Nationalsozialistische Innenpolitik

Innenpolitische Ziele

HITLER wusste aus zahlreichen Gesprächen mit Vertretern aus Industrie, Banken und mit Großgrundbesitzern, was von einer Regierung unter seiner Führung erwartet wurde. Es war das Ende der politischen Unsicherheit, als dessen Wurzel die republikanische Staatsverfassung der Weimarer Republik angesehen wurde. Es galt die Verfassung zu beseitigen.
Der neue Reichskanzler musste die Macht fest in die Hände bekommen, um sie den Zwecken und Zielen des Regimes entsprechend zu gestalten.
Die Begegnung HITLERS mit Generälen der Reichswehr und Admiralen der Reichsmarine nutzte dieser, um im Geheimen sein eigentliches Regierungsprogramm den Anwesenden darzulegen und die Militärs für seine Politik zu gewinnen.
Er sprach sich für die völlige Umkehrung der bisherigen innenpolitischen Zustände aus und erklärte, dass er den „Marxismus“ mit „Stumpf und Stiel“ ausrotten und jegliche pazifistische Betätigung unterbinden werde. Es sollte mit dieser Innenpolitik der Weg für die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht vorbereitet werden.
„Wer sich nicht bekehren lässt, muss gebeugt werden“, notierte sich einer der Generäle eine der Maximen des Kanzlers, der auch ankündigte, er werde mit dem Fallbeil gegen diejenigen vorgehen, die sich der „Wiedergewinnung der politischen Macht“ widersetzen wollten. Darunter aber verstand HITLER nichts anderes als die wiederzugewinnende Fähigkeit, Krieg zu führen. Er deutete seinen Gesprächspartnern an, dass im Vordergrund die „Eroberung neuen Lebensraumes im Osten“ stand, der rücksichtslos germanisiert werden sollte.
Zufrieden waren die Militärs mit der Ankündigung des Kanzlers, dass die Stellung der Reichswehr nicht eingeschränkt werden würde. Unmittelbar nach Ernennung zum Reichskanzler ging HITLER daran, seine den Militärs und Industriellen skizzierten politischen Ziele zu realisieren.

Maßnahmen zur Beseitigung der Demokratie in Deutschland

4. Februar 1933Verordnung des Reichspräsidenten „Zum Schutze des deutschen Volkes“
17. Februar„Schießerlass“ des Preußischen Innenministers GÖRING; er verspricht Straffreiheit für Waffengebrauch gegen „Staatsfeinde“ und droht „lauen“ Beamten. Neutralität ist aufzugeben.
21. FebruarErsuchen GÖRINGS an die preußischen Regierungspräsidenten, alle SPD-Mitglieder in den Polizeiverwaltungen durch „national“ eingestellte Beamte zu ersetzen.

28. Februar

Verordnung des Reichspräsidenten „Zum Schutz von Volk und Staat“ (Reichstagsbrandverordnung). Sie setzte alle Grundrechte außer Kraft: wie Freiheit der Person, Meinungs-, Presse-, Vereins- und Versammlungsfreiheit sowie das Post- und Fernsprechgeheimnis, die Unverletzlichkeit von Eigentum und Wohnung; § 2 ermächtigte die Reichsregierung, „Befugnisse der obersten Landesbehörden vorübergehend wahrzunehmen“.
Die nun beginnende „Schutzhaft“ war eine Willkürmaßnahme ohne gerichtliche Kontrolle und setzte zunächst in Preußen ein; nach den Reichstagswahlen auch in den übrigen Ländern. Die Verordnung blieb bis 1945 in Kraft und wurde Grundlage der außernormativen Gewalt von SS und der Geheimen Staatspolizei.
23. MärzReichstagssitzung in der von SA und SS abgeriegelten Krolloper in Berlin; alle 81 KPD- und 26 SPD-Abgeordnete fehlten; sie befanden sich in Schutzhaft oder waren flüchtig.
Nach HITLERS Regierungserklärung und dem Widerspruch des SPD-Fraktionsvorsitzenden OTTO WELS zur Annahme des Ermächtigungsgesetzes „Zur Behebung der Not von Volk und Reich“ wurde es mit Mehrheit von allen Abgeordneten außer denen von der SPD angenommen. Mit dem Gesetz konnte die Reichsregierung nun Gesetze mit verfassungsänderndem Inhalt erlassen.
7. AprilGesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums, das politisch „unzuverlässige Elemente“ und per Arierparagraf Juden vom Beamtenberuf ausschließen sollte.
2. MaiZerschlagung der Gewerkschaften
Nach dem 1. Mai 1933, der als „Feiertag der nationalen Arbeit“ erstmals gesetzlicher Feiertag wurde, erfolgte einen Tag später die Besetzung der Gewerkschaftshäuser in ganz Deutschland; führende Funktionäre kamen in „Schutzhaft“. Die Gewerkschaftsmitglieder wurden am 10. Mai 1933 zwangsweise in die neu gegründete nationalsozialistische „Deutsche Arbeiterfront“ (DAF) eingegliedert.
22. JuniVerbot der SPD; danach erfolgte die Selbstauflösung der übrigen Parteien.
14. Juli„Gesetz gegen die Neubildung von Parteien“; die NSDAP blieb die einzig zugelassene Partei in Deutschland.
„Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“. Die Zwangssterilisierung wurde möglich, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit Nachkommen mit schweren körperlichen oder geistigen Erbschäden zu erwarten waren.
1. Dezember„Gesetz zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat“. Die NSDAP wurde zur „Trägerin des deutschen Staatsgedanken“ erklärt.
20. Januar 1934„Gesetz zur Ordnung der nationalen Tarifautonomie“. In den Betrieben wurde die Tarifautonomie der Arbeitnehmer/Arbeitgeber durch das Führerprinzip = Betriebsführer ersetzt; die Arbeiter und Angestellten konnten ihr bisheriges Mitspracherecht nicht mehr wahrnehmen.
30. Januar„Gesetz über den Neuaufbau des Reiches“. Die Länderparlamente wurden beseitigt; alle Hoheitsrechte der Länder fielen an das Reich; die Länderregierungen und Reichsstatthalter unterstanden der Reichregierung; diese konnte „neues Verfassungsrecht“ in den Ländern anordnen.
24. April„Gesetz zur Errichtung des Volksgerichtshof“; er war zuständig für Delikte des Hoch- und Landesverrates.
1. August„Gesetz über das Oberhaupt des deutschen Reiches“; es vereinigte das Amt des Reichspräsidenten mit dem des Reichskanzlers mit Wirkung ab HINDENBURGS Tod.
2. AugustTod des Reichspräsidenten HINDENBURG. HITLER war nun Führer und Reichskanzler; er wurde gleichzeitig Oberbefehlshaber; die Reichswehr wurde sofort auf HITLER vereidigt.

Mit dem 2. August 1934 war die Entwicklung zur NS-Diktatur in ihren Grundzügen abgeschlossen. Die Weimarer Reichsverfassung blieb als demokratische Fassade erhalten, um das In- und Ausland zu täuschen und den Anschein der Legalität des NS-Staates zu vermitteln.

Funktion der Reichstagswahlen im NS

Die Beibehaltung des Reichstags als gewählte Volksvertretung eröffnete der NSDAP die Möglichkeit, Parlamentswahlen im Einparteienstaat zu veranstalten.
Alle Kandidaten traten ausschließlich als Gefolgsleute HITLERS in Erscheinung. Die Wahlen nahmen damit den Charakter von Plebisziten über die Person des Führers an. Durch die Wahlen und Volksabstimmungen versuchte das NS-Regime sich als Demokratie darzustellen und HITLERS Herrschaft zu legitimieren.
Mit dem Verweis auf die Tatsache, dass auch im Einparteienstaat Reichstagswahlen stattfinden, versuchte der nationalsozialistische Staat seine Position auch nach außen zu stärken. Deshalb wurde die Teilnahme an Wahlen zur sittlichen und politischen Pflicht der Volksgenossen stilisiert und jeder, der sich dem entziehen wollte, als Volks- und Landesverräter bezeichnet.

Wirtschaftspolitik

  1. Die deutsche Armee muss in vier Jahren einsatzfähig sein.
  2. Die deutsche Wirtschaft muss in vier Jahren kriegsfähig sein.

GÖRING, der Vertrauensmann von IG-Farben, erörterte in einer Kabinettssitzung am 4. September 1936:

„Sie (Autarkiepolitik) geht von dem Grundgedanken aus, dass die Auseinandersetzung mit Russland unvermeidbar ist.“ Er schloss die Kabinettssitzung mit dem Hinweis: „Alle Maßnahmen haben so zu erfolgen, als ob wir im Stadium der drohenden Kriegsgefahr uns befänden.“

Am 28. Oktober 1936 offerierte GÖRING im Berliner Sportpalast den „Vierjahresplan“ als eine Konzeption zur Sicherung der Ernährung des Volkes. Unter der Parole „Kanonen statt Butter“ verkündete er lautstark:

„Erst schafft eine starke Nation. Zu viel Fett – zu dicke Bäuche. Ich habe selbst weniger Butter gegessen und habe zwanzig Pfund abgenommen.“

GÖRING wurde zum „Beauftragten für den Vierjahresplan“ ernannt. Er schuf ein neues System der Lenkung der Wirtschaft in Gestalt weitverzweigter „Vierjahresplan“-Behörden.
Für Devisenvergehen wurde am 1. Dezember 1936 die Todesstrafe verfügt.
Um die unrentable Erzförderung zu betreiben, wurde von der Nazi-Regierung die AG „Reichswerke Hermann Göring“ gegründet, die den Anteil der in Deutschland geförderten Erze von 12,5 % auf 50 % steigerte. Die Rohstoffe wurden der Industrie zu günstigen Preisen zur Verfügung gestellt. Die Verluste trug die Staatskasse.
Bereits Ende 1937 waren sämtliche Rohstoffvorräte aufgebraucht, und die gesamten Gold- und Devisenreserven des Reiches betrugen nur noch 74 Mio. RM – eine Summe, die kaum ausreichte, die Tagesausgaben zu decken. Anfang 1938 war die Handelsbilanz wieder negativ und erreichte im Laufe des Jahres ein Defizit von 132 Mio. RM. Die Industrieproduktion ging drastisch zurück. Die Gruppe um SCHACHT (Reichswirtschaftsminister bis 1937) schlug vor, dem Export zeitweilig den Vorrang zu lassen, eine enge Zusammenarbeit mit den Westmächten anzustreben, um über eine Anleihe und die Rückgabe der Kolonien zu verhandeln.
Am 15. März 1938 erfolgte der „Anschluss“ Österreichs. Bereits elf Tage später war das ganze Bankwesen Österreichs unter der Kontrolle der Deutschen Bank und Dresdener Bank. Die gesamte Schwerindustrie wurde den Reichswerken „Hermann Göring“ einverleibt.
Obwohl Deutschland die gesamte Finanz- und Wirtschaftskraft Österreichs absorbierte, traten bereits im Sommer 1938 noch größere Rohstoff- und Finanzprobleme als 1937 auf. Diese veranlassten den Finanzminister, am 1. September 1938 HITLER mitzuteilen, dass die Maßnahmen „die Kassenbestände vollkommen aufzehren“. GÖRING verordnete bereits am 22. Juni 1938 die „Dienstpflicht zur Überwindung des Mangels an Arbeitskräften“. Doch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten ließen sich nicht mehr überwinden, somit kam zum politischen Willen, Krieg führen zu wollen, die ökonomische Notwendigkeit, und damit wurde der Krieg unausweichlich.

Die Kriegswirtschaft 1939 bis 1945

Am Anfang des Krieges standen vorwiegend organisatorische Maßnahmen. Am 17. März 1940 wurde das Reichsministerium für Bewaffnung und Munition unter TODT gebildet, das der Ausgangspunkt für die weitgehende Zentralisierung der Wirtschaft wurde.
Schon am 27. August 1939 wurde mit Wirkung vom nächsten Tag die Rationierung von Lebensmitteln, Kleidung, Energie und Grundstoffen angeordnet. Aufgrund der Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg wurde diese Maßnahme seit 1934 systematisch vorbereitet und bis 1944 auf dem festgelegten Niveau durchgehalten. Dies war nur möglich, da die Nahrungsmittel der besetzten Länder rigoros dem deutschen Markt zugeführt wurden. Nur 1942 gab es eine Kürzung bei wichtigen Grundnahrungsmitteln, die dann ab 1945 in zunehmendem Maße durch Ersatzstoffe ersetzt wurden.
Auf industriellem Gebiet konnte der Ausstoß an Kriegsmaterial in etwa gehalten werden, obwohl in Deutschland die Investitionen laufend zurückgingen und 1944 nur noch 40 % des Standes von 1938 erreichten. Die Differenz mussten die besetzten Länder liefern.
Um den enormen Finanzbedarf zu sichern, wurden seit Kriegsbeginn die Steuern laufend erhöht. Durch Steuern wurden während des Krieges etwa 190 Mrd. RM für die Kriegsausgaben aufgebracht. Doch diese Summe reichte bei Weitem nicht aus. Deshalb wurde bereits vor Kriegsbeginn am 15. Juni 1939 das Reichsbankgesetz geändert, das nun den Schatzwechsel wie 1914 als Mittel zur Deckung der Währung wieder zuließ. Dadurch wurde es möglich, dass Deutschland im Laufe des Krieges 830 bis 850 Mrd. RM ausgeben konnte. Von diesen Staatsschulden stellten die Privatbanken und Sparkassen 164 Mrd. RM zur Verfügung.
Die Auslandsschulden erhöhten sich von 1,8 Mrd. RM im Jahre 1940 auf 31,5 Mrd. RM im Jahre 1944 (unter Verwendung von Michael Brackmann im „General-Anzeiger“, Bonn, 5. September 1998).

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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