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Die „Sieben Weltwunder“ sind berühmte Bau- und Kunstwerke der Antike, die durch Größe, Pracht und außergewöhnliche Technik auffielen. Die Liste der Weltwunder wurde immer wieder verändert. Die ersten Aufstellungen gehen auf die hellenistische Zeit zurück, die im späten 4. Jahrhundert v. Chr. begann. Die älteste vollständig erhaltene Liste ist in einem Gedicht von ANTIPATROS VON SIDON aus dem 2. Jh. v. Chr. zusammengefasst. Darin ersetzten noch die Festungsmauern von Babylon den später zu den Weltwundern zählenden Leuchtturm von Pharos. Die heute geläufige Ausprägung der Liste stammt aus der Renaissance- und Barockzeit.
Am Rande der Libyschen Wüste in Ägypten befinden sich die Pyramiden der Pharaonen CHEOPS, CHEPHREN und MYKERINOS. Etwa 4 500 Jahre alt – sie entstanden um 2590–2470 v. Chr. –, sind sie das älteste und einzige noch erhaltene der „Sieben Weltwunder“. Häufig wird stellvertretend die größte unter ihnen, die Cheops-Pyramide, genannt. Mit Ausnahme der Chinesischen Mauer ist sie das größte Bauwerk, das je von Menschen errichtet wurde. Ihre Höhe von 146,60 m kann zur Veranschaulichung mit einem 50-stöckigen Hochhaus verglichen werden; auf ihrer Grundfläche von 230 x 230 m könnten die fünf größten Kirchen der Welt zusammenstehen.
Mit der Thronbesteigung wurde der Bau auf Befehl des Pharaos CHEOPS begonnen, zu dem nicht nur die Pyramide, sondern auch ein Totentempel und eine Pyramidenstadt als königliche Residenz gehörten. Eine Pyramide diente als Grabmal für den Herrscher. Ob die Cheops-Pyramide tatsächlich als Grabstätte benutzt wurde, wird heute bezweifelt.
Zwanzig Jahre nahm der Bau der Pyramide in Anspruch. Vermutlich wurde nur in den drei Überschwemmungsmonaten gebaut, in denen die landwirtschaftlich arbeitende Bevölkerung beschäftigungslos war. Nach HERODOT beteiligten sich etwa 100 000 Ägypter am Bau; nach heutigen Schätzungen waren es wesentlich weniger.
Die eigentliche Leistung des Pyramidenbaus bestand in dem hohen handwerklich-technischen Können und in der einzigartigen Organisation als Voraussetzung für einen Bau von solcher Präzision und Dimension. Ohne elektronische Geräte richteten die Pyramidenbauer den Standort der Pyramiden exakt nach den Himmelsrichtungen aus. Auch die Konstruktionen der Grabkammer und der Verschlusstechnik der Zugänge stellten höchste handwerkliche Anforderungen. Vor der Erfindung des Rades, mit dessen Hilfe man große Lasten mit verhältnismäßig geringem Aufwand hätte bewegen können, wurden Steinblöcke von bis zu 2,5 t auf Schlitten und Rampen gezogen. Die Granitblöcke im Innern der Grabkammer, die von Steinbrüchen aus 800 km Entfernung herangeschleppt werden mussten, wogen sogar bis zu 40 t.
Da zum Wiederaufbau Kairos nach einem Brand von 1168 v. Chr. Bausubstanz der Cheops-Pyramide benutzt wurde, fehlen heute die obersten Schichten sowie die weißen Kalksteinplatten, die Außenverkleidung. Sie misst daher nur noch 136,2 m und ist als unverkleidete Schichtpyramide zu sehen.
Der Begriff „Pyramide“ für den geometrischen Körper leitet sich von dem ägyptischen Grabmal ab, nicht umgekehrt: Die Griechen hatten den Begriff von den Ägyptern übernommen. Die pyramidale Form wurde in der heutigen Architektur wiederentdeckt als Grundform postmoderner Bauten (etwa der Eingang des Louvre in Paris).
Als „Hängende Gärten“ berühmt waren die Terrassen-Dachgärten der assyrischen Königin SEMIRAMIS (810–782 v. Chr.) in der Königsburg in Babylon. Laut griechischer Überlieferung wurden sie jedoch erst viel später von König NEBUKADNEZAR II. (605–562 v. Chr.) für seine Gemahlin angelegt, die eine Vorliebe für bewaldete Berge hatte. Erbauer, Bauzeit und genauer Ort sind wissenschaftlich nicht eindeutig bestimmbar.
Die Dimension der Hängenden Gärten überstieg die damalige Gartenbaukunst des Vorderen Orients. Sie waren nicht nur architektonisch gesehen einzigartig, sondern stellten auch die umfangreichste Pflanzensammlung der Zeit dar und glichen insofern einem botanischen Garten. Die fremdländischen Pflanzen ließ sich der König von den Feldzügen seiner Soldaten oder von Handelskarawanen und -schiffen mitbringen.
In der antiken Literatur ist die Breite der Gärten mit über 100 m angegeben. Die terrassenförmige Anlage verlieh ihnen den hängenden Eindruck. Von einer Terrasse zur nächsten (etwa 25–35 m Höhenunterschied) rankten Kletterpflanzen. Die Konstruktion erlaubte es, auch große Bäume auf allen Ebenen zu pflanzen. Die Gärten wirkten so wie ein bewaldeter Berg.
Der Tempel der griechischen Jagdgöttin Artemis befand sich in der kleinasiatischen Hafenstadt Ephesos und wurde „Artemision“ genannt.
Die ionischen Bewohner von Ephesos begannen im 6. Jh. einen Artemis-Tempel zu bauen. Der lydische König KROISUS – der uns unter dem sprichwörtlich gewordenen Namen „Krösus“ bekannt ist – eroberte 560 v. Chr. Ephesos und finanzierte den Tempelbau. Der Architekt CHERSIPHRON ließ den Marmorbau mit einer Breite von etwa 50–60 m und einer Länge von etwas über 100 m erstehen. Die über 100 Marmorsäulen von je 18 m Höhe (vergleichbar mit einem 6-stöckigen Hochhaus) standen zum großen Teil in mehreren hintereinanderliegenden Reihen an der Vorderseite, die dadurch wie ein Säulenwald wirkte. Decken, Dachstuhl und Flügeltüren waren aus Zedern- bzw. Zypressenholz gefertigt, die Türen mit Gold verziert. Durch eine Säulenhalle gelangte man in einen offenen Hof und in ein kleines Gebäude, in dem die 2 m hohe Kultstatue der Artemis stand. Sie war aus Weinrebenholz gefertigt und mit Silber und Gold verkleidet.
356 v. Chr. wurde der Tempel von einem Ephesier namens HEROSTRATOS niedergebrannt. In den Überresten fand sich noch das nahezu unversehrte Artemis-Standbild. Das neue Artemision, von CHEIROKRATES um 300 v. Chr. mithilfe von Spenden aus ganz Griechenland errichtet, übertraf den ursprünglichen Tempel in Grundfläche und Höhe, entsprach ihm architektonisch aber weitgehend. 262 n. Chr. fiel das neue Artemision den Plünderungen der Goten zum Opfer.
Archäologische Funde von 1903 und 1956 sind im Britischen Museum in London sowie in den Museen in Ephesos und Seltschuk (Türkei) zu sehen.
Olympia auf dem Peloponnes war im antiken Griechenland Austragungsort sportlicher Wettkämpfe. Sie fanden seit dem 8. Jahrhundert v. Chr. zu Ehren des Göttervaters Zeus in seinem Heiligtum statt. Im Mittelpunkt des Geländes befand sich seit 457 v. Chr. der Zeus-Tempel. Darin fand die Kultstatue des Zeus Platz, die der berühmte Athener Bildhauer PHIDIAS nach 430 v. Chr. fertigstellte und die zu den Weltwundern gehört.
Das Kultbild stellte Zeus, sitzend auf einem Herrscherthron mit hoher Rückenlehne, mit einem Mantel bekleidet dar. In der linken Hand hielt er das Zepter, auf dem ein Adler saß, in der rechten die Siegesgöttin Nike. Sein Kopf war mit einem Ölbaumkranz, dem Siegerzeichen, gekrönt. Die Füße stützen sich auf eine Fußbank, die von zwei Löwen getragen war und auf der eine Inschrift auf PHIDIAS hinwies. Insgesamt war die Figur 12 m hoch – das entspricht der siebenfachen Lebensgröße. Das Innere der Statue bestand aus Zypressen- und Ebenholz. Die Verkleidung von Gesicht, Armen, Händen und Füßen war aus Elfenbein gefertigt, Haare, Gewand und Sandalen aus Gold. Die Augen bestanden aus faustgroßen Edelsteinen.
Durch ein Erdbeben im 2. Jh. n. Chr. wurde die Statue des Zeus schwer beschädigt; der weitere Verbleib ist umstritten.
Das Mausoleum ist ein gigantischer Grabbau für den König MAUSOLOS VON KARIEN (gest. 353 v. Chr.). Die einzigartige Bauweise sowie die griechischen, ägyptischen und persischen Kunstelemente begründeten die Einreihung des Monuments unter die Weltwunder schon zur damaligen Zeit. MAUSOLOS' Grabmal wurde zum Vorbild für spätere Herrscher, die sich unter der Bezeichnung „Mausoleum“ ein monumentales Denkmal setzen ließen. Die Bauweise des Mausoleums wurde von fast allen Kulturen übernommen.
Halikarnassos, eine ursprünglich griechische Stadtgründung an der Küste Kleinasiens (heute Bodrum), gehörte seit 546 v. Chr. zum Perserreich. König MAUSOLOS, Satrap (das Reich Schützender) des zu Persien gehörenden Königreichs Karien, ließ sich in Halikarnassos eine Residenz schaffen, in deren Mitte er sein eigenes Grabmal plante. Als MAUSOLOS starb, trieb seine Schwester und Gemahlin ARTEMISIA den Bau weiter voran. Doch auch nach ihrem Tod 351 v. Chr. brauchte es noch weitere 20 Jahre bis zur endgültigen Fertigstellung.
Das Mausoleum war insgesamt fast 50 m hoch, das entspricht etwa einem 16-stöckigen Hochhaus. Auf einem rechteckigen, fünfstufigen Unterbau von 33 x 39 m war ein Würfel gebaut. Erst darüber befand sich, von fast 40 Säulen umgeben, das Grabmal. Auf dem darüber liegenden pyramidalen Stufendach thronte ein Viergespann, gelenkt von Marmorstatuen des Königspaares, MAUSOLOS und ARTEMISIA (die beiden Statuen sind heute im Britischen Museum in London zu besichtigen). Besondere Bewunderung riefen die zahllosen Friesen, Reliefs und Statuen aus Marmor hervor, die Tiere, lebensgroße Krieger und berühmte Kämpfe darstellten.
Im 13. Jh. brachte ein Erdbeben große Teile des Grabbaus zum Einsturz. Ende des 15. Jh. trugen Kreuzritter des Johanniter-Ordens die Ruine bis auf die Grundmauern ab, indem sie die Steine für den Bau eines Kastells verwendeten.
Der Sonnengott Helios war der Schutzpatron der Insel Rhodos. Als die Hauptstadt Rhodos 305/04 v. Chr. einer Belagerung des Königs DEMETRIOS POLIORKETES, dem „Städtebelagerer“, standhielt, beschloss man, als Dank dem Gott Helios ein Standbild zu errichten.
Der Bildhauer CHAROS VON LINDOS wurde mit dem Werk beauftragt, der die Statue nach 12-jähriger Bauzeit um 292 v. Chr. fertigstellte. Das etwa 30–35 m hohe Standbild war aus Bronze gegossen, Gesicht und siebenstrahlige Krone waren vergoldet. Ein Finger war größer als ein ausgewachsener Mann und konnte kaum mit beiden Armen umfasst werden. Mangels antiker Quellenfunde ist Aussehen und Standort der Riesenstatue unsicher. Die übliche Darstellung des Kolosses, der mit gespreizten Beinen über der Hafeneinfahrt von Rhodos stand, gilt als falsch; vermutlich handelte es sich um eine aufrechte Statue, deren Standort eher im Heiligtum des Sonnengottes als in der Hafengegend gelegen haben dürfte.
Der Koloss von Rhodos stand nur wenige Jahrzehnte und wurde durch ein Erdbeben um 225 v. Chr. zerstört. Aufgrund eines Orakelspruchs wurden die Trümmer über 900 Jahre hinweg liegen gelassen. Erst in der Mitte des 7. Jh. n. Chr. ließen arabische Eroberer die Bronzestücke abtransportieren und in der mesopotamischen Stadt Edessa einschmelzen.
Der Koloss von Rhodos bewirkte einen Bedeutungswandel des griechischen Wortes „colossos“: Ursprünglich für eine Statue jeder Größe verwendet, bekam der Begriff erst durch das überdimensionale Standbild die Bedeutung einer riesenhaften Figur, die bis heute gebräuchlich ist.
Der unter den Weltwundern eingereihte Leuchtturm stand auf der Insel Pharos vor der ägyptischen Hauptstadt Alexandria. Er wurde 299–279 v. Chr. von SOSTRATOS VON KNIDOS erbaut, einem griechischen Diplomaten am Hof des PTOLEMÄUS I. Im 14. Jh. wurde der Leuchtturm bei einem Erdbeben zerstört. Der arabische Sultan KAIT BEY baute 1477 auf den Fundamenten des Turms eine Festung, die heute noch zu besichtigen ist.
Das Bauwerk war etwa 120 m hoch und war als außergewöhnliche technische Leistung bekannt. Auf einer Grundfläche von 30 x 30 m ragte ein rechteckiges Untergeschoss, darüber erhob sich ein achteckiges zweites Geschoss, das dritte Geschoss des Turmes bestand aus einem Rundbau mit der Leuchtanlage. Auf dem Dach befand sich eine bronzene Zeus-Statue. Die Außenverkleidung bestand aus weißem Marmor. Im Innern des Turms gab es zwei Möglichkeiten, Material bis zur Leuchtanlage zu befördern: eine spiralförmige Rampe, die Platz für zwei Lasttiere bot, und einen Mittelschacht mit einem Seilaufzug.
Der Leuchtturm wurde zunächst nur als Tagturm benutzt. Doch mit dem wachsenden Schiffsverkehr musste der Turm auch nachts in Betrieb gesetzt werden. Er war damit der erste Turm mit Leuchtfeuer überhaupt. Das Feuer war angeblich über 55 km weit zu sehen.
Nach seinem Standort auf der Insel Pharos wurde der Leuchtturm auch einfach „Pharos“ genannt. Dieser Begriff für „Leuchtturm“ erhielt sich in allen romanischen Sprachen, z. B. französisch „phare“.
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