- Lexikon
- Geografie
- 4 Gesellschaftsgeografische Grundlagen
- 4.6 Dienstleistungen
- 4.6.3 Tourismus
- Tourismus in Mexiko
Bis etwa Mitte des letzten Jahrhunderts waren Touristenzentren überwiegend sporadisch und nur dort entstanden, wo die entsprechenden Natur- und Kulturlandschaften bequem erreichbar waren. Erst in den 60er Jahren begann der mexikanische Staat mit einer gezielten Förderung des Tourismus, u. a. deshalb, um die sehr problematische Zahlungsbilanz des Landes mit den Deviseneinnahmen zu verbessern.
Um die notwendige Unterstützung bei der Erschließung des touristischen Potenzials des Landes sowie bei der Planung und Koordination der einzelnen Projekte zu geben, erfolgte im Jahr 1969 zunächst die Gründung des nationalen Tourismusunternehmens INFRATUR (Fondo de Promoción de Infraestructura Turística). Dieses Unternehmen trägt seit 1974 die Bezeichnung FONATUR (Fondo Nacional de Fomento al Turismo) und untersteht direkt dem Tourismusministerium des Landes.
Heute liegt Mexiko nach Angaben der World Tourism Organization (UNWTO) mit knapp 23 Mio. einreisenden Touristen weltweit unter den Top 10.
Bei der Anzahl der Gäste rangiert das Land noch vor den typischen Reiseländern wie Kanada und Österreich. Viele internationale Reiseveranstalter haben sich auf die landschaftliche und kulturelle Vielfalt eingestellt und bieten Rundreisen zu den begehrten Standorten, kombiniert mit einem Badeurlaub, an.
Der Touristenzustrom nach Mexiko hat sich von Jahr zu Jahr gesteigert, denn nur wenige Urlaubsländer der Welt haben eine solche Vielzahl und Vielfalt touristischer Anziehungspunkte zu bieten:
Von großer „werbewirksamer“ Bedeutung waren die Olympischen Sommerspiele von 1968 sowie die Fußballweltmeisterschaften 1970 und 1986. Sie brachten nicht nur sportbegeisterte Fans ins Land, sondern präsentierten Mexiko über seine Landesgrenzen hinaus als gutes Gastgeberland mit interessanten touristischen Angeboten.
Der touristische Hauptmarkt Mexikos befindet sich vor allem in den benachbarten USA. So beträgt der Anteil der US-Amerikaner an der Gesamtheit ausländischer Gäste über 80 %. Außerdem leben viele Mexikaner in den USA und reisen regelmäßig in ihr Heimatland. Aber auch durch die wirtschaftliche Zusammenarbeit im Rahmen der NAFTA (North American Free Trade Area) wird der Besucher- und Businesstourismus aus den USA gefördert. Ausgehend von dieser recht einseitigen Abhängigkeit von den USA gibt es in letzter Zeit verstärkt Bemühungen des mexikanischen Staates, die Beziehungen zu anderen Ländern, hauptsächlich im europäischen Raum, zu forcieren und attraktive Tourismusangebote zu unterbreiten.
Besonders wichtig für die Entwicklung des Tourismus ist der weitere Ausbau der touristischen Infrastruktur und dabei das Engagement ausländischer Investoren. Dafür wurden durch die Regierung des Landes umfangreiche Rahmenbedingungen geschaffen, beispielsweise die Möglichkeit der 100%igen Auslandsbeteiligung mit freiem Rücktransfer des Gewinnes. Mit den Investitionen der nationalen und internationalen Privatwirtschaft soll vor allem das notwendige Kapital für die Errichtung neuer touristischer Zentren beschafft werden, um auch in den nächsten Jahren das dynamische Wachstum dieses volkswirtschaftlich wichtigen Dienstleistungsbereiches abzusichern.
Der zunehmende Beliebtheitsgrad der Sehenswürdigkeiten des Landes und die steigenden Besucherzahlen haben zu einem konstanten jährlichen Wachstum der Staatseinnahmen geführt. Heute liegen die Erlöse aus dem Tourismus nach dem Export von Erdöl und von Erzeugnissen der verarbeitenden Industrie auf dem dritten Rang der Staatseinnahmen.
Aber nicht nur für die Verringerung der hohen Staatsverschuldung spielen die Einnahmen aus dem Tourismus eine überragende Rolle. Auch für die Verbesserung der Situation auf dem mexikanischen Arbeitsmarkt sind die und ausländischen Touristen von mehrfacher Bedeutung:
Die Betreuung der ausländischen Gäste bringt nicht nur Jobs im unmittelbaren Hotel- und Gaststättengewerbe. Sie schafft auch in den nachgeordneten Wirtschaftsbereichen neue Arbeitsplätze, hauptsächlich im Dienstleistungsbereich. Vom Tourismus profitieren jedoch auch das Baubwerbe durch die Errichtung der touristischen Infrastruktur oder die Landwirtschaft mit der Erzeugung von landestypischen Agrarprodukten, wie Mais, Agaven, Früchten usw..
Deshalb spricht man von einem Multiplikatoreffekt des Tourismus. Schätzungsweise zehn Prozent der Mexikaner erzielen heute ihr Einkommen direkt oder indirekt durch den Tourismus. Es gibt Regionen, wie die Halbinsel Yucatán, deren Bewohner fast ausschließlich vom Tourismus leben, da es dort, außer in der Landwirtschaft, kaum alternative Erwerbsmöglichkeiten gibt.
In den großen Tourismuszentren des Landes gibt es auf Grund der gestiegenen Nachfrage inzwischen an einzelnen Standorten sogar ein Arbeitskräftedefizit. Deshalb werden Arbeitnehmer auch aus anderen Landesteilen benötigt:
Der im Nordosten Yucatáns gelegene attraktive Badeort Cancún verfügt über ungefähr 20000 Gästezimmer. Da ein Zimmer durchschnittlich für vier Menschen Arbeit bringen kann (ein Beschäftigter in der Gastronomie und drei weitere in nachgeordneten Bereichen), werden für dieses touristische Zentrum allein 80000 Arbeitskräfte gebraucht, von denen nur ein relativ geringer Teil aus der Region kommt.
Die große Nachfrage der boomenden Tourismusbranche führt auch zur Verbesserung der Einkommenssituation. So ist im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbereichen Mexikos der Anteil der Menschen, die ein festes Einkommen oberhalb des Mindestlohnniveaus haben, relativ hoch.
Ein weiterer Effekt ist die für lateinamerikanische Verhältnisse ungewöhnlich hohe weibliche Beschäftigtenquote im Tourismusgewerbe. Das hat letztendlich auch Einfluss auf das Bildungsniveau, die berufliche Ausbildung und den sozialen Status der mexikanischen Mädchen und Frauen, die durch Beschäftigung mehr gesellschaftliche Anerkennung erfahren.
Neben den positiven Effekten für den Arbeitsmarkt trägt der Ausbau der Touristenzentren und die damit verbundene Entwicklung der Basisinfrastruktur auch zur weiteren Verbesserung der Regionalentwicklung bei und fördert dadurch die Entwicklung anderer Wirtschaftsbereiche.
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