- Lexikon
- Geografie
- 7 Regionen
- 7.1 Die Erdteile und ihre Länder
- 7.1.3 Asien
- Republik Jemen (Yemen)
Die Landschaft Jemen (in der Antike „Arabia Felix“ = „das glückliche Arabien“; arabisch Al Yaman = „Land zur Rechten“ von Mecca) liegt an der Südspitze der Arabischen Halbinsel.
Zum Staatsgebiet gehören die Koralleninseln Kamaran Islands im Roten Meer, die vulkanische Insel Perim Island in der Meerenge Bab el-Mandeb sowie die Inselgruppe Sokotra vor dem „Horn von Afrika“.
Fläche: | 527 968 km² |
Einwohner: | 20,7 Mio. |
Bevölkerungsdichte: | 39 Einw./km² |
Bevölkerungswachstum: | 3,5 %/Jahr |
Lebenserwartung: | 58 Jahre |
Landeshauptstadt: | Sanaa (Sana'a) |
Staatsform: | Republik |
Sprachen: | Hocharabisch, jemenitischer Dialekt |
Religionen: | Moslems 99 % (davon Sunniten 53 % und Schiiten 47 %), Juden 1 % |
Klima: | subtropisches bis tropisches Klima |
Bodennutzung: | Ackerland 3,1 %, Wald (4 000 km² Waldreste) |
Wirtschaftssektoren (Anteil der Beschäftigten): | Landwirtschaft 48,5 %, Industrie 15 %, Dienstleistungen 36,5 % |
Exportgüter: | Rohöl |
Bruttoinlandsprodukt: | 10 831Mio. US-$ (2003) |
Bruttosozialprodukt: | 520 US-$ / Einw. (2003) |
Jemen und Nachbarländer
Der Naturraum wird unter den Gesichtspunkten Großlandschaften, Geotektonik und Klima betrachtet.
Der Jemen gliedert sich in fünf Großlandschaften, den Küstenstreifen, das Hochland des Jemen im Westen, den Gebirgsabfall, die Sand- und Kieswüsten im Osten und die Djol-Hochfläche im Südosten.
Infolge seiner Lage am Ostrand des tektonisch aktiven Grabens des Roten Meeres sind neben Kreidesandsteinen, Jurakalken (Kalkplateau von Khamir-Kawkaban) und kristallinem Grundgebirge (präkambrische Granite und Gneise) über 1000 m mächtige vulkanische Decken (Trappdecken) aus mehreren Perioden zwischen Oberkreide und Quartär am geologischen Bau beteiligt. Mit dem Einbruch des Roten-Meer-Grabens stießen am Grabenrand und der östlichen Abdachung junge Vulkane durch die alten Gesteine. Deren unfruchtbare, unwegsame Lavenfelder (Harra) stehen im Gegensatz zu den fruchtbaren Böden der verwitterten älteren tertiären Lavadecken. Auffällig bis in die Gegenwart sind Erdbeben (tektonische Instabilität) und heiße Quellen (nachvulkanische Tätigkeiten).
Aufgrund der Lage südlich des nördlichen Wendekreises (Wendekreis des Krebses) herrscht subtropisches bis tropisches Klima mit zwei Regenzeiten pro Jahr. Sie bringen allerdings keine verlässlichen Regenmengen (Bild 10).
Infolge der besonderen geografischen Gegebenheiten lässt sich der Jemen in drei Klimagebiete aufteilen:
In den 17 Provinzen der Republik Jemen leben überwiegend jemenitische Araber. Im Wadi Hadramaut ist der malaiische Einschlag der Bevölkerung unverkennbar; Inder und Somali haben sich an der Küste zum Golf von Aden niedergelassen.
Der Grad der Urbanisierung liegt bei nur ca. 34 %. Nach der Hauptstadt und dem Regierungssitz Sanaa/Sana'a (2200 m hoch, ca. 2,4 Mio. Einw.) ist Taizz (1300-1500 m, ca. 600 000 Einw.) zweitgrößte Stadt im Landesinneren und letzter Sitz des Imam. Als Küstenstädte (Exporthäfen) haben Aden, die alte Hauptstadt des Protektorats Aden und des Südjemen, ca. 507 000 Einwohner und Al-Hudeidah ca. 550 000 Einwohner.
Zugang zu sauberem Trinkwasser haben 85 % der städtischen Bevölkerung, aber nur 64 % der Dörfler. Über sanitäre Anlagen verfügen 87 % in der Stadt, aber nur 31 % auf dem Lande. Der Anteil öffentlicher Gesundheitsausgaben (am BIP) liegt bei 2,4 %. Aufgrund schlechter medizinischer Versorgung (2 Ärzte und 6 Krankenhausbetten auf 10000 Einwohner) vor allem außerhalb der Städte ist bei einer Fruchtbarkeitsrate von 9,6 Geburten je Frau (2002) und einem Bevölkerungswachstum von 3,4 % (2002) die Hälfte der Landesbewohner in einem Alter von unter 15 Jahren.
Die Säuglingssterblichkeit pendelt um 7,6 %, die der Müttersterblichkeit bei 8,5 ‰ der Geburten. Fast die Hälfte der Kinder ist unterernährt. Niedrig ist bislang die HIV-Infektionsrate (0,01 %).
Klimadiagramme von Aden und von Sana'a
Die öffentliche Ausgaben für Bildung und Erziehung (am BIP) liegen bei 6,7 %. Obwohl eine allgemeine Schulpflicht besteht (6-15 Jahre, Einschulungsquote 83 %), ist die Analphabetenrate von ca. 62 % (2001) recht hoch (Männer 47 %, Frauen 74 %). Besonders der Ausbildungsgrad der Mädchen ist sehr gering. Seit 1970 gibt es in Sana'a und seit 1975 in Aden eine Universität.
99 % der Jemeniten sind Moslems (53 % sunnitische Schafüten und 47 % schiitische Zayditen). Gering ist der Bevölkerungsanteil jüdischer Religion.
Trotz zunehmender Hinwendung zu Kulturwerten anderer, besonders westlicher Länder sind besonders im Norden des Landes traditionell-religiöse Strukturen, wie Verschleierung der Frauen, Großfamilie und Stammeskriegertum, noch auffällig aktuell. Der stützende traditionelle Familienverband spielt nach wie vor eine große Rolle, denn es gibt keine Sozialversicherung.
Verschiedene traditionelle Haus-Baustile finden sich bis heute in Abhängigkeit von den örtlichen Materialressourcen (Lehm, Steine, Holz) in den Regionen Jemens. Besonders markant sind die bis zu neun Etagen hohen Wohntürme in Shibam/Hadramaut; die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören, und die bis zu 30 m hohen, reich verzierten Hochhäuser in der Altstadt von Sana'a.
Zahlreiche Gebirgsdörfer liegen in z. T. schwindelerregenden Schutzlagen auf Kuppen, Spornen und Bergspitzen und stehen damit im krassen Gegensatz zu den afrikanisch anmutenden Hütten der Tihamahbewohner.
Neben der fortschreitenden Technisierung, Mechanisierung und Motorisierung (Motorpumpe) haben sich vor allem in der Landwirtschaft archaisch anmutende Strukturen und Praktiken erhalten. Noch immer erfolgen Feldvorbereitungen und Ernten mit einfachen Hakenpflügen, Eggen, nagelbewehrten Dresch-Streichbrettern und Handsicheln.
Obwohl man trotz künstlicher Bewässerung nur auf 3,1 % der Landesfläche Anbau betreiben kann, ist mehr als die Hälfte der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft beschäftigt. Etwa 30 % der Nutzflächen werden bewässert. Vom verfügbaren Süßwasser fließen über 90% in die Landwirtschaft. Die Tierhaltung (Ziegen, Schafe, Rinder, Geflügel) bildet wegen der zunehmenden Überweidung randlicher Räume ein bedenkliches Problem in der Landwirtschaft. Nomadismus dagegen spielt eine recht untergeordnete Rolle. Die Masse der Landbewohner sind sesshafte Bauern mit meist kleinbäuerlichen, 3-5 ha großen Betrieben. Weniger als 10 % der Bevölkerung sind Nomaden.
Bemerkenswert ist ein Produktionsrückgang in der Landwirtschaft von 30-40 % in den letzten 40 Jahren, der mit der steigenden finanziellen Abhängigkeit der Bauern von städtischen Kreditgebern in Verbindung steht.
Das Land war in den Randgebirgen einst mit Wald bedeckt. Er ist bis auf 4000 km² Waldreste (u. a. Wacholder) fast durchweg gerodet und besitzt außerhalb des Kulturlandes vorwiegend Savannencharakter mit Akazien und Euphorbienvegetation. Die jährliche Rodung liegt bei 92 km².
Der Fischfang ist zu einem wichtigen Wirtschaftszweig geworden.
An Rohstoffen wird lediglich im Süden und im umstrittenen Grenzgebiet zu Saudi-Arabien bei Marib Erdöl gefördert (Energieproduktion 20,25 Mio. t ÖE).
Die mit Unterstützung des Auslandes bescheidene Industrialisierung (Textil-, Zement- und Zigarettenfabriken im Norden, Erdölraffinerien im Süden) ist gekennzeichnet durch wenig qualifizierte Arbeitskräfte, Abwanderung von Arbeitskräften, hohe Kosten für Energie (Energieverbrauch 3,14 Mio. t ÖE), begrenzte Absatzmöglichkeiten und zurückgehende Investitionen. Ursache sind oft die traditionellen Stammesstrukturen.
Dank der Erölfunde erwirtschaftet der Jemen trotz hoher Auslandschulden einen Außenhandelsüberschuss. Vom Exportvolumen entfallen ca. 95% auf Rohöl. Der Import entfällt zu 20 % auf Maschinen und Transportmittel, zu 15 % auf industrielle Vorprodukte und zu 36 % auf Nahrungsmittel. Haupthandelspartner sind die arabischen Länder und zunehmend die EU-Staaten.
Tourismus spielt wirtschaftlich eine nicht unerhebliche Rolle. Er ist aber aufgrund bescheidener Infrastrukturen und innenpolitischer Unsicherheiten (Bürgerkriege, Entführungen, vermutete Verbindungen zum Terror-Netzwerk Al-Qaida) starken Schwankungen unterworfen. Zahlreiche attraktive Reiseziele finden sich neben dem ansprechend abwechslungsreichen Landschaftscharakter in historischen Städten mit ihren architektonischen Baudenkmälern und labyrinthartigen Gassen, wie in der Altstadt von Sana'a (Weltkulturerbe) und in Resten aus der Antike, wie die Tempelanlagen von Saba oder der antike Damm bei Marib.
Seit vorchristlicher Zeit, vor allem unter der sagenhaften Königin von Saba (Sabäerreich, Marib) und dem Königreich Himyar, hatte das heutige jemenitische Gebiet wegen seiner klimatischen Gunstlage, insbesondere aber als wirtschaftliches und kulturelles Transitland an der Weihrauchstraße zwischen Indien, dem östlichen Afrika und dem Mittelmeerraum eine große Rolle gespielt.
Es gelangte nach dem dritten nachchristlichen Jahrhundert unter den Einfluss der Äthiopier und Perser und wurde nach einer kurzen christlichen und jüdischen Epoche als Teil des Kalifenreiches muslimisch.
Vom zehnten Jahrhundert an waren im Jemen saiditische Imame politisch-religöse Herrscher. Das Land war unabhängig, geriet dann teilweise (vor allem die Tihamah) unter den Einfluß des Osmanenreiches (1538-1630, 1849-1918). 1839 besetzten die Briten die Hafenstadt Aden als Stützpunkt für den Seeweg nach Indien.
In dem nach 1918 unabhängigen Königreich Jemen führten ein Krieg mit Saudi-Arabien (1933/34) und innenpolitische Probleme (Revolten gegen das Imamat) 1962 zum Bürgerkrieg und zur Spaltung des Landes in eine „Arabische Republik Jemen“ im Norden (Nordjemen) mit der Hauptstadt Sana'a und eine südarabische Föderation (später „Demokratische Volksrepublik Jemen“, Südjemen) mit Aden als Zentrum.
1990 schlossen sich die beiden Landesteile zur „Republik Jemen“ wieder zusammen. Die Hauptstadt wurde Sana'a. Heute ist der Jemen eine arabische, islamische und unabhängige Republik (arabisch: Al-Djumhuriya al-Yamaniya). Die begonnene Demokratisierung, der Boykott durch arabische Staaten (Saudi Arabien) und die USA (Entzug von Wirtschaftskrediten) wegen proirakischer Haltung des Jemen im Golfkrieg 1991 und vermutete Verbindungen zur Terrororganisation Al-Qaida führten zu innen- und außenpolitischen Konflikten. Spannungen zwischen imamtreuen Stämmen (im Norden und im Osten) und regierungstreuen Kräften sind bis in die Gegenwart erhalten geblieben.
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