Frühe Neuzeit – ein Überblick

Mittelalter und Neuzeit – die historische Zäsur

Die Unterscheidung von Altertum, Mittelalter und Neuzeit geht auf die italienischen Humanisten des 15. Jh. zurück:
Ihnen galt das Mittelalter als finsteres, rückständiges Zeitalter, das überwunden werden musste. Die Welt sollte nicht mehr allein vom Glauben und von der Kirche, von Inquisition und Ketzerverbrennung, beherrscht werden. In einer neuen Zeit sollte sie vielmehr von menschlicher Vernunft und von Kunst und Wissenschaft beherrscht werden. Sie sollte außerdem nicht allein Gott, sondern auch und vor allem den Menschen dienen.
Als Zäsur bzw. als historischer Einschnitt zwischen dem ausgehenden Mittelalter und der beginnenden Neuzeit sind lange Zeit die Entdeckung Amerikas durch KOLUMBUS (1492) und der Beginn der Reformation mit dem Anschlag der 95 Thesen von MARTIN LUTHER (1517) betrachtet worden. Bei genauerem Hinsehen erwies sich jedoch, dass sich die Grundzüge der neuen Zeit bereits vor der Entdeckung von Amerika seit Mitte des 15. Jh. herausgebildet hatten. Deshalb wird von der neueren Geschichtswissenschaft auch der Zeitraum von 1450 bis 1500 als zeitliche Schwelle bzw. als Übergangszeit vom Mittelalter zur Neuzeit angesetzt.

Kennzeichen des Übergangs vom Mittelalter in die (Frühe) Neuzeit

Den Beginn der Neuzeit markiert als ihr erster Zeitabschnitt die Frühe Neuzeit. Welche Merkmale kennzeichneten nun sowohl die Übergangszeit als auch die Frühe Neuzeit?
Ein epochales Ereignis mit bedeutsamen Auswirkungen auf die europäische Geschichte war die Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen im Jahre 1453. Das hatte u. a. folgende Gründe:

Durch das Vordringen der Osmanen wurde der einst von MARCO POLO „geöffnete“ Landweg nach Indien den europäischen Kaufleuten versperrt. Auch deshalb begannen portugiesische und spanische Seefahrer auf vielerlei Routen die Suche des Seewegs nach Indien. Auf dieser Suche entdeckte KOLUMBUS 1492 Amerika, und VASCO DA GAMA fand 1497 um die Südspitze Afrikas herum über den Indischen Ozean den Seeweg nach Indien. Dadurch erweiterten sich in Europa gewaltig die Vorstellungen von der Größe und Gestalt der Erde.

Zum anderen flohen nach der Eroberung Konstantinopels zahlreiche in der Stadt lebende griechische Gelehrte nach Italien. Hier trugen sie zum Aufblühen des Humanismus und der mit ihm verbundenen Rückbesinnung auf die Antike bei. Der Humanismus breitete sich bis ins 16. Jh. von Italien ausgehend über ganz Europa aus. Er erschütterte die Grundfesten des mittelalterlichen Weltbildes und der katholischen Kirche. Kirche und Geistlichkeit, die das geistige und kulturelle Leben im Mittelalter stark geprägt hatten, begannen an Bedeutung zu verlieren. Und in Verbindung mit der wenig später einsetzenden Reformation wurde auch die Einheit der mittelalterlichen Kirche aufgehoben. Es setzte die Spaltung in „zwei Kirchen“ ein, deren Folgen die Frühe Neuzeit sehr prägten.

Ein weiteres Merkmal der neuen Zeit entstand auch im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Humanismus an der Schwelle zum 16. Jh. Von den Gelehrten, Entdeckern und Erfindern dieser Zeit wurde alles bisher Geglaubte, scheinbar ehern Feststehende nun kritisch hinterfragt und mit den Maßstäben der menschlichen Vernunft überprüft.
Ein neues Weltbild entstand, das sich insbesondere in den zahlreichen Entdeckungen und Erfindungen dieser Zeit manifestierte. So begründete KOPERNIKUS 1543 das heliozentrische Weltbild, das entgegen dem kirchlichen Dogma die Sonne ins Zentrum der Welt rückte. GUTENBERG erfand um 1450 den Buchdruck mit beweglichen Lettern. Dadurch konnten neue Erkenntnisse und Ideen massenhaft und schnell verbreitet werden – ebenfalls ein Merkmal der einsetzenden neuen Epoche.

Das neue Zeitalter kündigte sich aber auch durch Veränderungen im sozialen Gefüge der mittelalterlichen Gesellschaft an. Diese Veränderungen waren vor allem durch die Emanzipation des Bürgertums, seine Befreiung aus der Abhängigkeit gegenüber dem Adel, gekennzeichnet. Das Bürgertum war durch Handel und Gewerbe und durch die schnell wachsende Geldwirtschaft zu Reichtum und Macht gekommen.
Es begann Schritt um Schritt die seit dem Mittelalter bestehende Vorherrschaft des Adels und der Geistlichkeit zurückzudrängen.
Beispiele dafür waren die FUGGER in Augsburg, die als Bankiers von Päpsten am Ablasshandel beteiligt waren und 1517 sogar die Wahl des deutschen Kaisers KARL V. finanzierten.

An der Schwelle zur Neuzeit setzte in Europa auch die Herausbildung von Nationalstaaten ein, wenn auch in etwas anderer Form als wir sie heute kennen. In England und Frankreich begann diese Entwicklung allerdings früher, bereits im 13. Jh. Und Spanien wurde schon nach dem Sieg der Reconquista 1492 zum einheitlichen Nationalstaat. Das territorial zersplitterte, von ausländischen Mächten mitregierte Deutschland, aber auch Italien konnten dagegen erst in der zweiten Hälfte des 19. Jh. als verspätete Nationen die nationale Einheit finden.
Träger der nationalen Selbstständigkeit dieser Nationalstaaten, ihrer Souveränität, war als starke Zentralgewalt das Königtum. Die Herrschaft von Königen wurde durch die Verbindung von deren Person mit göttlichem Recht und mit dem Recht durch Geburt legitimiert.

Gliederung der Neuzeit

Das Zeitalter der Neuzeit wird weiter untergliedert in:

  • Frühe Neuzeit (1450 bis 1650),
  • Jüngere Neuzeit (1650 bis 1789) und
  • Neueste Zeit (1789 bis zur Gegenwart).

Zwei große geschichtliche Ereignisse stehen dabei als Zäsuren zwischen den Phasen der Neuzeit:

Die Jüngere Neuzeit wird mit dem Westfälischen Frieden von 1648, dem Ende des Dreißigjährigen Krieges und der Deutschen Reichsverfassung, eingeleitet. Diese Reichsverfassung, die bis 1806 Bestand hatte, schränkte die Rechte des Kaisers weitestgehend ein und legitimierte die Zersplitterung Deutschlands in einen Staatenbund aus fast 400 Einzelstaaten.
Gleichzeitig wurden die Gegensätze zwischen katholischen und protestantischen Fürsten, die zu den Glaubenskriegen geführt hatten, gelöst. Seit dem Westfälischen Frieden gab es in Deutschland ein geregeltes Nebeneinander von katholischer und evangelischer Konfession.

Die zweite Zäsur, mit der die Neueste Zeit beginnt, ist die Französische Revolution von 1789. Mit ihr brachen die veraltete Feudalordnung und der Absolutismus zusammen. Die Nationalversammlung beseitigte alle Standesrechte des Adels und verkündete die Menschen- und Bürgerrechte. Die wichtigsten Errungenschaften der Revolution wurden in der Folgezeit zum Vorbild für andere Länder, u. a. auch des liberalen Verfassungsstaates, der in Deutschland im 19. Jh. durchgesetzt werden konnte.

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