- Lexikon
- Geografie
- 4 Gesellschaftsgeografische Grundlagen
- 4.2 Siedlungen
- 4.2.3 Städtische Siedlungen
- Sofia - Hauptstadt Bulgariens
Sofia ist die größte Stadt Bulgariens. Die Stadt beheimatet mehrere höhere Bildungseinrichtungen, darunter eine Universität, die bereits 1888 gegründet wurde.
Als kulturellen Mittelpunkt besitzt Sofia zahlreiche Museen, die die Geschichte der Stadt dokumentieren. Auch in der Altstadt Sofias lassen noch einige Gebäude die römische Vergangenheit erkennen. So entstand z.B. die Georgskirche im 5. Jh. durch den Umbau eines römischen Profankomplexes. Von der Herrschaft der Osmanen zeugt die Große Moschee aus dem 15. Jh., die heute das archäologische Museum beherbergt. Den byzantinischen Baustil zeigt die Alexander-Nevski-Kathedrale aus dem 19. Jahrhundert.
In einer Fußgängerunterführung kann man noch einige Mauerreste des antiken Serdica (der ursprüngliche Name des heutigen Sofia) aus der Zeit der Thraker sehen.
Die Geschichte Sofias reicht Tausende von Jahren in die Vergangenheit zurück. Durch die Jahrhunderte gab die Stadt vielen verschiedenen Völkern Unterschlupf. Jede dieser ethnischen Gruppen hat Spuren in der Stadt hinterlassen.
Mit den ersten steinzeitlichen Dörfern auf dem Gebiet des heutigen Sofia beginnt die Geschichte der Stadt. Bei Ausgrabungen kam eine Siedlung aus der Jungsteinzeit mitten im modernen Sofia ans Licht. Sie ergänzt eine ganze Reihe von Funden aus der Frühzeit der Besiedlung. Eine richtige Stadt gründeten die Siedler dieser Zeit aber noch nicht. Spuren einer ersten Stadt finden sich aber bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. Die günstige Lage (von Gebirgen umgeben, an wichtigen Verkehrswegen und in einer klimatisch angenehmen Höhe von 550 m gelegen sowie mit vielen Heilquellen versehen) veranlasste die thrakischen Serden im 5. Jh. v. Chr., hier ihre Hauptstadt Serdica zu errichten. Ein thrakischer Stamm hatte sich bereits im 7. Jh. v. Chr. in dieser Region niedergelassen und gab der Stadt den ersten urkundlich erwähnten Namen (nach dem Namen des Stammes).
Im 3. Jh. v. Chr. endet allerdings die Herrschaft der Thraker mit der Eroberung durch römische Truppen. Die Römer drückten der Stadt nun ihren architektonischen Stempel auf und bauten starke Mauern um die Stadt, die sie nun zur Hauptstadt der Provinz „Inneres Thrakien“ machten. Unter den Römern begann die erste Blütezeit der Stadt. Sie entwickelte sich zu einem wichtigen Handelszentrum des Römischen Reiches. Das belegen Funde der Thraker und Römer, die an vielen Stellen der Stadt heute noch zu sehen sind. Ein großer Teil der Altstadt des früheren Serdica findet sich heute unter wichtigen modernen Gebäuden. So liegt das alte Rathaus unter einem Hotel, unter dem Historischen Museum liegen Reste einer Basilika. Ein wichtiger Ort in jeder römischen Stadt waren Thermen, deren Reste mit gut erhaltenem Mosaik man in einem Hotel besichtigen kann.
Das römische Reich zerfiel nach der Invasion der Hunnen, die die Stadt zerstörten. Unter Kaiser Justitian (527–565) erfolgte der Neuaufbau. In dieser Zeit entstand auch die Basilika zu Ehren der Heiligen Sophia (Sveta Sofia), die später der Stadt ihren Namen gab. Von 1194 an gehörte Serdica fast zwei Jahrhunderte zum Zweiten Bulgarischen Reich, stand aber während dieser Zeit noch im Schatten der damaligen Hauptstadt Weliko Tarnowo.
Da mit der Eroberung durch die Türken im Jahre 1382 Bulgarien aufhörte zu existieren, verlor auch die damalige Hauptstadt an Bedeutung. Im 14. Jh. erhielt die bisherige Stadt Serdica einen neuen Namen, der Name Sofia ist erstmals 1376 belegt .
Nach über 500 Jahren Fremdherrschaft eroberten die Slawen die Stadt zurück. Sie entwickelte sich zu einem bedeutenden Handelszentrum. Mit der Neugründung des bulgarischen Reiches im Jahre 1879 wurde die Stadt – jetzt als Sofia – zur Hauptstadt Bulgariens erklärt. Schnell wandelte sich das Bild der Stadt von einer orientalischen zu einer europäischen Metropole. Aus der Blütezeit Bulgariens zwischen Staatsgründung und Erstem Weltkrieg sind viele Straßen, Gebäude und Parks erhalten, ganze städtebauliche Ensembles bewahren den architektonischen Stil um den Jahrhundertwechsel. Zwischen 1879 und 1939 wuchs die Bevölkerung von Sofia von 20 000 auf 300 000 Einwohner an. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Stadt schwer beschädigt, inzwischen aber wieder aufgebaut. Heute leben in der Stadt 1 250 000 Menschen. Sie ist wieder das politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum des Landes, das mit den Problemen rasch wachsender Städte zu kämpfen hat: hohe Arbeitslosigkeit, große Wohnungsnot und kaum zu bremsendes Verkehrsaufkommen.
Die im Laufe der Geschichte entstandenen vielfältigen Bauten machen die Stadt zu einem historischen Bilderbuch. Serdica war schon in der Antike für seine Quellen mit kaltem und heißem Mineralwasser berühmt. Auch heute nutzt man noch wegen der Qualität und Heilwirkung das Wasser. Aber auch Reste thrakischer und römischer Bauten kann man besichtigen. Aufgrund der langem osmanischen Herrschaft gibt es verhältnismäßig wenig historische Stätten und Denkmäler. Viele stammen erst aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Die wichtigsten römischen und thrakischen Relikte werden in der Stadtmitte präsentiert.
Als Ausgangspunkt für einen Stadtrundgang bietet sich die Banja-Baschi-Moschee an, denn von hier aus lässt sich die gesamte Innenstadt Sofias mit ihren wichtigsten Sehenswürdigkeiten erkunden. Schon von weitem ist das spitz zulaufende Minarett des Gebäudes und das mächtige Kuppelgewölbe, das den Gebetssaal überdacht, kaum zu übersehen. Benannt wurde die 1576 errichtete Moschee nach einem ehemaligen türkischen Bad. Sie ist auch heute noch für die muslimische Bevölkerung Sofias Gebetsstätte und gehört zu den wenigen gut erhaltenen osmanischen Bauten der Stadt.
In unmittelbarer Nachbarschaft der Moschee befindet sich das einst vornehme Mineralbad. Die zahlreichen farbigen Kacheln an den Außenwänden erinnern an längst vergangene Herrlichkeit. Im Park vor dem Gebäude sprudelt heißes Mineralwasser. Auch die 1909/1911 erbaute Zentrale Markthalle auf der anderen Seite der Straße ist trotz der noch fehlenden Renovierung sehenswert. Ein Schmuckstück Sofioter Architektur, die Synagoge hinter der Markthalle im Stil des Historismus, erstrahlt inzwischen in neuem Glanz. Sie gehört zu den größten Synagogen der Balkanhalbinsel.
Unterhalb des Straßenniveaus gelegen, ist die kleine, einschiffige Kirche Sveta Petka Samardshiska mit ihrem einfachen Satteldach leicht zu übersehen. Sie wurde Ende des 14. Jh., also zu Beginn der Osmanenherrschaft, erbaut. Da christliche Gotteshäuser in Zeiten der Fremdherrschaft der Osmanen nur geduldet wurden, wenn alle Bauelemente, die eine Kirche erkennen lassen, wie Türme und Kuppeln, unsichtbar waren, ist der Bau deshalb nach außen schmucklos. Er entfaltet aber seine Pracht im Innern.
Die kleine Rotunde, Sveti Georgi, ist das älteste Gebäude Sofias und liegt etwas verborgen im Hof des Sheraton-Hotels. Der ehemalige römische Rundbau aus dem 4. Jh. wurde im Mittelalter in eine Kirche und im 16. Jh. in eine Moschee umgewandelt. Sehenswert sind neben restaurierten Fresken aus dem Mittelalter die Überreste einer römischen Straße und Fundamente antiker Gebäude östlich der Kirche. Die Kirche Sveta Nedelja aus dem 19. Jh. erhebt sich genau an der Stelle, an der sich einst das Zentrum des antiken Serdica befand.
Das Nationalmuseum für Geschichte, das ehemalige Justizgebäude, ist das reichste und sehenswerteste Museum der Stadt. Zu den bedeutendsten Ausstellungsstücken gehören verschiedene Funde aus thrakischen Gold- und Silberschätzen. Das Archäologische Museum befindet sich in einer ehemaligen Moschee, die 1494 fertiggestellte Bajuk-Moschee. Das Museum beherbergt Fundstücke aus thrakischer und römischer Zeit sowie aus dem Mittelalter. Das frühere Zarenschloss direkt gegenüber enthält weitere Museen.
Ebenfalls sehenswert ist das Nationaltheater mit seinem neoklassizistischen Ursprung . Es entstand 1907 nach der politischen Annäherung Bulgariens an Österreich-Ungarn, die auch den künstlerischen Austausch zwischen den Staaten ermöglichte. Einen farbigen Akzent setzt die kleine Sveti-Nikolai-Kirche mit ihren vergoldeten Kuppeln. Sie ist russischen Kirchen des 16. und 17. Jh. nachempfunden, wurde aber erst 1913 errichtet.
Das weithin sichtbarste Wahrzeichen der Stadt aber ist die Alexander-Nevski-Kathedrale, die aber am weitesten von unserem Ausgangspunkt entfernt ist. Das Bauwerk wurde 1904–1914 als Dank an das russische Volk für die Befreiung von der osmanischen Herrschaft errichtet und dem russischen Nationalheiligen geweiht. Es gilt als das bedeutendste Kunstwerk des 20. Jh. auf der Balkanhalbinsel. Die Kreuzkuppelkirche ist ein prächtiges Bauwerk, schon von weitem leuchten ihre Kuppeln grün und golden in der Sonne. Die ca. 7000 Menschen fassende Kathedrale besitzt eine Grundfläche von 4000 m². 12 Glocken sind im 53 m hohen Turm 30 km weit zu hören. Die Kirche ist von historischem Prunk geprägt. In der Krypta werden Ikonen aus dem 15. bis 19. Jh. gezeigt. Die Innenausstattung enthält Marmor, Wandmalereien, Mosaiken und Ikonen .
Die Sophienkirche (Sveta Sofia) befindet sich in unmittelbarer Nähe der Kathedrale. Die im 6. Jh. von Kaiser JUSTITIAN erbaute Kirche, später Metropolitenkathedrale des Zweiten Bulgarischen Reiches und Namensgeberin der Stadt, wurde von den Türken in eine Moschee umgewandelt und im 19. Jh. durch zwei Erdbeben schwer beschädigt. Erst 1930 erfolgte die Wiederherstellung. Byzantinische und romanische Elemente bestimmen den Stil der Kirche. Im Vergleich zu der Pracht der Alexander-Newski-Kathedrale wirkt die dreischiffige Basilika in Kreuzform allerdings eher unscheinbar. Auf dem Kirchengelände werden seit vielen Jahren Ausgrabungen vorgenommen, um die Vorgängerbauten zu ergründen.
Unser Stadtrundgang endet am Kyrill-und-Method-Denkmal vor der gleichnamigen Nationalbibliothek, das an die beiden Mönche aus dem 9. Jh. erinnert, die die Grundlagen für das kyrillische Alphabet schufen.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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