Politische Situation in Berlin nach Kriegsende
Berlin war ähnlich wie ganz Deutschland unter den Siegermächten in vier Besatzungszonen aufgeteilt worden. Diese wurden als Sektoren bezeichnet. Allerdings gab es für Berlin zunächst noch eine gemeinsame Verwaltung, die Interalliierte Militärkommandantur. Diese unterstand wiederum dem Alliierten Kontrollrat für ganz Deutschland. Keine der vier Siegermächte sollte also die alleinige Kontrolle über die Hauptstadt des besiegten Deutschland ausüben.
Die Situation Berlins war zudem dadurch gekennzeichnet, dass die sowjetische Besatzungszone (SBZ) die gesamte Stadt umgab. Lebensmittel und Güter des täglichen Bedarfes kamen mit Ausnahme der Brennstoffe jedoch nur zu geringem Teil aus der SBZ. Der größte Teil musste auf Straße, Schiene oder auf dem Wasserweg aus den drei mehrere Hundert Kilometer entfernten westlichen Besatzungszonen herangeschafft werden.
Berlinblockade und Luftbrücke
Am 24. Juni 1948 begann die Sowjetunion aus politischen Gründen mit der Blockade der Zufahrtswege zu den westlichen Sektoren Berlins. Die sogenannte Berlinblockade dauerte fast ein Jahr bis zum 12. Mai 1949.
Während der Blockade wurde die Stadt völlig abgeriegelt. Der gesamte Güterverkehr zwischen den Westzonen und den westlichen Sektoren Berlins kam zu Lande und auf dem Wasser zum Erliegen. Ebenso wurden alle Lieferungen von Strom und Kohle aus der SBZ nach Westberlin gestoppt. Der Bevölkerung Westberlins drohte nun eine ernste Versorgungskrise.
Der einzige Weg nach Berlin, der den westlichen Alliierten noch offen stand war der Luftweg. Denn es gab seit November 1945 zwischen den westlichen Besatzungsmächten und der Sowjetunion eine Vereinbarung über drei Luftkorridore von je 30 km Breite, die die westlichen Besatzungszonen mit Berlin verbanden. Auf diesen Korridoren wurde die Bevölkerung Westberlins während der Blockade durch eine Luftbrücke von den Briten und Amerikanern versorgt.
In Westberlin gab es zu dieser Zeit nur zwei Flugplätze, Tempelhof und Gatow, die durch die Vielzahl der Starts und Landungen völlig überfordert waren. Deshalb wurde zu Beginn der Blockade in Tegel ein dritter Flughafen gebaut, der bereits nach nur drei Monaten Bauzeit fertiggestellt wurde.
Die Versorgungsflugzeuge starteten von acht Flugplätzen in den Westzonen, die meisten von Frankfurt am Main. Man hatte errechnet, dass täglich mindestens 4500 Tonnen Lebensmittel und andere Güter mit den Flugzeugen nach Berlin transportiert werden mussten, um die Bevölkerung hinreichend mit dem Nötigsten zu versorgen. Da man zunächst auf solche Mengen überhaupt nicht eingerichtet war, erreichte die Luftbrücke erst im Dezember 1948 die erforderliche Kapazität.
Anfänglich flogen über die Luftbrücke nur 30 alte Flugzeuge. Im Frühjahr 1949 landete dann alle 30 Sekunden eines der von den Berlinern als „Rosinenbomber“ bezeichneten Versorgungsflugzeuge. In der gesamten Zeit der Existenz der Luftbrücke gab es mehr als 270 000 Flüge, durch die 1,83 Mio. Tonnen Versorgungsgüter nach Berlin gebracht wurden. Diese Zahlen belegen, dass die Luftbrücke nicht nur eine große humanitäre, sondern auch eine gewaltige technische und organisatorische Leistung war. Dennoch musste die Berliner Bevölkerung während der Blockade im Vergleich zur westdeutschen Bevölkerung viele Lebensmittel, aber auch Heizmaterialien entbehren. Kinder konnten zum Beispiel nur aus Trockenmilchpulver hergestellte Milch trinken.
Die Ursachen der Blockade
Am 20. Juni 1948 fand in den Westsektoren gleichzeitig wie in den westlichen Besatzungszonen die Währungsreform statt. Als Reaktion auf die Einführung der D-Mark in Westberlin kündigte die Sowjetunion für den 24. Juni die Einführung einer eigenen Währung, der D-Mark Ost, in ihrer Besatzungszone und in Ostberlin an. Den Streit darüber, welche Währung in der geteilten Stadt gelten sollte, nahm die Sowjetunion zum Anlass, die Blockade der Zufahrtswege nach Berlin zunächst anzukündigen und wenige Tage später zu beginnen.
Wie so häufig unterschieden sich aber auch hierbei Anlass und eigentliche Ursache. Der spätere Bürgermeister ERNST REUTER brachte das Problem auf den Punkt, als er im Juni 1948, wo sich die Krise bereits klar abzeichnete, feststellte:
„Wer die Währung hat, hat die Macht.“
Es ging also letztlich bei der Blockade um die Machtfrage in Berlin. Berlin war als ehemalige deutsche Reichshauptstadt ein Ort von großer politischer Symbolik und Bedeutung. Außerdem konnte man in der Stadt wie unter einer Lupe den Ost-West-Konflikt des beginnenden Kalten Krieges beobachten. Als geteilte Stadt war Berlin auch „Frontstadt“. Von Anbeginn an gab es deshalb zwischen den westlichen Besatzungsmächten und der Sowjetunion immer wieder Machtproben und Auseinandersetzungen um die politische Macht in der Stadt.
Diese Auseinandersetzungen spielten sich nicht nur zwischen den Besatzungsmächten, sondern auch zwischen den Parteien in den verschiedenen Sektoren der Stadt ab. So legte die Sowjetunion 1947 ihr Veto gegen die Wahl des SPD-Mitgliedes ERNST REUTER zum Oberbürgermeister der Stadt ein. Dieses Veto war aber auch Ausdruck des Widerstandes der SED, der in Ostberlin dominierenden Partei.
Nicht unterschätzt werden darf, dass Westberlin wie eine Insel inmitten der sowjetischen Besatzungszone lag. Im Westen wurde die Stadt deshalb teils als eine Art „Schaufenster der freiheitlichen Gesellschaft“ apostrophiert, teils auch als „Speerspitze im Fleische des Kommunismus“. Diese Sichtweisen mussten die Sowjetunion zwangsläufig beunruhigen.
Durch diese Insellage hatten die Sowjets allerdings andererseits ein Faustpfand für die Auseinandersetzungen im Kalten Krieg in der Hand. Die Westberliner Bevölkerung konnte gewissermaßen als Geisel bei der Durchsetzung politischer Ziele genutzt werden.
In Westdeutschland führte diese sowjetische Politik allerdings eher zu einer Annäherung an die Amerikaner, was von Moskau sicher nicht beabsichtigt worden war.