- Lexikon
- Geografie
- 7 Regionen
- 7.1 Die Erdteile und ihre Länder
- 7.1.4 Afrika
- Präsidialrepublik Nigeria
Nigeria liegt nördlich vom Äquator in Westafrika an der Küste des Golfs von Guinea. Im Westen grenzt das Land an Benin, im Norden an Niger und Tschad und im Osten an Kamerun (Bild 1).
Nigeria besitzt knapp die dreifache Größe Deutschlands.
Die Landeshauptstadt ist seit 1991 Abuja, die in dieser Funktion Lagos ablöste.
Fläche: | 923 768 km² |
Einwohnerzahl: | 124 Millionen (1999) |
Bevölkerungsdichte: | 117 Einw./ km² |
Bevölkerungswachstum: | 2, 9 %/Jahr |
Lebenserwartung: (Männer/Frauen) | 49/52 Jahre |
Staatsform: | Präsidiale Bundesrepublik mit 30 Bundesstaaten |
Bevölkerungsgruppen: | Afrikanische Völker der Haussa 21 %, Yoruba 21 %, Ibo 18 %, Fulani 11 %, Ibibo 6 % und weitere mehrere Hundert Völker und Volksgruppen |
Sprachen: | Englisch als Amtssprache und zahlreiche Stammessprachen |
Religionen: | Muslime (45 %), Katholiken und Protestanten 38 %, andere christliche Religionsgemeinschaften 11 %, Naturreligionen |
Klima: | Tropisches Wechselklima mit nach Norden hin abnehmenden Niederschlägen und längerer Trockenzeit. Durchschnittstemperaturen in Lagos ganzjährig um 27 °C. |
Bodennutzung: | Ackerland 33,4 %, Wald 15,4 %, Weideland 23 % |
Hauptexportgüter: | Erdöl, Erdgas, Mineralölprodukte, Kakao, Kautschuk, Palmöl |
Bruttoinlandsprodukt: | 92 Mrd. US-$ (1998) |
Wirtschaftssektoren: (Anteil am BIP 1997) | Landwirtschaft 34 %, Industrie 43 %, Dienstleistung 23 % |
Bruttosozialprodukt: | 300 US-$/Einw. (1998) |
Nigeria erstreckt sich über mehr als 1000 km vom Golf von Guinea bis zum Tschadbecken im Norden. Bis auf das schmale Küstengebiet wird der Naturraum in Nigeria von Hochländern geprägt, die sich über mehrere Klima- und Vegetationszonen erstrecken.
Die an Lagunen und Sümpfen reiche Küstentiefebene erweitert sich am weit gefächerten Nigerdelta zu einem mehr als 100 km breiten Sumpfgebiet. Das Sumpfgebiet reicht fast 200 km ins Land hinein. Landeinwärts geht das Tiefland in sanft gewellte Hügelländer über, die selten 500 m Höhe übersteigen. Die Hügelländer erstrecken sich bis zu den beiden breiten und tiefen Senken etwa in der Mitte des Landes. Sie werden vom Niger und seinem Nebenfluss Benue, den beiden größten Flüssen Nigerias, durchflossen. Nördlich der Flusstäler von Niger und Benue beginnt die zentrale Plateaulandschaft mit durchschnittlich 1200 m Höhenlage.
Die Plateaus haben den Charakter weiter Hochebenen. Über diese Hochebenen ragen noch erloschene Vulkane und einzelne Inselberge bis knapp 2000 m Höhe auf. Weiter zu den nördlichen Landesgrenzen hin fallen die Plateaus zu weiten Ebenen ab, im Norwesten Richtung Niger zur Ebene von Sokoto, im Nordosten Richtung Tschad zur Schwemmebene des Tschadsees.
Der Tschadsee, der allerdings nur zu einem geringen Teil zu Nigeria gehört, ist ein abflussloser, inselreicher See, der im gleichnamigen Becken Zentralafrikas liegt. Die Fläche des flachen, nur 3 bis 7 m tiefen Sees variiert je nach den Niederschlagsverhältnissen zwischen 12000 und 26000 km².
Nigeria liegt vollständig in den Tropen und besitzt tropisches Wechselklima, das vom Wechsel einer längeren Regenzeit im Sommer mit einer kürzeren Trockenzeit im Winter bestimmt wird.
Dauer und Intensität der Regenzeit verringern sich jedoch nach Norden hin. Während in den Küstengebieten von April bis November bis zu 3000 mm Niederschlag fallen, sind es in der wesentlich kürzeren Regenzeit in den Ebenen des Nordens höchstens noch 700 mm.
Außerdem weht im Norden während der Trockenzeit der Harmattan. Dieser heiße, stauberfüllte Wind aus den Weiten der Sahara dörrt das Land völlig aus.
Die Mitteltemperaturen schwanken in der Küstenregion im Jahresverlauf nur gering zwischen 26 und 29 °C, in den nördlichen Landesteilen allerdings zwischen 23 °C im Winter und 33 °C im Sommer deutlich stärker.
Nigeria
Der flache, feuchtwarme Küstensaum wird von Mangrovenwäldern begleitet. Landeinwärts gehen diese in ausgedehnte Sümpfe und tropische Regenwälder über. Die hier von Natur aus wachsenden tropischen Edelhölzer, wie Mahagoni, Teak oder Abura, sind lange abgeholzt. Auch die Regenwälder selbst wurden großflächig durch Palmenpflanzungen ersetzt.
Weiter nordwärts folgen Savannen, zunächst die ausgedehnten Feuchtsavannen mit Schirmakazien und Galeriewäldern in den Flussniederungen von Niger und Benue.
Mit den abnehmenden Niederschlägen wandelt sich das Bild zur Trockensavanne und in der Ebene am Tschadsee, die schon zur Sahelzone gehört, zur Dornstrauchsavanne.
Im bevölkerungsreichen Vielvölkerstaat Nigeria leben über 400 Völker und Volksgruppen mit zumeist eigenen Sprachen und verschiedenen Religionen zusammen.
Die bunte Mischung unterschiedlichster Völker und Kulturen in einem Staat ist das Ergebnis der kolonialen Grenzziehung. Diese hat seit der Unabhängigkeit des Landes im „afrikanischen Jahr 1960“ z. T. zu erheblichen politischen und religiösen Spannungen zwischen den Völkern geführt.
Zwischen 1967 bis 1970 entluden sich solche Spannungen in einem Bürgerkrieg, der schätzungsweise 2 Mio. Menschenleben forderte. Die meisten Opfer waren verhungerte Kinder.
Mit deutlich mehr als 100 Einw./km² ist Nigeria ein relativ dicht besiedeltes Land.
Der Siedlungsschwerpunkt ist die Region um Lagos im Südwesten des Landes, in der auch die größten nigerianischen Städte liegen.
Fast die Hälfte aller Nigerianer lebt mittlerweile in den Städten. Die wachsende Verstädterung ist das Ergebnis anhaltender Landflucht vor allem jüngerer Nigerianer, die durch das hohe Bevölkerungswachstum auf dem Land keinen „Platz“ mehr finden. Sie erhoffen in den Städten Arbeit und Wohlstand, verstärken aber meist nur das Heer der Arbeitslosen.
Deshalb wuchern um die nigerianischen Städte auch die Armutsviertel, in denen Millionen Menschen vegetieren.
Das rasche Wachstum der Bevölkerung des Landes betrug Ende der 90er Jahre konstant 2,9 % im Jahr. Deshalb ist die Bevölkerung Nigerias relativ jung. Etwa die Hälfte ist trotz hoher Kindersterblichkeit jünger als 14 Jahren. Da das Land unter zunehmender Armut leidet, ist in den letzten Jahren trotz bestehender Schulpflicht der Anteil der Analphabeten wieder von 50 auf 70 % angestiegen.
Das Entwicklungsland Nigeria erlebte Dank seiner reichen Erdölvorkommen seit den 70er Jahren einen hoffnungsvollen raschen wirtschaftlichen Aufschwung.
Durch den weltweiten Verfall der Ölpreise in den 80er Jahren und die Abhängigkeit vom Erdölexport wurde das Land allerdings in eine wirtschaftliche Dauerkrise gerissen. Die Krise findet ihren Ausdruck in riesiger Auslandsverschuldung, hohen Inflationsraten und der Verarmung der Bevölkerung und hat auch sehr zur Destabilisierung der politischen Situation beigetragen.
Obwohl etwa 60 % der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig sind, beträgt ihr Anteil am Bruttoinlandsprodukt nur etwa ein Drittel. Die Landwirtschaft Nigerias dient heute vorwiegend der Selbstversorgung und ist kaum noch in der Lage, den Nahrungsmittelbedarf der wachsenden Bevölkerung zu decken. Als Folge dieser Entwicklung verlor Nigeria seine ehemalige Rolle als wichtiger Nahrungsmittelexporteur. Für den Export sind nur noch Kautschuk und Kakao von Bedeutung.
Landwirtschaft kann auf etwa einem Drittel der Landesfläche betrieben werden. Mitte der 90er Jahre wurden davon etwa 3 % für den Ackerbau und der Rest als Viehweiden genutzt.
Viehzucht wird vor allem von Nomaden in den Savannen des Nordens betrieben.
In der Industrie Nigerias besitzt die Förderung und Aufbereitung von Erdöl, in den letzten Jahren auch von Erdgas, überragende Bedeutung.
Seit Beginn der Ölförderung 1958 schaffte Nigeria innerhalb von nur zwei Jahrzehnten den Sprung unter die führenden Ölnationen. Trotz Preisverfall erwirtschaftete Nigeria Mitte der 90er Jahre mit dem Export von Rohöl immer noch mehr als 90 % seiner Exporterlöse.
Das ebenfalls reichlich vorhandene Erdgas wird neuerdings kaum noch abgefackelt, sondern als Flüssiggas exportiert oder zur Stromerzeugung im Inland genutzt.
Daneben verfügt Nigeria über eine Reihe weiterer Industriebereiche, beispielsweise die Erdöl verarbeitende Industrie, die Nahrungsmittelindustrie, die Erzeugung von Stahl, Zement und Düngemitteln sowie die Schuh- und Textilindustrie. Die Mehrzahl der Betriebe ist im Ballungsraum Lagos konzentriert.
Seine weiteren Bodenschätze (Bild 6) nutzt das Land bisher in geringem Maße.
Ab 700: Haussa-Stämme wandern in den Norden Nigerias ein (Ackerbauern) und wenden sich später dem Islam zu.
Ab 1300: Von Westen her wandern Fulani (Großviehnomaden) ein.
Ab 15. Jh.: Entwicklung von Handelsbeziehungen der Küstenstämme mit portugiesischen Händlern und Beginn des Sklavenhandels.
1841: Entstehung christlicher Missionen an der Küste und christliche Missionierung des Volks der Ibo.
1861: Lagos wird britische Kronkolonie. Bis zur Jahrhundertwende werden auch die Völker der Joruba (1886), der Ibo (1898) und der Fulbe und Haussa (1903) unterworfen.
1914: Zusammenschluss der Kolonien Süd- und Nordnigeria zur britischen Kolonie Nigeria.
1960: Jahr der Erringung der staatlichen Unabhängigkeit.
1960–1966: Die Jahre sind von Krisen, Unruhen, Militärputschen und Stammesauseinandesetzungen geprägt.
1967–1970: Die Ostregion (Ibos) erklärt sich zur „Republik von Biafra“, die nach zweieinhalb Jahren von den Truppen der Zentralregierung zurückerobert wird. Hungersnöte bedrohen danach vor allem die Völker der Ibos.
1979: Seit langem übernimmt wieder eine gewählte Regierung die Regierungsgeschäfte, wird aber erneut vom Militär gestürzt.
Das Land ist bis heute nicht zur Ruhe gekommen. Eine Ursache ist zweifellos, dass Wirtschaft und Politik stark von ausländischen Konzernen, insbesondere den Ölmultis beeinflusst werden. Eine weitere Ursache sind die großen sozialen Unterschiede zwischen Arm und Reich und zwischen den Bevölkerungsgruppen, die immer wieder zu Aufständen führen und die Stabilisierung des Landes verhindern.
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