Bericht über Westafrika im 15. Jh. - Alvise da Cá da Mosto

Über die erste Reise Ein Marktplatz in der Westsahara

Von Kap Blanco aus 60 Tagesreisen auf dem Kamel landeinwärts lag, wie CÁ DA MOSTO erfuhr, ein Ort names Hoden, der damals der wichtigste Handelsplatz in der Westsahara war. Hierher kamen häufig Araber, denn in Hoden befand sich ein Markt, bei dem die Karawanen zu rasten pflegten, die aus Timbuktu kamen. Das wertvollste und wichtigste der Handelsgüter war Gold.
Auch Kaufleute aus anderen Orten des „Mohrenlandes“, wie CÁ DA MOSTO Schwarzafrika bezeichnete, zogen auf ihrem Weg nach Marokko durch Hoden.
CÁ DA MOSTO berichtete weiter:

„Die Bewohner von Hoden ernährten sich vor allem von Datteln und Gerste, die reichlich vorhanden waren. Ihren Durst löschten sie mit der Milch von Kamelen und anderen Tieren. Auch Kühe und Ziegen wurden gehalten, aber nur wenige, weil das Land wüstenhaften Charakter trug.
Die Menschen, die in der Gegend lebten, waren Mohammedaner, die der Berichtende als den Christen sehr feindlich gesinnt bezeichnet. Sie waren nicht seßhaft, sondern waren mit ihren Kamelkarawanen als Kaufleute zwischen Marokko und Timbuktu und dem ,Mohrenland' unterwegs. An der Atlantikküste trieben sie aber auch mit europäischen Kaufleuten Handel.“

CÁ DA MOSTO teilte seinen Lesern darüber mit, dass
„Prinz Heinrich die Insel Argim für zehn Jahre christlichen Kaufleuten überlassen hat, so daß außer denen, die hierfür eine ausdrückliche Erlaubnis haben, niemand hierherkommen kann, um mit den Arabern Handel zu treiben. Diese Kaufleute haben hier Wohnhäuser und Manufakturen aufgebaut, in denen sie mit den Arabern Handelsgeschäfte tätigen. Die Araber kommen hierher an die Küste, um Handelsgüter der verschiedensten Art zu erwerben … Im Tausch dafür verkaufen sie Sklaven, die sie aus dem Land der Mohren besorgen, und Goldstaub.“
(S. 75)

In dieser Region der Westsahara blühte auch der Sklavenhandel. CÁ DA MOSTO berichtet: Die Araber waren erfahrene Pferdezüchter. Die Pferde tauschten sie in Schwarzafrika, bei „den dortigen Fürsten“ gegen Sklaven ein. Je nach Qualität des Pferdes konnten für ein Pferd 10 bis 15 Sklaven eingetauscht werden.
Die Araber brachten auch Seidenstoffe aus der Hauptstadt des Maurenreiches Granada und aus Tunis am Mittelmeer mit. Die Sklaven, die sie neben Gold eintauschten, wurden von den Arabern zunächst auf den Markt von Hoden gebracht. Von dort gelangten sie dann an die Mittelmeerküste oder sogar noch weiter bis nach Sizilien.
Ein Teil der Sklaven wurde auf eine Insel vor der westafrikanischen Küste gebracht, um sie dort an die portugiesischen Kaufleute zu verkaufen. Auf diese Weise wurden jährlich bis zu 1000 Sklaven nach Portugal befördert.
CÁ DA MOSTO weist darauf hin, dass die Portugiesen auch selbst auf Sklavenjagd gingen. Die Besatzungen bewaffneter portugiesischer Karavellen verließen dazu bei Nacht ihre Schiffe, um Fischerdörfer zu überfallen und das Land anschließend verwüstet zurückzulassen. Auf diese Weise brachten sie Männer wie Frauen in ihre Gewalt und verschleppten sie dann als Handelsware nach Portugal (Bild 1).

Zwischen Senegal und Kap Verde

Weiter der Küste entlang nach Süden segelnd, gelangte CÁ DA MOSTO in eine Gegend, die sich zwischen der Mündung des Senegal-Flusses und dem Grünen Vorgebirge, Kap Verde, befand. Hier machte er die Bekanntschaft mit Fürst BUDOMEL, dem gewählten Herrscher eines kleinen afrikanischen Reiches.
CÁ DA MOSTO hatte von arabischen Kaufleuten von der Gastfreundlichkeit des Herrschers erfahren.
Er hatte neben einigen Pferden aus Portugal, von denen er wusste, dass sie in Schwarzafrika sehr begehrt waren, noch eine Reihe anderer Waren an Bord. So war er entschlossen, den Fürsten BUDOMEL aufzusuchen und sein Glück bei ihm zu versuchen.
Der Fürst ließ auch mit sich handeln und versprach CÁ DA MOSTO, ihm 100 Sklaven zu übergeben. Dazu lud er ihn in sein Haus ein, das sich aber 250 Meilen von der Küste des Atlantik entfernt befand. CÁ DA MOSTO nahm die Einladung dennoch an, um das Land und seine Bewohner noch genauer kennenzulernen.
Über Fürst BUDOMEL und sein Land schreibt CÁ DA MOSTO:

„... daß man nicht davon ausgehen darf, daß die Herrscher über dieses Land, obwohl sie Fürsten genannt werden, Paläste und Städte besitzen. Der König dieses Reiches gebietet nur über Dörfer, die aus Strohhütten bestehen. Hinzu kommt, dass besagter Budomel nur über einen Teil dieses Landes, das zudem noch sehr klein ist, herrschte. Auch sind diese Männer nicht aufgrund von Reichtümern, Schätzen oder Geld Fürsten, denn sie besitzen weder Geldstücke, noch geben sie solche aus. Vielmehr stehen sie in fürstlichem Range ganz allein aufgrund ihres Ansehens, das sie im Volk genießen, und aufgrund der Gefolgschaft, die ihnen von ihren Untertanen geleistet wird. In der Tat bringt ihnen ihr Volk mehr Gehorsam entgegen als das unsere den italienischen Fürsten.“ (S. 102)

CÁ DA MOSTO durfte sogar an einem Gottesdienst in einer Moschee teilnehmen, in der islamische Priester den Fürsten und andere vornehme Männer in der Lehre des Islam unterwiesen.
Nach dem Gebet fragte BUDOMEL seinen Gast um dessen Meinung. CÁ DA MOSTO antwortete mit einem für diese Zeit typischen Bekehrungsversuch zum christlichen Glauben:

„... um ihm schließlich unverblümt zu sagen, daß sein Glaube falsch sei und diejenigen, die ihn darin unterrichteten, Betrüger seien. Ich bewies ihm also mit vielen Argumenten, daß Mohammeds Lehre ein Irrglaube sei, der christliche dagegen recht und heilig, womit ich seine Glaubensgelehrten zornig machte. Darüber musste der Fürst sehr lachen und sagte, daß ihm unser Glaube sehr gut gefalle.
Es könne – so meinte er – letztendlich nur Gott selbst sein, der uns mit so großem Reichtum, so viel Geschick und so großen Kenntnissen ausgestattet habe. Nichtsdestoweniger beharrte er darauf, daß auch er einen rechten Glauben hätte. Auch war er der Meinung, dass sie eher als wir Christen Seligkeit und Erlösung erlangen könnten. Denn da Gott ein gerechter Herr sei, der uns zwar auf dieser Welt mit vielen Gaben und großen irdischen Nutzen bedacht, den Mohren dagegen fast nichts gegeben habe, werde er ihnen dafür, daß er ihnen hier auf Erden kein Paradies beschert habe, dieses im Jenseits gewähren.“
(S. 106 f.)

Die besondere Verwunderung der Einheimischen löste seine weiße Hautfarbe aus:

„Sobald ich auf einem dieser Märkte auftauchte, liefen die Eingebornen, Männer wie Frauen, zusammen, um mich zu bestaunen. Ich war für sie offensichtlich ein Wunder. Es schien für sie eine völlig neue Erfahrung zu sein, einen Christen mit eigenen Augen zu sehen. Offenbar hatten sie einen derartigen Menschen vorher noch niemals zu Gesicht bekommen. Dabei waren sie über meine Kleider nicht weniger verwundert als über meine weiße Hautfarbe. Ich trug damals Kleider im spanischen Stil, einen Wanst aus schwarzem Damast und darüber einen kurzen graufarbenen Wollmantel, den die zusammengeströmten Mohren mit großem Erstaunen besahen und prüften. Einige von ihnen berührten sogar meine Hände und Arme und bestrichen sie mit Speichel, um herauszufinden, ob ich von Natur aus weiß oder nur mit weißer Farbe übermalt war. Als sie nun auf diese Weise feststellten, daß ich von Natur aus weiß war, waren sie darüber sehr verwundert.
Der Grund, warum ich derartige Märkte aufsuchte, war mein Bestreben, fremde Dinge kennenzulernen. Unter anderem wollte ich dadurch auch herausfinden, ob die Einheimischen hier mit Gold handelten.“

CÁ DA MOSTO erzählte weiter, dass die Schwarzafrikaner über vieles erstaunt waren, das ihre weißen Besucher besaßen. Vor allem hatten es ihnen deren Waffen und Armbrüste angetan

„und noch viel mehr die Schiffskanonen. Einige kamen sogar auf das Schiff, wo ihnen dann das Abfeuern eines Mörsers vorgeführt werden mußte. Über das Krachen des Schusses waren sie zutiefst erschrocken. Als ihnen mitgeteilt wurde, dass ein Mörserschuß auf einmal mehr als 100 Menschen niederstrecken konnte, äußerten sie verwundert, daß diese Waffe „... eine Erfindung des Teufels sein müsse.“

ALVISE DA CÁ DA MOSTO hinterließ den ersten von einem Europäer verfassten Bericht über Westafrika. Dieser war eine wichtige Grundlage für alle folgenden Entdeckungsreisen entlang der Küste Westafrikas nach Süden, die portugiesische Seefahrer unternahmen. Die deutsche Ausgabe des Berichts erschien bereits 1508.

Die Zitate sind folgender Quelle entnommen:
Alvise da Cá da Mosto: Reise nach Westafrika. »Newe unbekanthe landte und ein newe weldte in kurtz verganger zeythe erfunden«. Übertragen von Rudolf Kroboth nach der deutschen Ausgabe von 1508. In: Heinrich der Seefahrer oder Die Suche nach Indien. Eine Dokumentation mit Alvise da Cá da Mostos erstem Bericht über Westafrika und den Chroniken Zuraras und Barros' über den Infanten. Übertragen und herausgegeben von Gabriela Pögl und Rudolf Kroboth. © 1989 by Edition Erdmann in K. Thienemanns Verlag,

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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