Versailles

Das Schloss in Versailles am Rande von Paris ist ein imposantes Zeugnis der absolutistischen Herrschaft LUDWIGS XIV. Die Bauarbeiten begannen im Anschluss an den Regierungsantritt des Sonnenkönigs 1661. Empört über das pompöse Schloss, das sich NICOLAS FOUQUET, ehemaliger Finanzminister unter MAZARIN, hatte errichten lassen, beschloss LUDWIG XIV., seine überragende Stellung durch den Bau dieser Residenz ganz Frankreich vor Augen zu führen. Während er FOUQUET verhaften ließ, beauftragte er dessen Architekten LOUIS LE VAU mit dieser Aufgabe.

Das Schloss im Bau

Gebaut wurde in Versailles, einem Dorf, das – umgeben von ausgedehnten Wäldern – etwa 20 km von Paris entfernt lag. Dort befand sich bereits das Jagdschloss seines Vaters, LUDWIGS XIII. Bis 1668 wurde es in einer ersten Phase vergrößert und ausgebaut, erwies sich aber bald als deutlich zu klein, um die Regierung und den gesamten Hofstaat zu beherbergen. So entstanden in einem zweiten Bauabschnitt weitere Anbauten, die nach dem Tod von LE VAU unter der Leitung der Architekten D'OBRAY und HARDOUIN-MANSART errichtet wurden.
Die Baumaßnahmen und die damit verbundenen Kosten waren immens. Zwischen 1661 und 1689 arbeiteten bis zu 36 000 Menschen auf dem Gelände, wobei nicht wenige am Sumpffieber erkrankten und starben. Zur Anlieferung der Baumaterialien wurden 6 000 Pferde eingesetzt. Auf diese Weise entstanden nach und nach die beeindruckende Spiegelgalerie, der Nord- und Südflügel, die Orangerie, die Stallungen und Wirtschaftsgebäude.

Mit der Fertigstellung der Kapelle 1710, die vom spiegelbildlichen Grundriss der gesamten Anlage abweicht, waren die Bauarbeiten weitestgehend abgeschlossen. Bis dahin hatte der Bau des Schlosses 70 Millionen Pfund – eine durchschnittliche Jahreseinnahme Frankreichs – verschlungen.

Das Zentrum der Macht

Das Barockschloss beeindruckt durch seine Größe und streng geometrische Konstruktion. Zugleich betont die symmetrische Architektur die zentrale Stellung des Monarchen, dessen Schlafzimmer sich exakt in der Mitte des Schlosses befand und morgens von der aufgehenden Sonne erhellt wurde.
Am 6. Mai 1682 löste Versailles als offizieller Regierungssitz den Pariser Louvre ab. In den rund 2 000 Räumen lebte und arbeitete von da an der aus Ministern, Beamten und adligen Familien bestehende Hofstaat, der bis zu 20 000 Personen umfasste. Allein für ihre Verköstigung wurden 338 Köche angestellt. Während noch hundert Jahre zuvor die französischen Könige zur Sicherung ihres Herrschaftsgebietes das ganze Land bereisten, um aufständische Adlige und Übergriffe feindlicher Staaten zu bekämpfen, war es LUDWIG XIV. gelungen, sämtliche einflussreichen Kräfte Frankreichs an einem Ort zu versammeln und damit auch zu kontrollieren. Jeder, der auf die Politik des absolutistischen Staates einwirken wollte, musste sich am Versailler Hof aufhalten und sich dem strengen Zeremoniell unterwerfen.
Um die Gunst des Königs zu gewinnen – etwa als besondere Auszeichnung kurze Zeit den Leuchter bei der Abendtoilette LUDWIGS halten zu dürfen –, überboten sich die Adligen in ihrem aufwendigen Lebensstil. Oftmals gaben sie ihre Landgüter auf und gerieten so in immer stärkere Abhängigkeit von den Hofämtern, die ihnen der König verliehen hatte. Im Unterschied zur königlichen Familie mit ihren zahlreichen komfortablen Gemächern lebten sie zudem sehr beengt. Außer der Enge trugen auch die mangelhaften sanitären Einrichtungen (Nachttopf und Nachtstuhl) zur Verschmutzung des Schlosses bei.
Dagegen bestach Versailles durch seine prunkvolle Architektur und Ausstattung, die monumentalen Außenfassaden und prächtig gestalteten Säle, in denen sich der Hofstaat versammelte und so den Glanz des absoluten Monarchen stets vor Augen hatte. Durch rauschende Feste und kulturelle Veranstaltungen erhob LUDWIG XIV. Versailles zum künstlerischen Zentrum Frankreichs für alle ihm ergebenen Künstler.

Am Hof ließen sich bedeutende Schriftsteller wie CORNEILLE, MOLIÈRE und RACINE nieder, deren Stücke von der 1680 als königliche Theatergruppe gegründeten Comédie Française in Versailles aufgeführt wurden.
In seinen „Denkwürdigkeiten“ schildert der Herzog von SAINT-SIMON das höfische Leben unter LUDWIG XIV. in folgenden Worten:

„In allem liebte er Glanz, Verschwendung, Fülle. Es war wohlberechnet, daß er die Sucht, ihm hierin nachzueifern, in jeder Weise begünstigte. Er impfte sie seinem ganzen Hofe ein. Wer alles draufgehn ließ für Küche, Kleidung, Wagen, Haushalt und Spiel, der gewann sein Wohlwollen ... Indem er so den Luxus gewissermaßen zur Ehrensache und für manche zur Notwendigkeit machte, richtete er nacheinander alle zugrunde, bis sie schließlich einzig und allein von seiner Gnade abhingen.“

Versailles als Gesamtkunstwerk

Der Anspruch LUDWIGS XIV., die Künste ganz in den Dienst der königlichen Herrschaft zu stellen, kommt in Versailles natürlich besonders gut zum Ausdruck. Die um das Schlafgemach des Sonnenkönigs gruppierten Räume sind mit allegorischen Darstellungen der Planeten verziert. Die Sonne als Symbol seiner absoluten Macht ist allgegenwärtig und schmückt z. B. das Gitter des Schlosshofes.
Die künstlerische Ausgestaltung Versailles hatte LUDWIG dem Leiter seiner „Königlichen Akademie der Malerei und Bildhauerei“ CHARLES LE BRUN anvertraut. Dessen Aufgabe bestand darin, mit seinen Schülern in zahlreichen Decken- und Wandgemälden, auf Gobelins und anderen Kunstwerken den König von Gottes Gnaden zu verherrlichen. Nach dem Frieden von Nimwegen 1679 schuf LE BRUN in der Spiegelgalerie 30 Wandbilder, in denen LUDWIG als römischer Imperator, siegreicher Feldherr und großer Staatslenker Frankreichs dargestellt wurde. Darüber hinaus vergab LUDWIG Aufträge für 3 000 Gemälde an die Künstler seiner Zeit.
Die Westfront des Schlosses öffnet sich der riesigen, von ANDRÉ LE NÔTRE geschaffenen Parkanlage. Zu ihrer Gestaltung wurde zunächst das sumpfige Gelände durch Entwässerungsgräben von 170 km Länge trockengelegt. Um Platz für die nach dem Vorbild Venedigs entworfenen Kanäle zu schaffen, rissen die Arbeiter ganze Dörfer ab. LE NÔTRES Parkgestaltung prägte die für das Europa des 17. und 18. Jh. vorbildliche französische Gartenbaukunst.
Auf der Hauptachse, die als Verlängerung des zentralen Königszimmers den Park teilt, wird der Sonnenmythos durch die den römischen Gott Apoll darstellenden Statuen thematisiert. Nach den Regeln der Geometrie zweigen von dort rechtwinklig und diagonal weitere Wege ab. Dazwischen befinden sich Blumenbeete und kunstvoll gestutzte Büsche. Die Hauptachse führt auf den großen Kanal, dessen Wasser über ein kompliziertes Leitungssystem mit Pumpstationen aus der Seine eingespeist wird. Zu beiden Seiten dieses Kanals liegt der größere, zur Jagd genutzte englische Teil des Parks.
Nördlich vom seitlichen Ausläufer des Kanals hatte LUDWIG XIV. auf dem Boden des von ihm erworbenen und daraufhin abgerissenen Dorfes Trianon für sich und seine Familie ein Refugium errichten lassen. Diese ebenfalls Trianon genannte Pavillonanlage diente ihm dazu, sich vom strengen Hofzeremoniell zurückzuziehen. Das Trianon wurde mehrfach umgebaut und durch seinen Nachfolger LUDWIG XV. um ein kleines Trianon ergänzt. Der berühmte Naturwissenschaftler BERNARD DE JUSSIEU unterhielt auf dem im französischen Stil gestalteten Garten sein Gewächshaus. Ebenfalls auf dem Gelände befindet sich die auf Veranlassung MARIE ANTOINETTES, der Frau LUDWIGS XVI., geschaffene Kopie eines kleinen Dorfes nach Bauart der Normandie.

Bis zum Ausbruch der Revolution 1789 residierten die Bourbonen – zuletzt LUDWIG XVI. mit seiner Frau MARIE ANTOINETTE – in Versailles. Nachdem NAPOLÉON BONAPARTE in Frankreich die Macht übernommen hatte, wurden einige von ihm genutzte Räumlichkeiten im Empire-Stil neu eingerichtet. Seit 1837 wird Versailles – mit Ausnahme der Zeit der Pariser Kommune – als Museum genutzt.
Doch verbinden sich mit Versailles weitere, das deutsch-französische Verhältnis kennzeichnende Ereignisse. Nach dem Deutsch-Französischen Krieg, der 1871 mit der Niederlage Frankreichs endete, wurden im Spiegelsaal des Versailler Schlosses WILHELM I. zum deutschen Kaiser ausgerufen, die deutsche Reichsgründung vollzogen und der vorläufige Friedensvertrag ausgehandelt.
Als das Deutsche Reich im Ersten Weltkrieg unterlag, fand am 28. Juli 1919 in ebendiesem Spiegelsaal die Unterzeichnung des Versailler Vertrages statt, in dem mit der Anerkennung der deutschen Kriegsschuld die Entmilitarisierung Deutschlands, Gebietsverluste und Reparationszahlungen festgelegt wurden.

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