Reconquista – Aufstieg Spaniens zur Großmacht

Unter dem Kalifat von Córdoba erreichten die maurischen Gebiete eine kulturelle Blüte, an die noch heute u. a. viele einrucksvolle Bauwerke erinnern.
Sie legten aber auch komplizierte Bewässerungssysteme an und konnten die Bahnen der Sonne, des Mondes und der Planeten schon sehr genau berechnen. Arabische Mediziner wandten zahlreiche Medikamente aus pflanzlichen Grundstoffen an und führten bereits schwierige Operationen durch. Auch die heute anstelle der römischen Zahlen gebrauchten arabischen Zahlen und das Papier waren bei den muslimischen Mauren verbreitet.
Ihre Fähigkeiten und Kenntnisse sowie die Toleranz gegenüber der christlichen Religion machten in 200 Jahren aus dem armen Spanien ein blühendes Kulturland. Von dort aus gelangten die arabischen Kulturleistungen nach West- und Mitteleuropa.

Reconquista

Die Reconquista ging von den kleinen christlichen Restgebieten im Nordosten der Halbinsel aus. Eine christliche Rebellion gegen die muslimische Herrschaft in Asturien, die 718 begann, wurde zum Ausgangspunkt der Reconquista. Die Reconquista endete im Jahr 1492 mit der vollständigen Beseitigung des letzten muslimischen Herrschaftsbereichs um Granada.
Die Heere der 4 Königreiche, Kastilien und León, Aragonien, Navarra-Portugal, fochten zunächst ohne großen religiösen Fanatismus bei der Rückeroberung der maurischen Gebiete. Der berühmte Kämpfer und spanische Nationalheld EL CID (1043–1099) konnte sogar die Fronten wechseln und einmal christlichen und danach muslimischen Herren dienen.

EL CID

EL CID (arab.: der Herr), eigentlich RODRIGO DIAZ DE VIVAR, eroberte nach einjähriger Belagerung Barcelona und verteidigte die Stadt mehrfach in erbitterten Kämpfen gegen maurische Angriffe. Als es jedoch wegen familiärer Probleme zum Bruch mit dem kastilischen König kam, wechselte der Ritter zweimal die Fronten und focht auf Seiten von maurischen Fürsten. Die Gestalt des CID im Spannungsfeld zwischen Vasallentreue, Familienehre und tapferem Kampf gegen die Mauren besitzt bis heute in Spanien legendäre Züge. So markiert das Heldenepos „Poema del Cid“ von 1307 gewissermaßen den Beginn der spanischen Nationalliteratur. Auch außerhalb Spaniens findet man den Mythos EL CID literarisch verarbeitet, beispielsweise in der Tragikomödie „Le Cid“ (1636) des Franzosen CORNEILLE. Dass der historische Hintergrund und die Figur noch bis heute interessant sind, belegt u. a. der Monumentalfilm „El Cid“ aus den USA, der, mit Weltstars besetzt, Leben und Kampf des Ritters nachzeichnet.

Die Kreuzzüge beginnen

Der Charakter des Kampfes gegen die Mauren änderte sich, als der Papst Urban II. Ende des 11. Jh. den christlichen Kriegern seinen Segen erteilte. Die Reconquista erhielt von da an den Charakter von Kreuzzügen bzw. eines „Heiligen Krieges“.
In dieser Zeit entstanden auch Ritterorden, die die Mauren mit großem Glaubenseifer bekämpften und nach Toledo auch Lissabon und Córdoba befreiten. So drängten die christlichen Königreiche vom 12. Jh. bis 14. Jh. trotz mancher Rückschläge Schritt um Schritt die Mauren zurück und hatten ausgangs des 13. Jh. nahezu die gesamte Iberische Halbinsel erobert. Allein das maurische Königreich Granada konnte sich des Ansturms erwehren und mit erheblicher Mühe seine Unabhängigkeit bewahren.

Sieg der Reconquista und Einigung Spaniens

Im Jahre 1469 schlossen der Kronprinz von Aragonien und die Thronfolgerin von Kastilien-Leon die Ehe. Mit der Vereinigung der beiden bedeutendsten spanischen Königreiche kam auch die Einigung Spaniens und seine Entwicklung zu einer europäischen Großmacht einen entscheidenden Schritt voran. Aber auch die Reconquista erhielt einen spürbaren Impuls:
Nach mehrfachen Anläufen gelang 1492 die Eroberung Granadas durch das Heer der beiden „Katholischen Majestäten“ – ein Ehrentitel des Papstes für den Sieg über die Mauren. Damit endete die jahrhundertelange muslimische Herrschaft auf der Iberischen Halbinsel.
Nach dem Sieg der Reconquista mussten im nunmehr christlichen Spanien die muslimischen Mauren sehr um ihre Existenz bangen.

Die heilige Inquisition

Der Papst gestand den Katholischen Königen zur Unterstützung ihres Strebens nach einem auch religiös einheitlichen Staat als Behörde die Inquisition zu.
Die Inquisition war eine geistliche Gerichtsbehörde, die die Einheit und Reinheit des christlichen Glaubens bewahren, Irrgläubige aufspüren und bekehren oder aber verurteilen sollte.
Glaubenseiferer machten die Inquisition jedoch schon bald zu einem gefürchteten Machtinstrument. Das richtete sich vor allem gegen Juden, aber auch gegen noch in Spanien lebende, zum Christentum übergetretene ehemals muslimische Mauren. Sie wurden zu Hunderttausenden in die Flucht getrieben, zwangsweise zum Christentum bekehrt oder vor ein Inquisitionsgericht gezerrt.
Die Angeklagten wurden vom Inquisitionsgericht häufig in der „peinlichen Befragung“ gefoltert, um das Geständnis der Ketzerei zu erpressen. Das führte dann unweigerlich zu langer Kerkerhaft, zur Verstümmelung oder zum Tode. Auf diese Weise wurde die Inquisition rasch zum Inbegriff abschreckender Grausamkeit im Namen der Kirche.
In Spanien war nun die Zeit der Toleranz gegenüber anderen Religionen vorbei. So richtete ein königliches Edikt, das 1492 alle Juden und 1502 alle muslimischen Mauren aus Granada vertrieb, nicht nur unermessliches menschliches Leid an. Es warf Spanien auch in wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht um Jahrzehnte zurück.
Der weitere Aufstieg des Landes zur Großmacht wurde nun vor allem durch die Entdeckung Amerikas getragen. Der in spanischen Diensten stehende Christoph Kolumbus entdeckte den Kontinent 1492, also in dem Jahr, in dem auch Granada erobert und die Reconquista beendet worden war.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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