Tycho Brahe

Kindheit und Jugend

TYCHO BRAHE wurde am 14. Dezember 1546 in Knudstrup, einem Dorf bei Lund im südschwedischen Schonen, das damals noch zum Königreich Dänemark gehörte, geboren. Im Alter von einem Jahr kam TYCHO BRAHE zu seinem Onkel JÖRG BRAHE nach Tostrup, der von diesem Zeitpunkt an auch die Erziehung übernahm. Mit sieben Jahren lernte BRAHE durch einen Privatlehrer die lateinische Sprache und wurde somit auf das Studium in Kopenhagen vorbereitet. Die dortige Universität besuchte er von 1559 bis 1562, wo er sich nach dem Willen des Onkels vor allem mit Rhetorik und Philosophie beschäftigte, da er die Laufbahn eines Staatsmannes einschlagen sollte.

Frühe astronomische Studien

BRAHEs Interessen lagen aber hauptsächlich auf den Gebieten der Mathematik und der Astronomie. Seine Neigung zur Astronomie wurde nachhaltig durch die Beobachtung der partiellen Sonnenfinsternis am 21. August 1560 geweckt. BRAHE war so von der Genauigkeit der Vorhersage begeistert, dass er sich mit der theoretischen Astronomie zu beschäftigen begann. Er kaufte eine Ausgabe der ptolemäischen Werke, die noch heute in der Prager Universitätsbibliothek existiert und mit vielen Randnotizen von BRAHE versehen ist. Sein Onkel schickte ihn ab 1562 mit einem Betreuer auf ausländische Universitäten. BRAHEs wissenschaftliche Studien begannen in Leipzig, wo er sich hauptsächlich mathematischen und astronomischen Studien widmete. BRAHE verwandte den größten Teil seines Geldes für den Kauf astronomischer Bücher und Instrumente. Seine Beobachtungen musste er heimlich durchführen. Die ersten astronomischen Vermessungen führte er am 17. und 24. August 1563 während der Konjunktion von Saturn und Jupiter durch. Schon hierbei erkannte er, dass die Ephemeriden nach den Alfonsinischen Tafeln, die nach der ptolemäischen Theorie berechnet waren, von den Prutenischen Tafeln, die die Planetendaten des KOPERNIKUS zur Grundlage haben, sehr stark abweichen.

Studienjahre und Ausbildungsreisen

Mit gleichem Eifer wie die Astronomie betrieb er auch das Studium der Chemie und der Arzneiwissenschaft. In Leipzig wurde er u.a. mit BARTHOLOMÄUS SCULTETUS (1540-1614), dem späteren Bürgermeister von Görlitz, bekannt, mit dem er in der Folgezeit im astronomischen Briefwechsel stand. Da 1565 der Krieg zwischen Dänemark und Schweden ausbrach, forderte sein Onkel, dass BRAHE mit seinem Betreuer in die Heimat zurückkehren sollte. Sie reisten über Wittenberg und Rostock nach Kopenhagen.
Nach dem Tod des Onkels verließ er 1566 Dänemark wieder, da die astronomischen Studien von seiner adligen Familie abgelehnt wurden. BRAHE ging an die Wittenberger Universität, die er aber wegen der Pest bald verlassen musste. So ließ er sich an der Rostocker Universität immatrikulieren. Hier hatte BRAHE ein nachhaltiges Erlebnis.
Während einer Verlobungsfeier geriet er mit einem Landsmann in Streit, und bei dem folgenden Duell wurde ihm ein Teil seiner Nase abgeschlagen. BRAHE ließ es sich durch ein Stück Silberlegierung nachbilden.
Seine weiteren Studienorte waren dann Basel, Ingolstadt und Augsburg. Nach zweijähriger Abwesenheit kehrte er nach Dänemark zurück und lebte bei seinem Onkel in Herrizwad nahe Knudstrup. Hier, in dem früheren Kloster, richtete sich BRAHE ein chemisches Laboratorium ein, wo er mit großer Intensität alchimistische Untersuchungen durchführte. Als BRAHE am Abend des 11. November 1572 von seinem Laboratorium nach Hause ging und zum Sternhimmel sah, erblickte er zu seinem Erstaunen im Sternbild KASSIOPEIA einen zuvor dort nicht vorhandenen sehr hellen Stern. Auch die von ihm befragten Begleiter äußerten ihre Verwunderung über das so plötzlich und unerwartet erschienene Phänomen. BRAHE berichtet, dass er durch die sorgfältigsten Beobachtungen während des Winters 1572 bis 1573 an diesem Stern weder eine Parallaxe noch eine sonstige Ortsveränderung wahrgenommen habe.
Diese Entdeckung stand im Widerspruch zur aristotelischen Kosmologie. Die Helligkeit dieser Nova nahm schnell ab, sodass sie Ende März nicht mehr gesehen werden konnte. Nach der Veröffentlichung seines Buches über den neuen Stern und nach Beendigung seiner Vorlesungstätigkeit an der Kopenhagener Universität (1574/75) über mathematische und astronomische Probleme begann die zweite europäische Studienreise. Diese hatte vor allem das Ziel, eine neue Wirkungsstätte zu finden, da in Dänemark seine Forschungen abgelehnt wurden und seine adlige Familie die Verbindung mit einer Frau aus dem Volke nicht billigte. BRAHE besuchte zunächst den berühmten Astronomen Landgraf WILHELM IV. (1532-1592) in Kassel. Der Graf hatte 1561 einen Turm bauen lassen, dessen Oberteil nach allen Himmelsrichtungen drehbar war und ihm als astronomischer Beobachtungsort diente. Während BRAHEs Besuch führten sie gemeinsame Beobachtungen durch.

Bau der Sternwarte Uraniborg

Nach der Rückkehr der Gesandschaft Anfang 1576 bot ihm der dänische König die Insel Hveen, die zwischen Kopenhagen und Helsingför liegt, zum Lehen an und ermöglichte ihm damit den Bau der später berühmt gewordenen Sternwarte. Am 23. Mai 1576 wurde darüber ein Vertrag geschlossen, und am 8. August legte BRAHE den Grundstein zu dem Haus, das er dann Uraniborg, Himmelsburg, nannte. Die Sternwarte, ein prachtvoller Bau, war zwei Stockwerke hoch und hatte eine Länge und Breite von je 60 Fuß. Die dazu gehörigen Instrumente sind nach BRAHEs Plänen angefertigt worden und bestanden aus Globen, Armillarsphären, Quadranten und Sextanten. Ungefähr 100 Fuß von der Uraniborg entfernt erbaute er 1584 noch die Stjerneborg, welche zum Teil unterirdisch angelegt war, um die Instrumente gegen Wind zu schützen und dadurch die Beobachtungsgenauigkeit noch zu erhöhen. Das größte Gerät, welches BRAHE besaß, war ein Mauerquadrant.

Tod des Gönnerns

Das Jahr 1598 war für Brahes Leben von großer Bedeutung, denn er verlor mit dem Tod von König FRIEDRICH II. von Dänemark seinen Gönner und Beschützer. Unter dem Thronfolger, dem minderjährigen Sohn CHRISTIAN IV., welcher kein großes Interesse für Astronomie bekundete, hatten die Widersacher BRAHEs am dänischen Hof, denen das oft hochmütige und selbstbewusste, leidenschaftliche und herrschsüchtige Auftreten dieses weltberühmten Astronomen ein Dorn im Auge war, ein leichtes Spiel, seine Autorität zu untergraben.

Brahes Weltbild

Im 8. Kapitel seines Buches über den Kometen von 1577 beschreibt BRAHE sein Weltsystem:

„Die Erde ist der Mittelpunkt des Weltalls, der Sonnen- und Mondbahn, wie auch der Fixsternsphäre, die sich mit allen Planeten in 24 Stunden um diesen Mittelpunkt dreht. Die Sonne ist das Centrum der Bahnen der fünf Planeten, unter denen sich Mercur und Venus in Kreisen bewegen, deren Halbmesser kleiner als der der Sonnenbahn sind, während die Bahnen des Mars, Jupiter und Saturn die Erde umschlingen.“

Dieses System trägt den Unregelmäßigkeiten der Planetenbewegung Rechnung, welche die Astronomen des Altertums sich durch Epizykel und KOPERNIKUS durch die jährliche Bewegung der Erde erklärten, und es zeigt, warum die Sonnenbewegung mit allen Planetentheorien verknüpft ist. Die übrigen Ungleichheiten, welche früher durch den exzentrischen und deferierenden Kreis von KOPERNIKUS durch auf exzentrischen Kreisen sich bewegende Epizykel erklärt wurden, konnten bei dem neuen System in ähnlicher Weise gedeutet werden.
Umfangreiche Darstellungen hat BRAHE zu seinem System nicht ausgeführt. Er lehnte das heliozentrische System von KOPERNIKUS ab, weil es zum einen im Widerspruch zur Heiligen Schrift stand, zum anderen gab es einen astronomischen Grund: BRAHE war der Ansicht, dass die Sterne einen scheinbaren Durchmesser von einigen Bogenminuten besitzen. Nach KOPERNIKUS sollten die Parallaxen unmessbar klein bleiben, sodass die Entfernungen der Sterne nach BRAHEs Meinung gewaltig zunehmen müssten und die Sterndurchmesser den hundertfachen Betrag des Sonnendurchmessers erreichen. Dies schien ihm unvorstellbar.
Der Anerkennung seines Weltsystems hat BRAHE bis in die letzten Lebenstage hinein alle Kraft und Mühe gewidmet, ohne damit allerdings bei Lebzeiten einen nennenswerten Widerhall gefunden zu haben. Trotzdem wurden auch nach seinem System in den darauffolgenden Jahren Planetenephemeriden berechnet. Die umfassende Beschreibung seines Weltgebäudes befindet sich in seinem zweibändigen Hauptwerk „Astronomiae progymnasmata“, das erst 1602 nach seinem Tode in Prag erschien.
BRAHEs Insel mit den Observatorien war eine Pflanzschule der Astronomie für ganz Europa und existierte 21 Jahre lang, geehrt von Fürsten und Gelehrten und umgeben von Schülern, die er umfangreich ausbildete.

Fortgang aus Dänemark und Arbeiten in Prag

Seine Neider am dänischen Hof, BRAHEs Willkürmaßnahmen als Feudalherr auf Hveen und die Vernachlässigung der Pflichten gegenüber seinem Lehen verschlechterten seine Situation derartig, dass er 1597 die Insel verließ.
Er begab sich zunächst zu seinem Freund, dem Grafen RANTZAU, nach Wandsbeck bei Hamburg. Für zwei Jahre führte er hier Beobachtungen mit seinen kleinen, transportablen Instrumenten durch. Hauptsächlich verfasste BRAHE in dieser Zeit eine prachtvoll illustrierte Beschreibung seiner Sternwarte auf Hveen und der von ihm dort konstruierten Instrumente. Dieses berühmte Werk mit dem Titel „Astronomiae instauratae mechanica“ (1598) widmete BRAHE dem deutschen Kaiser RUDOLF II., womit er die Hoffnung verband, in Prag eine neue Wirkungsstätte zu erhalten.
Nach der Zusage des Kaisers traf BRAHE im Juni 1599 in Prag ein. Er richtete sich in Schloss Benatek eine Sternwarte und ein chemisches Laboratorium ein. In diese Zeit fallen die Verhandlungen BRAHEs mit KEPLER in Graz, welcher dort Professor für Mathematik war, um diesen genialen jungen Gelehrten als Mitarbeiter für Prag zu gewinnen. Auf Wunsch des Kaisers siedelte BRAHE im Jahre 1600 nach Prag um, wobei seine Instrumente in dem kaiserlichen Lustschloss Belvedere aufgestellt wurden. Am 25. Februar 1601 bezog er das Curtiussche Haus, das ihm der Kaiser gekauft hatte. KEPLER wurde BRAHEs Hilfsrechner und erhielt die Erlaubnis, das umfangreiche Beobachtungsmaterial auszuwerten. BRAHEs Marsbeobachtungen erstreckten sich über einen Zeitraum von 16 Jahren. Sie besaßen eine bis dahin nicht erreichte Genauigkeit.

Umstände des Todes Brahes

Am 13. Oktober 1601 wurde BRAHE vom Baron von ROSENBERG zum Abendessen eingeladen. Infolge dieses Essens stellte sich ein schweres Blasenleiden ein, woran er am 24. Oktober 1601 verstarb.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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