Ablasshandel

ALBRECHT II. VON BRANDENBURG und das Haus Hohenzollern

ALBRECHT II. (1490–1545) war Markgraf von Brandenburg. Er entstammte dem ursprünglich zwischen dem oberen Neckar und der oberen Donau beheimateten Fürstengeschlecht der Hohenzollern. Die Stammburg der Hohenzollern liegt unweit von Tübingen auf einem Bergkegel vor der Steilwand der Schwäbischen Alb. Um 1214 teilte sich das Geschlecht in eine schwäbische (katholische) und eine fränkische, später brandenburgisch-preußische (evangelische), Linie. Die brandenburgisch-preußische Linie stellte von 1701–1871 die preußischen Könige, und von 1871–1918 die drei letzten deutschen Kaiser. ALBRECHT II. entstammte also einem aufstrebenden Herrschergeschlecht und späteren bedeutenden deutschen Herrscherhaus.
Der Vater von ALBRECHT VON BRANDENBURG war der brandenburgische Kurfürst JOHANN CICERO (1455–1499). ALBRECHTS II. älterer Bruder, JOACHIM I. VON BRANDENBURG (1484–-1535), erbte vom Vater die Würde eines Kurfürsten.

ALBRECHT II. genoss eine gute humanistische und juristische Ausbildung. Er hatte aber nie ein akademisches Studium absolviert. Dennoch fand sich für ihn schon bald ein standesgemäßes Amt:
Entsprechend der im Mittelalter üblichen Praxis, nach der fast ausschließlich Mitglieder des hohen Adels Zugang zu Bischofsämtern hatten, wurde ALBRECHT II. mit nur 23 Jahren Erzbischof von Magdeburg und Administrator (Verwalter) des Bistums Halberstadt.
Schon im darauffolgenden Jahr wurde er auch Erzbischof von Mainz. In diesem Amt war er zugleich einer der sieben Kurfürsten sowie der Erzkanzler des Deutschen Reiches.
ALBRECHT II. musste für die Häufung hoher kirchlicher Ämter in seiner Person erhebliche Geldbeträge an die Päpste in Rom überweisen. Zur Beschaffung der erforderlichen Summen nutzte er den Ablasshandel.

Ablasshandel und Bau des Petersdoms in Rom

Dass sich Menschen zu allen Zeiten gelegentlich nicht den kirchlichen Normen entsprechend verhielten, nicht normgerecht handelten und so Schuld auf sich luden, ist sicher verständlich.
Die katholische Kirche belegte und belegt solche Sündenschuld mit entsprechenden Sündenstrafen. Bei den Sündenstrafen unterscheidet die Kirche zwischen zwei Formen:

  • ewigen Sündenstrafen, die die ewige Verdammnis des Schuldigen in der „Hölle“ zur Folge haben, und
  • zeitlich begrenzten Sündenstrafen, die im „Fegefeuer“ oder noch auf Erden abgeleistet werden können.

Durch das Bußsakrament, die regelmäßige Beichte, konnten durch die Priester ewige Sündenstrafen völlig, zeitlich begrenzte Sündenstrafen dagegen nur teilweise erlassen werden.
Als Ablass wird vom mittelalterlichen Kirchenrecht deshalb der Nachlass, also die Vergebung zeitlich begrenzter Sündenstrafen, verstanden, der beispielsweise durch die Wallfahrt zu einer heiligen Stätte erwirkt werden konnte. Der Nachlass wurde vom Priester für Tage oder für Jahre bemessen.

Schon seit dem 14. Jh. begann die Kirche jedoch, den Nachlass der Sündenstrafen auch durch Geldzahlung zu gewähren. Der Sünder kaufte sich zu diesem Zwecke einfach einen Beichtbrief bzw. den sogenannten Ablassbrief. Die Höhe des zu zahlenden Betrages richtete sich dabei schon bald weniger nach der „Schwere“ der Sündenschuld, sondern vielmehr nach dem sozialen Stand des „Käufers“: Je größer das Vermögen bzw. je höher der Stand des Käufers auf der sozialen Stufenleiter war, desto teurer wurde der Ablassbrief.

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde diese Praxis von der katholischen Kirche enorm ausgeweitet und systematisch betrieben. Das hatte u. a. den folgenden Grund:
In Rom war im 4. Jh. über dem Grab des Apostels Petrus eine Kirche errichtet worden. Diese Peterskirche, eine fünfschiffige Hallenbasilika, sollte schon Mitte des 15. Jahrhunderts erneuert werden, was aber an Finanzknappheit zunächst scheiterte. Im Jahre 1506 konnte man endlich mit dem kompletten Neubau der Kirche als Petersdom beginnen. Zur Finanzierung dieses äußerst kostspieligen Bauwerks bediente sich die Kirche nun vor allem der Einnahmen aus dem Verkauf von Ablässen, der deshalb stark forciert wurde.

ALBRECHT II. und der Ablasshandel

Die Häufung kirchlicher Ämter, eine sogenannte Ämterkumulation wie bei ALBRECHT II., war zwar kirchenrechtlich nicht erlaubt. Gegen Zahlung einer beträchtlichen Geldsumme, machte man in Rom jedoch gern eine Ausnahme, da der Bau des Petersdoms große Summen verschlang.
Da ALBRECHT II. nicht über den verlangten Betrag von knapp 30 000 Gulden verfügte, wurde folgendes Dreiecksgeschäft abgeschlossen:

  • Die FUGGER, das damals zeitweise reichste Kaufmannsgeschlecht Europas, streckten den verlangten Betrag vor.
  • Daraufhin beauftragte Papst LEO X. ALBRECHT II. mit dem Verkauf von Ablässen in dessen Bistümern und in den brandenburgischen Landen.
  • Die eine Hälfte der Einnahmen aus dem Ablasshandel floss dabei nach Rom. Die andere Hälfte durfte ALBRECHT zur Tilgung seiner Schulden bei den FUGGERN verwenden.

Mit der Organisation und Durchführung des Ablasshandels in seinem Herrschaftsgebiet beauftragte ALBRECHT einen mit diesem Geschäft schon bestens vertrauten Dominikanermönch, JOHANNES TETZEL.

TETZEL, der Ablasshändler ALBRECHTS II.

JOHANNES TETZEL war als Sohn eines Goldschmieds etwa um 1465 in Pirna, einer Kleistadt nahe Dresden, geboren worden. Später studierte er in Leipzig Theologie und trat in das dortige Dominikanerkloster St. Pauli ein. Von 1504 bis 1510 war der Dominikaner Ablassprediger und -verkäufer im östlichen Deutschen Reich.
1517 berief ihn Erzbischof ALBRECHT II. zum „Generalsubkommissar“ für den Ablassverkauf in den Bistümern Magdeburg und Halberstadt. Hier wurde TETZEL bald dadurch bekannt, dass er Ablassbriefe in abstoßend marktschreierischer Weise verkaufte. Ihm wurde z. B. folgender Verkaufsslogan nachgesagt:

„Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Feuer springt.“

Gerüchte über ihn besagten weiter, dass man auch Ablässe zugunsten Verstorbener kaufen konnte und sogar für Sünden Vergebung gewährt bekommen konnte, die man in der Zukunft erst begehen wollte.

LUTHER wird auf den Plan gerufen

In Wittenberg hat TETZEL wahrscheinlich nie gepredigt. Dennoch verbreitete sich die Kunde von seinem eigenartigen „Geschäftsgebaren“ auch hier. Auch MARTIN LUTHER las im Herbst 1517 die Instruktionen TETZELS für seine Ablassverkäufer und war darüber sehr erzürnt.
Denn nach LUTHERS fester Überzeugung konnten sich sündige Menschen nicht durch Geld und Absichtserklärungen den Weg in den Himmel bahnen. Rettung für den Sünder brachten nach seiner Auffassung allein der feste Glaube und das Vertrauen an die Gnade Gottes.
LUTHER wandte sich deshalb in einem Brief gegen den Ablasshandel, dem er seine berühmten 95 Thesen beifügte, an den Erzbischof von Mainz. Auch anderen kirchlichen Vorgesetzten und einigen vertrauten Freunden sandte LUTHER seine Thesen. Dass er die Thesen jedoch auch an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg angeschlagen hat, wird inzwischen von einigen Historikern angezweifelt.
LUTHER ging es in seinen berühmten Thesen darum, auf Missstände in der Kirche aufmerksam zu machen und einen Beitrag zu ihrer Abstellung durch die Reformierung der Kirche zu leisten.
Dass er sich damit auch gegen den Papst wandte, war ihm wohl bewusst. Von den geschäftlichen Abmachungen zwischen dem Mainzer Erzbischof, dem Papst und den FUGGERN wusste er wahrscheinlich nichts.
Die 95 Thesen verbreiteten sich indes in Windeseile. Als Abschrift gelangten sie bald nach Nürnberg und in andere deutsche Städte. Noch vor Ende des Jahres 1517 lagen sie bereits gedruckt vor, wodurch LUTHER einen großen Bekanntheitsgrad erlangte.

Haltung ALBRECHTS II. zur Reformation

Nach dem Erhalt der Thesen forderte ALBRECHT II. als Erzbischof von Mainz von der Mainzer Universität ein Gutachten über die 95 Thesen an und informierte umgehend den Papst. In Rom wurde die Angelegenheit allerdings zunächst nicht sonderlich ernst genommen.
ALBRECHT II. selbst stand den kirchlichen Reformbestrebungen anfangs sogar aufgeschlossen gegenüber. Der zu dieser Zeit in Mainz wirkende Humanist, Domprediger und spätere Reformator WOLFGANG CAPITO stimmte ihn jedoch um. Als sich die lutherische Lehre in seinem Bistum immer mehr ausbreitete, wurde er zu einem erbitterten Gegner LUTHERS und der Reformation.
Zur Förderung von gegenreformatorischen Bestrebungen der katholischen Kirche ließ ALBRECHT 1542 sogar einen der führenden Jesuiten nach Mainz kommen. Dieser sollte die Menschen wieder für den katholischen Glauben zurückgewinnen.

Kardinal ALBRECHT – ein typischer Renaissancefürst

Erzbischof ALBRECHT war1518 auch noch zum Kardinal, der höchsten kirchlichen Würde nach dem Papst, ernannt worden. Er war nun einer der mächtigsten Fürsten seiner Zeit. Trotz seiner ablehnenden konservativen Haltung zur Reformation der Kirche war er weiter dem Humanismus zugewandt.
Er pflegte Kontakte zu vielen bekannten Humanisten seiner Zeit, wie ERASMUS VON ROTTERDAM und ULRICH VON HUTTEN. Als typischer Renaissancefürst förderte er die Kunst, u. a. die bekannten Maler LUCAS CRANACH (der Ältere), ALBRECHT DÜRER und MATTHIAS GRÜNEWALD. Sie porträtierten ihn als Kardinal, und für den Mainzer Dom schuf GRÜNEWALD ein berühmtes Altarbild.
Kardinal ALBRECHT starb am 24.September 1545 in Mainz.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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