- Lexikon
- Geschichte
- 3 Frühe Hochkulturen
- 3.2 Ägypten
- 3.2.3 Die Herrschaft der Pharaonen
- Der Pharao Ramses II.
Die 18. Dynastie hatte nach außen die größte Macht und nach innen die größte Pracht Ägyptens entfaltet. Ägypten hatte mit entschiedener Expansion sich ein Weltreich geschaffen. Relativ modern war auch die innere Form des Staates. Im Neuen Reich gab es keine Stände mehr. An Stelle der Gaufürsten und niederer Lehensträger waren Beamte getreten. Zum Beispiel nahmen Priester und Militärs entscheidenden Einfluss auf den König. Die Völker um das östliche Mittelmeer waren in vieler Hinsicht miteinander verbunden. Ägypten hielt sich relativ abseits, war aber durch die dynamische Einheit des Alten Orients einbezogen. Man tauschte Handelswaren aus, aber auch Menschen wurden gehandelt.
In der Reihe der Vorgänger von RAMSES II. ging 1292 v. Chr. die Pharaonenwürde an den Wesir PRAMESES, einen Mann, der nicht dem Adel angehörte. Von der zweithöchsten Position stieg er als RAMSES I. auf den Thron und leitete die 19. Dynastie ein. Er regierte nur 16 Monate, dann übernahm sein Sohn SETHOS I. die Macht. Auf ihn folgte RAMSES II.
Das gesamte Geburtsdatum von RAMSES II. ist nicht bekannt. Verschiedene Chronologien gehen von 1304/03 v. Chr. aus, andere von 1290 oder 1279 v. Chr. Letzteres Jahr wird aber in den meisten Fällen als Krönungsjahr angegeben. In dieser Biografie gehen wir vom Geburtsjahr 1304/03 aus.
Der spätere König RAMSES II. wird also 1304/03 v. Chr. als Sohn des Pharaos SETHOS I. vermutlich in Memphis geboren. Seine Mutter TUJA war die Große Königliche Gemahlin, die wie eine Göttin verehrt wurde.
1212 v. Chr. stirbt der wohl mächtigste Pharao RAMSES II. in seiner Residenzstadt Ramsesstadt (hebr. Pi-Ramesse) und wird im Tal der Könige beigesetzt.
Pharao RAMSES II. wurde als „ruhmreiche Sonne Ägyptens“, als „Goldgebirge“, als „vollkommenes Abbild des Re“ und auch als „Sonne aller Länder“ bezeichnet.
Der Vater von RAMSES II., SETHOS I., war im Militär groß geworden und erwies sich als tatkräftiger und energischer Herrscher. 1291 v. Chr. wurde er zum König (Pharao) gekrönt. SETHOS I. begann die Nordgrenzen Ägyptens zu stabilisieren sowie die sich bekriegenden Beduinen am Horusweg zu befrieden. Gleichzeitig sicherte er die Verbindung und die wichtige Handelsroute nach Norden.
RAMSES II. wuchs seit jüngster Kindheit ganz in militärischer Tradition seiner Familie auf. Der Junge besaß einen unbeugsamen Willen und ein gebieterisches Auftreten. Auf einer Weihinschrift am Eingang des Tempels von Abydos wird RAMSES als das! Wunderkind präsentiert. Schon als Kind kannte er die Städte in den Provinzen von Kanaan, Charu und Djahi, die Provinz Upe (Südsyrien) und die Festungen, die im Land Amurru zurückerobert werden mussten. Mit gerade einmal 10 Jahren führte der junge Prinz einen Trupp Soldaten an, als er 13 Jahre alt war, wurde er von seinem Vater mit zu einem Feldzug gegen Libyen genommen. Mit 14 Jahren durfte RAMSES zusammen mit seinem Vater an einem Feldzug gegen die verhassten Hethiter teilnehmen, um die Provinz Amurru und die Stadt Kadesch wieder unter ägyptische Kontrolle zu bringen. Interessant ist, dass RAMSES zwischen dem 6. und 7. Jahr der Herrschaft SETHOS I. zum Mitregenten ernannt wurde. 1282/80 v. Chr. erhebt SETHOS I. seinen Sohn RAMSES zum Kronprinzen.
Als König SETHOS I. stirbt, wird er mit großem Pomp im Tal der Könige beigesetzt.
Im Jahr 1279 (eventuell auch erst 1278) v. Chr. findet die Thronbesteigung des Königs RAMSES II. in Memphis statt. RAMSES II. oder auch „RAMSES der Große“ der 19. Dynastie herrschte von 1290 bis 1224 v. Chr. sechsundsechzig Jahre über Ober- und Unterägypten und bestimmte dessen Geschicke. Die Macht der Ägypter während der Ramessidenzeit (19. und 20. Dynastie) war angeschlagen. Der Wiederaufbau der verlorenen Macht und die Verteidigung des Landes waren innenpolitisch als auch außenpolitisch zum einem wichtigen Thema geworden.
RAMSES II. verstärkte als nächstes seine Streitmacht. Außerdem nahm er zahlreiche Ausländer in seine Dienste auf. Das waren Scherden, Libyer, Nubier, Amoriter, eingebürgerte Kriegsgefangene. Der Pharao hatte begriffen, wie instabil die Verhältnisse der Bündnisse mit den Stammesfürsten in den Ostländern waren.
Während seiner Regierungszeit bewältigte RAMSES II. mittels drei von ihm aufgestellten „Strategien“ ein gewaltiges Bauprogramm. Seine neue Hauptstadt Ramsesstadt (hebr. Pi-Ramesse) errichtete er im Delta anstelle der einstigen Hyksosstadt Auaris. Der Standort war strategisch gut gewählt, sowohl als Knotenpunkt für den Handel als auch militärisch zwischen Ägypten und der asiatischen Welt. Von Ramsesstadt konnte man bedeutend besser als von Theben aus die Entwicklung in Syrien, Palästina und Mesopotamien überwachen und wenn nötig einschreiten.
SETHOS I. starb im Alter von etwa 50 Jahren. Eine von RAMSES II. erste Aufgabe war nach Theben zu reisen und am Opet-Fest teilzunehmen. Hier vollzog der Pharao seine wichtigsten religiösen Pflichten.
Das Opet-Fest fand zu der Jahreszeit statt, in der der Gott Amun gestorben war und die Welt vom Chaos bedroht wurde. Der Amun, der in Karnak lebte, war ein Himmelsgott.
Der Pharao und die Priester führten eine Prozession an, die eine goldene Statue des sterbenden Himmelsgottes Amun aus dem Allerheiligsten Karnaks zu einer Barke trug. Dieses Boot wurde hinter der Königsbarke flussaufwärts zum Tempel Luxor getreidelt. An den Rudern saßen zwar die hohen Würdenträger, wie es die Zeremonie verlangte, aber die eigentliche Arbeit leisteten am Ufer die Soldaten und Bauern an den Zugleinen.
In Luxor wurde die Statue in den Tempel geleitet, wo sie etwa zwei Wochen blieb. Während dieser Zeit wurden an ihr geheime Verjüngungsrituale vollzogen. Der Pharao leitete die Rituale, die zugleich seine eigene Ka-Seele erneuerten. Denn sie bestätigten auch den Pharao in seinem Recht als Herrscher und Vermittler zwischen Gott und Menschheit.
Nach den Feierlichkeiten fuhr der Pharao auf seiner Barke nach Norden in die heilige Stadt Abydos, Hewimat des Totengottes Osiris. Sein Vater hatte dort einen aufsehenerregenden Tempel bauen lassen. Das er noch unvollendet war, entsetzte RAMSES: Ein Sohn sollte Wert auf die Wünsche des Vaters legen, verkündete er und spornte die Bautätigkeit an, damit es auf immer heißen werde: Sein Sohn hat seinen Willen verewigt! Anschließend ließ RAMSES seinen eigenen Namen und sein Bild an vielen Stellen im Tempel seines Vaters anbringen.
Um 1275 v. Chr. überschritt RAMSES II. die ägyptische Grenze und erreichte nach einem Monat Schabtuna südlich von Kadesch gelegen. Kadesch war eine strategisch wichtige Stadt im Norden. Mit einer großen Streitmacht von 20 000 Mann marschierte RAMSES II. nach Norden und provozierte eine Konfrontation mit dem Hethiterkönig MUWATALLIS.
Der Hethiterkönig MUWATALLIS hatte ein sehr großes Aufgebot von hethitischen und alliierten Truppen unmittelbar bei Kadesch aufmarschieren lassen.
Die Kampfhandlungen der ägyptischen Soldaten waren in einer aussichtslosen Lage. Durch schlechte Aufklärung auf ägyptischer Seite gelang den hethitischen Streitwagen ein Überraschungsangriff auf RAMSES' Hauptdivision. Die ägyptischen Soldaten stoben entsetzt auseinander. RAMSES fand sich allein und verlassen. Dennoch sprang er in seinen Streitwagen und verkündete seinem schlotternden Schildträger:
Ich werde mich auf sie stürzen wie ein Falke, werde sie töten, niedermetzeln und zu Boden strecken!
Ob es stimmt, ist heute nicht mehr mit Sicherheit nachvollziehbar, da nur die Version des Pharaos überliefert ist.
Angeblich soll der Pharao mit seinem Generalstab das Waffenstillstandsangebot angenommen haben, um ein Desaster für die ägyptische Armee abzuwenden. Diese Schlacht bei Kadesch am Orontes wurde vielfach dargestellt in Wandmalereien und auch dichterisch besungenen.
Nach mehreren Zügen RAMSES II. nach Asien schloss sich eine Friedensperiode von etwa 60 Jahren an. Diese wurde im 21. Regierungsjahr RAMSES II. durch den Staatsvertrag mit dem Hethiterreich abgesichert.
Der um 1259 v. Chr. abgeschlossene Vertrag zwischen RAMSES II. und dem Nachfolger von MUWATALLIS, dem Hethiterkönig HATTUSILIS war der erste Friedensvertrag der Welt.
Der Vertrag beendete auf Dauer die Auseinandersetzungen zwischen beiden Staaten, verpflichtete sie zu gegenseitiger Waffenhilfe bei Angriffen und Aufständen und regelte die Auslieferung politischer Flüchtlinge. Die Allianz zwischen den beiden seither verfeindeten Völkern konnte durch die Heirat mit einer hethitischen Prinzessin, die als Große königliche Gemahlin nach Ägypten kam und eine spätere zweite Heirat gefestigt werden.
Dieser sehr umfassende Friedensvertrag blieb in babylonischer und ägyptischer Abschrift erhaltenen.
RAMSES II. Hauptgemahlin war NOFRETIRI; neben ihr stand ISISNOFRET, die Mutter seiner Söhne CHAEMWASET und MERENPTAH (vierter und dreizehnter Sohn RAMSES II.). Beide spielten eine historische Rolle. Neben den Großen Königlichen Gemahlinnen besaß RAMSES II. natürlich eine große Anzahl Königlicher Nebenfrauen, unter ihnen waren Ägypterinnen, aber auch fremdländische Frauen. Das waren meist Frauen aus asiatischen Ländern, die nach Vertragsabschlüssen an den Hof des Pharaos gelangten. Diese schenkten ihm eine Vielzahl von Nachkommen.
Um den Friedensvertrag mit den Hethitern noch zu festigen, wurden im 34. und im 40. Regierungsjahr zwei hethitische Prinzessinnen mit dem Pharao vermählt.
In einem nubischen Tempel wird RAMSES II. als Vater von 111 Söhnen und 51 Töchtern dargestellt. Einige seiner Söhne waren am ägyptischen Hof angesehene Persönlichkeiten, die hohe Ämter inne hatten. Als der bekannteste unter ihnen dürfte wohl CHAEMWASET gelten. Er war Oberpriester des Ptah in Memphis und ein bedeutender Ritualpriester des Landes. Als leidenschaftlicher Archäologe restaurierte er mehrere alte Denkmäler und hatte Interesse an der memphitischen Nekropole. Sein dreizehnter Sohn MERENPTAH wurde nach dem Tod RAMSES II. mit etwa 50 Jahren der nächste Pharao.
PHARAO RAMSES II. war einer der größten Bauherren Altägypten. Seine enorme Bautätigkeit kann heute noch bestaunt werden.
Ramsesstadt (auch hebr. Pi-Ramesse) mit dem Kern des alten Auaris im Ostdeltal ließ er als Hauptstadt unter Verwendung von Kunstwerken seiner Vorgänger aus ganz Ägypten ausbauen. Im Zentrum errichtete er seinen Palast mit prachtvollen Gärten und verschiedenen Tempeln, die Göttern geweiht waren. Am linken Nilufer in der Nähe von Theben baute er sich seinen „Totentempel“ – Ramesseum. Der Ausbau der Königsgräber, gelegen auf der Westseite des Nils, gegenüber von Karnak, Luxor und Abydos wurde vervollständigt. In Luxor ließ der König unter anderem den großen Pylon vor dem Tempel Amun-Hotep III. errichten. Das wohl faszinierendste und bekannteste Bauwerk von RAMSES II. ist Abu Simbel. Dort werden zwei Tempel erbaut. Der eine war Amun geweiht, der zweite Tempel gehörte seiner Frau Nefertiri. Die Front seines Tempels bildeten vier Statuen, die RAMSES II. als Amun darstellen.
Hier steht Re, als Mann mit einem Falkenkopf, der sich auf zwei Hieroglyphen stützt. In Abu Simbel ließ RAMSES die bedeutendsten Ereignisse seiner Regierungszeit in Stein meißeln. Im Allerheiligsten des Tempels befinden sich vier Sitzstatuen, eine davon ist RAMSES selbst.
Um die Goldproduktion im Wadi Allaki in Nubien zu intensivieren, wurde durch RAMSES II. die Wasserversorgung auf dem Weg zu den Goldminen verbessert. Der Brunnen, den er graben ließ, konnte wiederentdeckt werden. Weiterhin baute er zahlreiche Tempel in Nubien, in Gerf Hussein, in Wadi el-Sebua und in Derr. Bei Kalabscha konnte der Felsentempel Beit el-Wali wiedererrichtet werden.
Die Mumie des Pharaos befindet sich im Ägyptischen Museum in Kairo.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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