- Lexikon
- Geschichte
- 6 Das Zeitalter der großen geographischen Entdeckungen
- 6.3 Spanien auf dem Weg zur Weltmacht
- 6.3.1 Spaniens Aufstieg
- Kolumbus – der Entdecker Amerikas
CHRISTOPH KOLUMBUS wurde wahrscheinlich im Jahre 1451 als Sohn eines Wollwebers im italienischen Genua geboren.
Seine zum traditionellen gewerblichen Mittelstand Italiens gehörende Familie war sehr fromm und vermittelte ihm neben einem ausgesprochenen Familiensinn auch Tugenden, wie den Glauben an Fleiß und harte Arbeit sowie Religiosität und kirchlichen Gehorsam.
KOLUMBUS hat wahrscheinlich nie eine Universität, aber zumindest eine Schule besucht. Seine Bildung, vor allem seine Kenntnisse über die Seefahrt, dürfte er sich deshalb im Selbststudium angeeignet haben. Bei seinen Studien setzte er sich sowohl mit Schriften antiker als auch mit solchen mittelalterlicher Autoren auseinander. Die höchste Autorität stellten für den tief religiösen Menschen aber die Bibel und kirchliche Schriften dar, die er nie in Zweifel zog.
Im Alter von 22 Jahren ging KOLUMBUS nach Lissabon und nahm erstmals an Hochseereisen nach Afrika und Nordeuropa teil. In Portugal lernte er auch seine spätere Frau aus wohlhabender Familie kennen, durch die er nicht nur zu Ansehen gelangte. Die Bibliothek seines Schwiegervaters ermöglicht ihm auch die Vertiefung seiner Studien.
Großen Einfluss übten auf ihn der berühmte Astronom und Geograf TOSCANELLI und über diesen MARCO POLO aus.
TOSCANELLI hatte dem portugiesischen König anhand einer Karte schon vor Jahren die Möglichkeit einer Westfahrt nach Asien vorgestellt. An MARCO POLO beeindruckten ihn dessen Reisebeschreibungen über China und Japan so sehr, dass für ihn eine Reise dorthin feststand.
Anders als POLO wollte er aber angesichts der Kugelgestalt der Erde, einer Auffassung, von der er fest überzeugt war, beide Länder von Westen her erreichen. Diese Auffassung, die schon seit den antiken griechischen Gelehrten ERATOSTHENES und ARISTOTELES außer Zweifel stand, teilte er mit gebildeten Zeitgenossen. So schrieb er an den Rand eines Exemplars einer Weltgeografie: „Die Welt ist rund und kugelförmig.“
KOLUMBUS hat für die Unterstützung bzw. Verwirklichung seiner Pläne an vielen Höfen Europas geworben, auch beim portugiesischen König. Bei dem stieß das Vorhaben aber nicht auf Gegenliebe. Deshalb wandte er sich schließlich an das spanische Königshaus. Das hatte allerdings erst nach Abschluss der Reconquista, der Rückeroberung Spaniens von den Mauren, und der Einigung des Reiches für solche Vorhaben den Kopf frei und stimmte dann zu.
Nach längeren Verhandlungen erhielt KOLUMBUS vom spanischen Königshaus den Auftrag, eine Expedition nach Ostasien vorzubereiten. Das war mit den Zusagen verbunden, dass er die Großadmiralswürde erhält, Vizekönig und Gouverneur aller Inseln und Festlande wird, die er für die spanische Krone in Besitz nimmt, und schließlich eine Gewinnbeteiligung von 10 % bekommt.
Am 3. August 1492 stach KOLUMBUS mit drei Schiffen von der spanischen Hafenstadt Palos aus nach Westen in See. Die Karavelle „Santa Maria“ war sein Flaggschiff. Auf ihr, der „Pinta“ und der „Niña“ begleiteten ihn 90 Mann Besatzung.
Nach einem Zwischenaufenthalt auf den Kanarischen Inseln sichtete am 12. Oktober 1492 ein Matrose Land: die Insel Guanahani der Bahamainseln, die er als Erster betrat, sofort in San Salvador umtaufte und für Spanien in Besitz nahm. Über die Landung auf den Bahamas gab KOLUMBUS im Schiffstagebuch folgenden Bericht:
„Da die Karavelle Pinta schneller war als die anderen beiden Schiffe und mir vorgefahren war, so entdeckte man an Bord der Pinta zuerst das Land und gab auch die angeordneten Signale.
Als erster erspähte dieses Land ein Matrose, der Rodrigo da Triana hieß, wiewohl ich um zehn Uhr nachts vom Aufbau des Hinterschiffes ein Signal bemerkt hatte ...
Nachdem ich meine Beobachtungen gemeldet hatte, sah man das Licht ein-, zweimal aufscheinen; es sah so aus, als würde man eine kleine Wachskerze auf und nieder bewegen, was wohl in den Augen der wenigsten als Anzeichen nahen Landes gegolten hätte – allein ich war fest davon überzeugt, mich in der Nähe des Landes zu befinden ...
Um zwei Uhr morgens kam das Land in Sicht, von dem wir etwa acht Seemeilen entfernt waren. Wir holten alle Segel ein und fuhren nur mit einem Großsegel ...
Dann lagen wir bei und warteten bis zum Anbruch des Tages, der ein Freitag war, an welchem wir zu einer Insel gelangten, die in der Indianersprache Guanahani heißt.
Dort erblickten wir allsogleich nackte Eingeborene. Ich begab mich, begleitet von Martin Alonso Pizón und dessen Bruder Vicente Yáñez, dem Kapitän der Niña, an Bord eines mit Waffen versehenen Bootes an Land.
Dort entfaltete ich die königliche Flagge ...
Ich rief die beiden Kapitäne und auch die anderen, die an Land gegangen waren ... zu mir und sagte ihnen, durch ihre persönliche Gegenwart als Augenzeugen davon Kenntnis zu nehmen, dass ich im Namen des Königs und der Königin, meiner Herren, von der ernannten Insel Besitz ergreife ...
Sofort sammelten sich an jener Stelle zahlreiche Eingeborene der Insel an. In der Erkenntnis, daß es sich um Leute handelt, die man weit besser durch Liebe als mit dem Schwert retten und zu unserem Heiligen Glauben bekehren könne, gedachte ich sie mir zu Freunden zu machen und schenkte also einigen von ihnen rote Kappen und Halsketten aus Glas und noch andere Kleinigkeiten von geringem Werte, worüber sie sich freuten.“
Von San Salvador aus kreuzte dann die kleine Flotte von KOLUMBUS monatelang auf der Suche nach Gold von Insel zu Insel. Im Oktober wurde Kuba und im Dezember 1492 die Insel Hispaniola, beides Inseln der Großen Antillen, entdeckt. An der Nordküste Hispaniolas erlitt die „Santa Maria“ Schiffbruch. KOLUMBUS kehrte mit den beiden anderen Schiffen nach Spanien zurück.
Er kehrte in seine Wahlheimat im festen Bewusstsein zurück, sich in der Nähe von „Indien“ befunden und Westindien entdeckt zu haben. An diesen Irrtum des großen Entdeckers erinnert z. B. heute noch die Bezeichnung „Westindische Inseln“ für den karibischen Inselbogen Mittelamerikas, der sich von der Orinocomündung in Südamerika bis zur Halbinsel Florida erstreckt.
KOLUMBUS erhielt vom spanischen Königspaar bald nach seiner Rückkehr den Auftrag zu einer zweiten Reise, die er 1493 antrat. Mit 17 Schiffen und über 1200 Menschen an Bord verließ er Spanien. Angesichts des Berichts über seine erste Reise, der von friedlichen Eingeborenen erzählte und reiche Goldfunde in Aussicht stellte, sollte KOLUMBUS im Auftrage des Königshauses die Insel Hispaniola erkunden und von dort aus weitere Erkundungsfahrten „nach Japan und zum indischen Festland“ unternehmen. KOLUMBUS entdeckte bei diesen Fahrten die Inseln Puerto Rico und Jamaika.
Nach Streitigkeiten mit den Spaniern auf Hispaniola, die ihm u. a. Machtmissbrauch und Misswirtschaft vorwarfen, kehrte er 1496 nach Spanien zurück.
Auf seiner dritten Reise, die bis November 1500 dauerte, betrat KOLUMBUS auf der Höhe der Orinocomündung und am Golf von Paria erstmals das südamerikanische Festland.
In Hispaniola fand er die spanische Kolonie in Aufruhr. Nach Anschuldigung der Siedler wurde KOLUMBUS als Gouverneur abgesetzt, mit seinem Bruder in Ketten gelegt und nach Spanien zurückgebracht.
Dort konnte er sich wenigstens teilweise rehabilitieren und durfte zu einer vierten Fahrt aufbrechen. Diese führte ihn bis an die Küsten der Festlandsbrücke von Mittelamerika. Hier erfasste er auf der Suche nach einer Durchfahrt nach „Indien“ kartografisch die Küste zwischen der Halbinsel Yukatán und dem an der heutigen Grenze zwischen Panama und Kolumbien gelegenen Golf von Darién.
Nach seiner Rückkehr und weiteren Zwistigkeiten um die Rechte an seinen Entdeckungen verbrachte KOLUMBUS seine letzten Lebensjahre verbittert und tief enttäuscht. Am 20. Mai 1506 starb er in der spanischen Stadt Valladolid.
KOLUMBUS blieb bis an sein Lebensende dem Irrtum verhaftet, Indien erreicht zu haben. Einen neuen Kontinent entdeckt zu haben, das wurde im nie bewusst.
Selbst der Name dieses Kontinents geht deshalb nicht auf ihn, sondern auf seinen Landsmann AMERIGO VESPUCCI zurück. Der aus Florenz stammende Kaufmann und Seefahrer hatte an spanischen Entdeckungsfahrten teilgenommen und die neu entdeckten Gebiete Mittel- und Südamerikas als „Neue Welt“ bezeichnet.
Als später zwei deutsche Kartografen eine Weltkarte zeichneten, gaben sie diesen Gebieten den Namen America, der noch im 15. Jh. für den gesamten Kontinent gebräuchlich wurde.
Weitere Erkundungsfahrten nach KOLUMBUS machten die gewaltige Ausdehnung der Festlandsküsten Südamerikas deutlich, sodass sich die Erkenntnis durchsetzte, dass noch die Entdeckung einer ganzen „Neuen Welt“ bevorstand.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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