bediensteten. Zu ihrer Rechten arbeitet ein Maler – VELÁZQUEZ selbst – an einer großen Staffelei und blickt ebenfalls den Betrachter an. Tatsächlich aber gilt sein Interesse wohl dem Königspaar PHILIPP IV. und seiner zweiten Frau MARIA ANNA VON ÖSTERREICH. Sie erscheinen im Bildhintergrund in einem Spiegel, der an der Rückwand des Raumes hängt, durch dessen geöffnete Tür der Hofmarschall auf die Szene blickt.

Diego Velázquez Maler - Selbstporträt mit der königlichen Familie

Die Fragen, die das Bild aufwirft, sind: Porträtiert VELÁZQUEZ das Königspaar oder die Infantin MARGARITA? Oder ist es eine selbstbewusste Selbstdarstellung des Künstlers bei der Arbeit? Schon die Zeitgenossen bewunderten das Gemälde und Künstler der nachfolgenden Jahrhunderte setzten sich immer wieder damit auseinander. Höhepunkt der künstlerischen Beschäftigung mit diesem Gemälde bildet PABLO PICASSOs in den Jahren 1957/58 entstandener ca. 58-teiliger Bildzyklus.

Narren und Zwerge wurden in „Las Meninas“ in prominente Positionen als zum Hofstaat gehörende gebracht. VELÁZQUEZ würdigte so ihre Rolle am Hof. Auch durch zahlreiche Einzelporträts, wie in „Hofzwerg Francisco Lezcano“ (um 1644) und „Zwerg auf dem Boden sitzend“ (um 1645) weist er auf die Rolle der Zwerge und Narren am spanischen Hof hin.

D. Velázquez Maler - Hofzwerg mit Hund

Im Verlauf seiner Porträtmalerei im Auftrag des Hofes wandelte sich die Malweise des Künstlers: Von der kontrastreichen Hell-Dunkel-Malerei mit den klaren und scharfen Konturen gelangte VELÁZQUEZ zu einer geradezu impressionistisch zu bezeichnenden Weise des Farbauftrags.

Kleine, leicht oder pastos aufgetragene Farbakzente lockerte er durch Bindungen mit Weißtönen auf und erzielte damit eine unvergleichliche Wirkung der Stofflichkeit und Materien.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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