Katharina II.

Am 02.05.1729 wurde KATHARINA II. als Prinzessin SOPHIE AUGUSTE FRIEDERIKE VON ANHALT-ZERBST als erstes Kind des Fürsten CHRISTIAN AUGUST und JOHANNA ELISABETH VON HOLSTEIN-GOTTORP in Stettin geboren.

Kindheit

Ihr Vater CHRISTIAN AUGUST diente als Generalmajor in der Armee des Königs FRIEDRICH II. von Preußen. Mit der Ausnahme von Besuchen bei der Verwandtschaft in Zerbst, Braunschweig, Berlin und Varel, verlebte SOPHIE ihre Kindheit in Stettin. Sie interessierte sich bereits als Kind sehr für Bildung und Sprachen. SOPHIE war ein lebhaftes Kind, wies aber auch Ernst und Entschlossenheit auf und wusste mit einnehmenden Reden und Schmeicheleien zu gefallen.
Das Verhältnis zu ihrer Mutter beschrieb SOPHIE in ihren Memoiren als äußerst distanziert, während sie von ihrem Vater mit großer Anhänglichkeit sprach. Sich selbst schilderte sie als intelligent, mutwillig, lebhaft und schon früh von dem Ehrgeiz nach einer Krone bestimmt.
Die Prinzessin zog 1742 mit ihrer Mutter und ihrem jüngeren Bruder WILHELM CHRISTIAN FRIEDRICH nach Dornburg um. Ihr Bruder starb dort noch im selben Sommer im Alter von 12 Jahren. Im Winter siedelte die Familie in das Schloss zu Zerbst um, wo Prinzessin SOPHIE bis Anfang 1744 lebte.
Auf den Reisen mit ihrer Mutter lernte SOPHIE den Preußenkönig FRIEDRICH II. kennen und begeisterte ihn mit ihrer Schlagfertigkeit und ihren guten Sprachkenntnissen. FRIEDRICH sah in SOPHIE die Möglichkeit, seine politischen Pläne zu verwirklichen. Der König von Preußen wirkte auf SOPHIES Eltern ein, und schnell stand fest, dass SOPHIE AUGUSTE FRIEDERIKE an den russischen Hof gebracht werden sollte.

Reise nach Russland

Auf Einladung der Zarin ELISABETH PETROWNA kam die fünfzehnjährige SOPHIE mit ihrer Mutter im Februar 1744 nach Russland. Die russische Zarin hatte ihren Neffen, den Herzog KARL PETER ULRICH VON HOLSTEIN-GOTTORP, adoptiert und als PETER III. zu ihrem Nachfolger ernannt. Auf Anraten von FRIEDRICH II. favorisierte die Zarin SOPHIE als Braut für den Thronfolger Russlands.

Vermählung mit PETER FJODOROWITSCH

Am Zarenhof erlernte SOPHIE die russische Sprache und konvertierte am 28.06.1744 zum russisch-orthodoxen Glauben. Am folgenden Tag wurde die offizielle Verlobung mit dem Großfürsten bekannt gegeben, und SOPHIE AUGUSTE FRIEDERIKE VON ANHALT-ZERBST wurde umbenannt in Kaiserliche Hoheit KATHARINA VON RUSSLAND (russ. JEKATERINA II. ALEKSEJEWNA). Die Heirat erfolgte am 21.08.1745.
Liebe oder Zuneigung spielten dabei jedoch keine Rolle. In ihren Memoiren offenbarte KATHARINA:

„... er (der Großfürst) war mir, angesichts seiner Veranlagung, ziemlich gleichgültig, nicht aber die russische Krone.“

Bei ihrer Ankunft am Zarenhof galt dieser als der verderbteste von ganz Europa. Ihren Gemahl, den sie erst hier kennenlernte, empfand sie als geistig beschränkt und brutal. Diesen Widrigkeiten und den Demütigungen durch ihren Gatten und der Zarin zum Trotz, beschloss KATHARINA, am russischen Hof Einfluss zu gewinnen. Ihr Ziel war es, das rückständige Russland zu einem großen Staat zu machen und wirtschaftlich wie auch politisch mit dem moderneren Westeuropa gleichzuziehen.
Nachts las sie heimlich Bücher über Wirtschaft und Politik und beschäftigte sich insbesondere mit der zeitgenössischen Aufklärung. Am Tage gab sie sich als unbefangenes, lediglich am Hofleben interessiertes Mädchen.

Liebschaften und Kinder

Von PETER und ihrer Ehe enttäuscht, fing die attraktive Großfürstin zahlreiche Affären an. Offiziell hatte sie 21 Liebhaber, die sie alle von ihrem Geistesarzt inspizieren ließ.
Am 20.09.1745 gebar KATHARINA ihren ersten Sohn PAUL. Obwohl vermutlich ihrer Affäre mit SERGEJ SALTYKOW entstammend, wurde das Kind als ehelich anerkannt. Umgehend nach der Geburt nahm Zarin ELISABETH das Kind zu sich, was nachhaltigen Einfluss auf KATHARINAS, aber auch auf PAULS Persönlichkeitsentwicklung hatte. Ihre Tochter ANNA, deren Vater vermutlich STANISLAW PONIATOWSKI war, brachte KATHARINA am 09.12.1757 zur Welt. ANNA starb bereits am 08.03.1759. Am 11.04.1762 wurde die Großfürstin von ALEXEJ, einem Sohn GRIGORIJ ORLOWS entbunden.
Über ihre große Liebe GRIGORI POTEMKIN, der die 45-Jährigen KATHARINA 1774 begegnete, schrieb sie:

„Was für ein erstaunliches Wunder hast du vollbracht, welche Verwirrung hast du angerichtet in diesem Kopf, der bis heute als einer der besten Europas galt! ... Welche Schande! Welche Sünde!?“

PETER III. besteigt den russischen Thron

Zarin ELISABETH verstarb am 25.12.1761 und der Großfürst PETER FJODOROWITSCH bestieg als Zar PETER III. den russischen Thron. Seine Amtshandlungen, wie der Abzug der siegreichen russischen Armee aus Pommern und Ostpreußen oder die Friedensverträge mit Preußen, waren jedoch nicht bei allen führenden Staatsmännern Russlands willkommen. Zu KATHARINAS Entsetzen unternahm er Angriffe gegen die orthodoxe Kirche und verordnete die Säkularisierung der kirchlichen Güter. Eine Heeresreform nach preußischem Vorbild machte ihn im aristokratischen Gardekorps vollends unbeliebt.
KATHARINA II. übernimmt die Macht.
KATHARINA entschloss sich zu handeln und den Gatten zu entmachten. Mithilfe von Kommandant ALEKSEIJ ORLOW, mit dessen Bruder KATHARINA eine Affäre hatte, gelang es ihr, gestützt auf die russische Armee, am 28.6.1762 ihren Gatten vom Thron zu stürzen. Am selben Tag ließ sich KATHARINA in Petersburg zur Zarin proklamieren und vereidigte die Regimenter auf ihren Namen. Am folgenden Tag entwaffneten KATHARINAS Husaren die holsteinischen Truppen des überraschten PETER III., und zwangen diesen, eine Verzichtserklärung zu unterzeichnen.
PETER III. wurde in Schlüsselburg inhaftiert, wo er am 06.07.1762 unter ungeklärten Umständen von ALEKSEIJ ORLOW ermordet wurde. Obgleich der Mord nicht auf KATHARINAS Anordnung geschah, veranlasste sie keine Untersuchungen des Falls. Da sie auf die Unterstützung der Garde nicht verzichten konnte, deckte sie den Schuldigen und nahm beim russischen Volk den Ruf als Gattenmörderin in Kauf.
Am 22.09.1762 wurde sie in Moskau zur Zarin KATHARINA II. von Russland gekrönt und zur absoluten Herrscherin über das größte europäische Imperium erklärt.

Innenpolitische Maßnahmen

Im Sinne des aufgeklärten Absolutismus versuchte KATHARINA II. auf vielen Gebieten Reformen durchzuführen. Seit 1763 entstanden auf ihre Initiative die deutschen Wolga-Kolonien. Sie förderte Landwirtschaft, Industrie und Handel in unterbevölkerten Gebieten, und veranlasste die Besiedelung und Urbarmachung des Südens von Russland, indem sie Einwanderer aus Deutschland und anderen europäischen Ländern anwerben ließ.
Die Kaiserin pflegte ihre westeuropäischen Beziehungen und regte die Weiterentwicklung der Kunst, Kultur und Wissenschaft an. Die Universität von Moskau und die Akademie der Wissenschaften baute sie zu internationalen Bildungszentren aus. Gleichzeitig sorgte KATHARINA II. für den Aufbau des Volksschulwesens in Russland und führte 1764 die europäische Erziehung ein.
Die lokale Verwaltung von St. Petersburg ließ die Zarin im Jahr 1766 reformieren. Durch die französische Aufklärung beeinflusst, formierte KATHARINA 1767 eine Kommission für eine legale Reform, bestehend aus 600 Delegierten aller Stände mit Ausnahme der Leibeigenen. Am 30.07.1767 fand sich die Kommission im Kreml zusammen. Mit dieser Maßnahme wollte KATHARINA II. die Bedürfnisse der Bevölkerung kennenlernen und Popularität erlangen.

Bauernaufstand gegen KATHARINA II.

Da KATHARINA II. zum Regieren auf das Wohlwollen des Adels, ihrer wichtigsten Machtstütze, angewiesen war, musste sie in dessen Interesse auf einen Teil ihrer innenpolitischen Reformversuche verzichten. Sie richtete sich vermehrt nach den Wünschen der adligen Grundbesitzer und stellte sich gegen eine Abschaffung der Leibeigenschaft. Infolgedessen spitzte sich die soziale Situation der leibeigenen Bauern zunehmend zu und kam der Sklaverei gleich.
Während des türkischen Krieges (1768–1774) kam es unter der Führung von JEMELJAN PUGATSCHOW zu einem großen Bauern- und Kosakenaufstand, bei dem PUGAGATSCHOW fast ganz Südrussland unter seine Herrschaft brachte. Im August 1773 gelang es KATHARINA II., den Aufstand blutig niederzuschlagen. Die Revolte veranlasste die Zarin zu Reformen, und es begann ihre reaktionäre Regierungszeit.
1775 reformierte sie die Gouvernementverwaltung und integrierte die Kosaken in das bestehende Heer. Die Leibeigenen der orthodoxen Kirche wurden unter Staatsschutz gestellt. Die Bauern in der Ukraine, die bislang im russischen Reich einen Sonderstatus genossen, wurden 1783 den Großgrundbesitzern als Leibeigene unterstellt. Im Jahr 1785 bestätigte die russische Zarin nochmals in einer „Gnadenurkunde für den Adel“ dessen Privilegien und verschärfte dadurch die Leibeigenschaft der Bauern.
Einflüsse der Französischen Revolution bekämpfte Zarin KATHARINA II. mit eiserner Schärfe.

Außenpolitische Maßnahmen

KATHARINA II. setzte in ihrer Außenpolitik den von PETER III. begonnenen preußenfreundlichen Kurs fort. Die anderen europäischen Staaten sollten in Russland eine Großmacht sehen. Die Zarin hatte wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung des russischen Imperiums. Ihre erfolgreiche Machtpolitik sicherte Russland nach den türkischen Kriegen von 1768–1774 und 1787–1792 die Krim und vergrößerte das russische Reich bis zum Schwarzen Meer.
Mit den Verbündeten Preußen und Österreich führte KATHARINA II. die Dreiteilung Polens durch und brachte einen großen Teil des Landes unter russische Kontrolle. Am 05.08.1772 wurde in Petersburg der Vertrag zur ersten Teilung Polens zwischen den drei Großmächten unterzeichnet. In der zweiten Teilung Polens im Jahr 1793 bemächtigte sich die russische Zarin mit Preußen der größten Teile von Weißrussland und der Ukraine. Im Oktober 1795 fand die dritte polnische Teilung statt, die den Staat nach seiner achthundert Jahre langen Geschichte auslöschte.
Im Bayerischen Erbfolgekrieg vermittelte Russland 1779 den Frieden von Teschen zwischen Österreich und Preußen und wurde neben Frankreich Garantiemacht in den deutschen Angelegenheiten. 1788–1790 führte KATHARINA II. einen Krieg gegen Schweden. 1794 gründete sie die Hafenstadt Odessa.

Vierunddreißig Jahre regierte KATHARINA II., „DIE GROSSE“, mit eisernem und unerschütterlichem Willen zur Macht. Als sie am 17.11.1796 in Zarskoje Selo (heute Puschkin) nach mehreren Schlaganfällen starb, war die moderne russische Gesellschaft organisiert, und ihre Kultur hatte sich gefestigt. Sie hatte verwirklicht, was PETER DER GROSSE begonnen hatte. Russland war unter KATHARINA II. zu einer Großmacht geworden, die eine maßgebliche Rolle im Weltgeschehen spielte.

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