- Lexikon
- Geografie
- 2 Die Erde und ihre Grundmerkmale
- 2.1 Die Erde als Himmelskörper
- 2.1.3 Das Gradnetz der Erde und die Zeitzonen
- Zeitrechnung und Zeitzonen
Die Rotation der Erde um ihre eigene Achse lässt die Sonne vermeintlich „auf- und untergehen“. Dieser auf die Erdrotation zurückzuführende Rhythmus wurde von jeher mit der Zeitrechnung in Beziehung gebracht: Winnetou verabredete sich z. B. für einen Zeitpunkt, „wenn viermal die Sonne am Horizont verschwunden ist“. Im täglichen Leben mit der „bürgerlichen Zeitrechnung“ ist ein Sonnentag dann zu Ende, wenn die Sonne die gleiche Position des Vortags, z. B. den wahren Mittag, d. h. den „oberen“ Kulminationspunkt über dem Horizont, erreicht hat.
Aus praktischen Gründen beginnt ein neuer Tag allerdings nicht mittags, sondern nachts zur Zeit des „unteren“ Kulminationspunktes. Die Zeitspanne zwischen zwei unteren Kulminationen der Sonne ist deshalb auch der wahre Sonnentag. Im täglichen Leben unterteilt sich der wahre Sonnentag in Tag und Nacht.
Der wahre Sonnentag ist allerdings nicht gleichmäßig lang. Die Erde verändert im Laufe eines Jahres ihre Bahngeschwindigkeit und ihren Abstand zur Sonne, weil sie die Sonne auf einer leicht elliptischen Bahn umläuft. Eine Sonnenuhr geht deshalb im Jahresverlauf einmal „vor“ und einmal „nach“. Deshalb musste zum Ausgleich der „Ungenauigkeiten“ der mittleren Sonnentag eingeführt werden. Seine Länge ermittelt sich aus den Mittelwerten der Längen aller wahren Sonnentage eines Jahres.
Der Unterschied zwischen der „mittleren“ und der wahren Sonnenzeit wird auch Zeitgleichung (ZGL) genannt und ist nicht sehr erheblich. Er beträgt Ende Oktober höchstens 16,4 Minuten (Bild 1).
Der mittlere Sonnentag ist die Grundlage für die Festlegung der Zeiteinheiten Tag, Stunde, Minute und Sekunde. Jeder Tag hat 24 Stunden, 1440 Minuten oder 86400 Sekunden.
Für die Bestimmung der Zeiteinheit, die länger als ein Tag ist, wurden die Veränderungen der Beleuchtungsphasen des Mondes herangezogen. Es dauerte genau 29,52 Tage, bis man die gleiche Leuchtgestalt des Mondes wieder beobachten konnte. Deshalb wurde ursprünglich die Dauer des Mondumlaufs um die Erde als Monat bezeichnet und diente als Zeiteinheit:
Beispielsweise kehrte ein Indianer nach drei „Monden“ wieder zu seinem Stamm zurück.
Mittag ist es bekanntlich, wenn die Sonne ihren höchsten Stand im Tagesbogen erreicht hat. Alle Orte, die auf einem Breitenkreis liegen, haben deshalb infolge der Erdrotation zu einem anderen Zeitpunkt wahren Mittag. Andererseits tritt in Orten, die sich auf einem Längenkreis befinden aus dem gleichen Grund Mittag zur gleichen Zeit ein.
Daraus resultiert, dass für jeden Längenkreis der Erde eine andere Angabe der Zeit, der sogenannten wahren Ortszeit, erfolgen müsste.
Dabei treten je nach Längendifferenz folgende Abweichungen der Ortszeit auf:
Längendifferenz | Ortszeitdifferenz |
1´ | 4 s |
1 ° | 4 min |
15 ° | 60 min |
Würde man die wahre Ortszeit zur Grundlage für die Ermittlung der Tageszeit machen, hätte das folgende Konsequenzen:
Zwischen den östlichsten und westlichsten Teilen Deutschlands verlaufen mehrere Längenkreise. Nur die Orte, die auf den jeweils gleichen Längenkreisen liegen, hätten folglich die gleiche Ortszeit. Es gäbe also erhebliche Zeitdifferenzen zwischen deutschen Städten:
geografische Länge | Orte auf dieser geografischen Länge | Ortszeit bezüglich Görlitz |
15 ° | Görlitz, Insel Bornholm | 0 min |
14 ° | Zinnowitz, Fürstenwalde | – 4 min |
13 ° | Stralsund, Potsdam, Chemnitz | – 8 min |
12 ° | Rostock, Halle (Saale), Regensburg | – 12 min |
11 ° | Lübeck, Erfurt, Nürnberg | – 16 min |
10 ° | Hamburg, Hildesheim, Würzburg | – 20 min |
9 ° | Bremen, Stuttgart | – 24 min |
Tabelle: Zeitdifferenzen zwischen unterschiedlichen Längenkreisen
Bezieht man in diese Betrachtung noch Städte west- und osteuropäischer Länder ein, dann vergrößern sich die wahren Zeitunterschiede noch erheblich. Es ist sicher nicht schwer nachvollziehbar, dass die wahre Ortszeit für die Gestaltung des täglichen Lebens höchst ungeeignet ist. Man denke nur an die Fahrpläne der Eisenbahn, an Flugpläne oder die Terminierung von Konferenzen.
Die Zeitgleichung im Jahresverlauf
Für das tägliche Leben höchst praktisch ist es aber, wenn in geografisch stärker benachbarten Orten eines Landes oder in kleineren Ländern insgesamt gleiche Zeiten verwendet werden, auch wenn deren tatsächliche Ortszeiten etwas voneinander abweichen.
Deshalb wurden 24 Zeitzonen festgelegt, in denen jeweils die gleiche Zonenzeit gilt. Die Zeitzonen umfassen jeweils 15 Längengrade mit jeweils der Zeitdifferenz von einer Stunde (24 x 15 ° = 360 °).
Auch bei der Festlegung der Zeitzonen wurden keine astronomisch exakten Grenzen festgelegt. Aus praktischen Gründen wurde auch der Verlauf von Staatsgrenzen bzw. Staatsterritorien berücksichtigt. Große Flächenstaaten besitzen mehrere Zeitzonen, die USA z. B. 5 Zeitzonen. Bei kleineren Staaten folgt die Zonengrenze häufig den Staatsgrenzen (Bild 2).
Nach vielen Jahrtausenden Zeitmessung mit Hilfe von Himmelskörpern steht seit den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts die Atomuhr zur Verfügung, die ein viel präziseres Zeitnormal gewährleistet. Eine Atomuhr verwendet inneratomare Vorgänge zur Festlegung einer Zeitperiode, die keinerlei Bezug mehr zu astronomischen Vorgängen haben.
Zeitzonen der Erde (Quelle: cala media, Mainz)
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