- Lexikon
- Geografie
- 4 Gesellschaftsgeografische Grundlagen
- 4.4 Land- und Forstwirtschaft
- 4.4.3 Landwirtschaft in Entwicklungs- und in Industrieländern
- Sozialistische Landwirtschaft in der DDR
Zunächst erfolgte mit der Bodenreform die entschädigungslose Enteignung von Großgrundbesitz über 1000 Hektar (einschließlich der Gebäude, Maschinen usw.) sowie des Besitztums von Kriegsverbrechern und Naziführern unabhängig von seiner Größe. Insgesamt wurden durch die Bodenreform etwa 3,3 Millionen Hektar Land enteignet. Etwa die Hälfte dieses Landes wurde landarmen Bauern, ehemaligen Landarbeitern und Flüchtlingen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten übertragen. In der Folge der Bodenreform entstanden 210000 Neubauernhöfe mit einer durchschnittlichen Flächengröße von etwa acht Hektar. Die enteigneten Maschinen wurden in sogenannten Maschinen-Ausleih-Stationen (MAS) für die gemeinschaftliche Nutzung, kostenlos oder gegen ein geringes Entgelt, bereitgestellt.
Nachdem 1949 die Deutsche Demokratische Republik (DDR) gegründet wurde, begann in der Landwirtschaft der Aufbau sozialistischer Strukturen. Für die notwendige Erhöhung der Leistungsfähigkeit und die Verbesserung der Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln war es notwendig, die Effektivität der Landwirtschaft zu erhöhen.
In diesem Zusammenhang war aber die Einzelbewirtschaftung auf zersplitterten Flächen nicht mit der gestellten Forderung nach Massenproduktion in Einklang zu bringen. Für die Lösung dieses Problems betrachtete man den Zusammenschluss der Einzelbauern zu genossenschaftlichen Landwirtschaftsbetrieben als entscheidende Voraussetzung.
Die Kollektivierungsphase in den Jahren zwischen 1952 und 1960 wurde durch staatliche Vorschriften und Gesetze sanktioniert und auch mit starkem ideologischem Druck realisiert. Im Ergebnis entstanden LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften) und VEG (Volkseigene Güter). Letztere sollten zu Mustergütern der sozialistischen Landwirtschaft entwickelt werden.
Beim genossenschaftlichen Zusammenschluss zu einer LPG konnten sich die Bauern für einen von drei Typen entscheiden:
Während die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften vom Typ I und II nur eine Übergangsform darstellten, war der Typ III letztendlich die Wunschform, mit der die Kollektivierung der Landwirtschaft in der DDR abgeschlossen werden sollte.
Das von der politischen Führung der DDR vom Agrarbereich geforderte Höchstmaß an Leistungssteigerung und Effektivität konnte nur durch einen höheren Grad der Kooperation und Spezialisierung erreicht werden. Deshalb erfolgte in der Zeit zwischen 1964 und 1971 die Bildung von Kooperativen mehrerer Genossenschaften, die Einrichtung von „Agrochemischen Zentren“ (ACZ) sowie die Bildung von Kreisbetrieben für Landtechnik.
Die eigentliche Phase zur Durchsetzung der industriemäßigen landwirtschaftlichen Produktion begann aber im Jahre 1971 mit der widernatürlichen Trennung von Pflanzenproduktion und Viehhaltung in den LPG. Es entwickelten sich spezialisierte Pflanzenproduktions- oder Tierzuchtkooperativen. Häufig entstanden dabei durch den Zusammenschluss mehrerer Genossenschaften riesige Produktionseinheiten mit bis zu 5000 Hektar Nutzfläche oder einem Viehbestand von mehreren Tausend Stück. Letzteres führte zur zunehmenden Entwöhnung vieler Bauern vom Boden.
Der permanente Druck zur Ertragssteigerung, der hohe Grad der Spezialisierung und die immense Ausdehnung der Betriebsgrößen führten neben organisatorischen zu ökologischen und finanziellen Problemen und Engpässen:
Ein besonders negatives Beispiel für die ökologischen Probleme der Massentierhaltung stellte der ehemalige Schweinezucht und -mastbetrieb Neustadt/Orla dar.
In diesem Betrieb wurden bis zur Schließung der Anlage im Mai 1991 etwa 180000 Tiere gehalten. Allein die Ausscheidungen der Tiere führten bei einer derartigen Konzentration zur enormen Ammoniakbelastung der Luft in der Umgebung der Mastanlagen. So begann beispielsweise der Wald am Standort zwischen Quaschwitz und Weira im Umkreis von mehr als zwei Kilometern abzusterben. Unüberwindliche Schwierigkeiten bereitete auch die Ausbringung der Gülle, da der Gülleanfall letztlich die Aufnahmefähigkeit der nahe liegenden landwirtschaftlichen Flächen überstieg. Man versuchte das Problem durch den Bau riesiger Tanks zu lösen.
Erst mit Beginn der 80er Jahre setzte in der DDR aufgrund zunehmender Umweltprobleme die Anpassung der Agrarpolitik an ökologische Erfordernisse ein. Beispielsweise wurde zur Verbesserung der Bodenqualität auf den Anbau von Zwischenfrüchten orientiert, und über die Feldgrößen wurde entsprechend den naturgeografischen Bedingungen entschieden.
Die Agrarwirtschaft der Deutschen Demokratischen Republik zielte bis zu der politischen Wende 1989/90 darauf ab, bei der Versorgung der Bevölkerung und bei der Bereitstellung von Futtermitteln für die Tierproduktion möglichst die Unabhängigkeit von Importen zu gewährleisten. Darum waren Produktivitätssteigerungen und eine Ausdehnung des Produktionsvolumens die wichtigste Zielsetzung der Agrarpolitik.
Für die Eigenversorgung mit Tierfutter reichten die Erträge dennoch nicht aus, sodass beispielsweise Getreide, Schrot und Presskuchen importiert werden mussten. Auch Nahrungsmitteleinfuhren waren noch notwendig. So wurden Kartoffeln aus Bulgarien und Rumänien oder Weizen aus Kanada eingeführt. Teilweise wurden dabei sogenannte Kompensationsgeschäfte vereinbart, bei denen Import und Export miteinander gekoppelt wurden. Auf diese Weise bezog die DDR beispielsweise aus Indien und Brasilien Getreideschrot und Presskuchen aus Rückständen der Speiseölherstellung als Futtermittel und lieferte dafür im Gegenzug Kalirohsalze als Düngemittel.
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