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- Machu Picchu – die sagenumwobene, geheimnisvolle Inkastadt
Viele Legenden und Rätsel ranken um die Inkastadt Machu Picchu (Bild 1). Sie liegt auf etwa 2400 m Höhe auf einem von Menschen umgearbeiteten, breiten Sattelkamm, etwa 700 m über einem wild tosenden Fluss, dem Rio Urobamba („Sonnenfluss“, Bild 2). Dieser gehört zum Fluss-System des Amazonas und entwässert zum Atlantik.
Die Ruinenstadt Machu Picchu (Blick von Süden; Standort „Hütte“)
Der Bergkamm befindet sich im Inneren eines Mäanders des Rio Urobamba, zu dem steile, unpassierbare Felshänge abfallen. So ist der Ort von drei Seiten strategisch geschützt. Der Zugang erfolgte von Südosten über den regelmäßig von Festungsanlagen gesicherten Camino Inca (Inca Weg, Trail) durch das Sonnentor (Bild 9). Die weitere Umgebung der Stadt bilden schroffe Hochgebirge, im Westen die Cordillera Vilcabamba (bis 6271 m) und im Osten die Cordillera Vilcanota (bis 6398 m; Bild 3).
Blick von der Unterstadt Machu Picchus in das klammartige Engtal des Rio Urobamba
Machu Picchu blieb fast 400 Jahre eine „verborgene Stadt“. Viele Versuche, die sagenumwobene Inkastadt zu finden, scheiterten an dem unwegsamen Gelände, dem unpassierbaren Urobambatal und den Witterungsverhältnissen.
Im Jahre 1911 kam HIRAM BINGHAM mit einer Expedition der Universität Yale (USA) in die Urobambaschlucht auf der Suche nach der „verlorenen Stadt der Inkas“, Vilcabamba. Diese Stadt galt als Rückzugsort der Inkas, als ihr letztes Versteck. In ihr sollte auch ein Teil des Inkaschatzes verborgen sein.
Einheimische führten am 24. Juli 1911 BINGHAM und seine Expeditionsmitglieder durch den undurchdringlichen Dschungel zu den auf einem Bergrücken gelegenen überwucherten Inkaruinen. Er war überzeugt, Vilcabamba gefunden zu haben. Doch tatsächlich hat er eine zweite „verlorene Stadt“, nämlich Machu Picchu, wiederentdeckt. Die Ruinen von Vilcabamba wurden erst 1963 von dem Amerikaner GENE SAVOY etwa 100 km nordwestlich von Machu Picchu gefunden, Ruinen von 60 Gebäuden dieser untergegangenen Stadt. Interessant ist, dass diese Ruinen bereits im Mai 1911 von BINGHAM entdeckt und mit Espíritu Pampa benannt wurden. Er tat sie aber als bedeutungslos ab.
BINGHAM blieb vier Jahre als Ausgrabungsleiter in Machu Picchu und veröffentlichte später drei Bücher über die Ergebnisse seiner Tätigkeit und seiner Studien, „Inca Land“ (1922), „Machu Picchu“ (1930), „Lost City of the Incas“ (1948). BINGHAM starb 1956 in den USA. Geehrt wurde er 1961 mit einer Bronzetafel als „wissenschaftlicher Entdecker Machu Picchus“.
Die Wiederentdeckung von Machu Picchu und weiterer Ruinenkomplexe in der Umgebung haben einige Erkenntnisse über die Geschichte und Kultur der Inkas gebracht, viele Fragen bleiben aber unbeantwortet, beispielsweise:
Bis heute diskutieren Archäologen und Historiker über solche Fragen. Einigkeit besteht wohl nur darüber, dass Machu Picchu etwa ab der 1. Hälfte des 15. Jh. (ca. 1420) erbaut wurde, aber Anfang des 16. Jh. (ca. 1520) bereits wieder aufgegeben wurde.
Machu Picchu liegt in den peruanischen Ostkordilleren der Anden, Luftlinie ca. 450 km südöstlich von Lima bzw. 70 km nordwestlich von Cusco.
Die schneebedeckten Fünftausender der Cordillera Vilcanota östlich von Machu Picchu
Der gesamte Ruinenkomplex (Bild 4) ist etwa in Süd-Nordrichtung angelegt, hat eine Länge von etwa 800 bis 1000 m und eine Breite bis zu 500 m. HIRAM BINGHAM teilte die Anlage in Stadtsektoren ein. Er gab den einzelnen Gebäuden bestimmte Bezeichnungen, deren tatsächliche Funktion ist aber weithin ungeklärt. Die Oberstadt im Westteil der Stadt wird von dem Palastviertel und dem Tempelviertel gebildet. Der Eingang ist ein gut erhaltenes Stadttor. Wichtige Gebäude im Palastviertel sind der Incapalast (Incahuasi), der Palast der Prinzessin (Palacio de la Ñusta) und der Palast des Hohen Priesters (Palacio del Willac Umu).
Machu Picchu im Überblick: Oberstadt mit Palast-, Tempelviertel und Sonnenstein links; Unterstadt mit Handwerker-, Wohn- und Speicherviertel rechts; dazwischen der Hauptplatz (Intipampa); im Hintergrund der „Junge Gipfel“ und der „Alte Gipfel“
Der Incapalast (Königspalast) besteht aus mehreren Räumen mit Mauern aus Granitblöcken und einem trapezförmigen Tor (Bild 5). Der Palast der Prinzessin war ein prachtvolles, zweistöckiges Bauwerk, umgeben von einfachen Nebengebäuden. Von denen nimmt man an, dass sie den Bediensteten als Unterkunft dienten. Der Palast des Hohen Priesters liegt am erhöhten heiligen Platz. Er war als Magier, Hohe Priester und oberster Sonnendiener ebenso mächtig, wie der Incaherrscher.
In den Mauern des Königspalastes; am Berghang die „Hütte“ (Haus des Grabfelsenverwalters; bester Aussichtspunkt)
Herausragende Gebäude im Tempelviertel sind der Tempel der drei Fenster, der Haupttempel und der Sonnenstein (Intihuatana). Der Tempel der drei Fenster ist dreiwandig und besitzt auf der Ostseite drei große trapezförmige, aus riesigen Steinquadern gebildete Fenster (Bild 6).
Der Tempel der drei Fenster wurde aus großen Granitquadern errichtet.
Der Haupttempel hat ebenfalls nur drei, aus riesigen Steinblöcken fein verfugte Wände. Er war dem Sonnengott geweiht. In der Nähe, am höchsten Punkt des Tempelviertels, steht auf einer Hügelspitze der Sonnenstein (Intihuatana, Bild 7). Dieser 1,80 m hohe Stein besteht aus einem Felssockel, aus dem in der Mitte ein viereckiger Sporn aufragt. Die vier Ecken markieren die vier Himmelsrichtungen Norden, Süden, Osten, Westen. Der Sonnenstein diente astronomischen Beobachtungen, der Berechnung und Überprüfung des Kalenders, der Bestimmung der Regenzeit und des günstigsten Aussaattermins. Chronisten berichten, dass mit dem Sonnenstein der Lauf der Sonne, die Tageszeit, die Sternbilder und Planetenbahnen bestimmt werden konnten. So wurde er als Sonnenuhr und „Sonnenobservatorium“ genutzt.
Blick über den Sonnenstein zum Sonnentor im Gebirge
In der Unterstadt (Bild 8) im Ostteil der Stadt befinden sich mehrere Viertel, die voneinander durch hohe Mauern getrennt sind. Dazu gehören z. B. Wohn-, Handwerker-, Landwirtschafts-, Lager- und Speicherviertel sowie ein Gefängnisviertel.
Man nimmt an, dass die gesamte Stadtanlage aus etwa 220 Gebäuden bestand und dass etwa 400 Bewohner ständig anwesend waren. Machu Picchu konnte aber zeitweise bis zu 3000 Personen, z. B. Pilger, mit Wasser und Nahrung versorgen.
Die Wohnbauten, Paläste und Tempel der insgesamt 14 Stadtsektoren sind auf Terrassen angelegt und durch größere und kleinere Treppen untereinander verbunden. Im Süden der Stadtanlage befanden sich umfangreiche Terrassenfelder mit einer ausgeklügelten Bewässerungsanlage. Im Westen und Osten gingen die terrassierten Hänge fast senkrecht abfallend den Bergrücken hinunter bis in die Felsregion. Angebaut wurden vor allem Kartoffeln und Mais.
Im Norden des Ruinenkomplexes, am Ende des Bergkammes, erhebt sich der Bergsporn, der zum Namensgeber für die Stadt wurde, der Machu Picchu (3140 m). Dies ist eine einheimische Bezeichnung, die „Alter Gipfel“ bedeutet. Davor etwa befindet sich der Huayna Picchu („Junger Gipfel“, 2700 m).
Die südlichen Teile der Unterstadt mit anschließenden terrassierten Hängen für Landwirtschaft
Oberhalb der Ruinen von Machu Picchu im Südosten liegt auf etwa 2745 m Höhe ein rätselhaftes Bauwerk, das „Sonnentor“ (Intipunku, Bild 9). Die ersten Strahlen der aufgegangenen Sonne „fallen“ durch das Sonnentor auf Machu Picchu und erreichen dort den hoch auf dem Westteil des Bergrückens stehenden Sonnenstein (Intihuatana).
Das gesamte Gebiet des Inka-Trails (Camino Inca) mit seinen Tälern, steilen und gepflasterten Inkapfaden, historischen Steintreppen, Bergen und Inkaruinen – ca. 350 km² Fläche – wurde von der peruanischen Regierung im Jahre 1981 unter Naturschutz gestellt. Dieses Gebiet ist zum „Historischen Park von Machu Picchu“ erklärt worden.
Im Jahre 1983 wurde dieses Schutzgebiet von der UNESCO in das Weltkulturerbe der Menschheit aufgenommen. Es ist eines der wenigen Gebiete auf der Erde, in dem sowohl die Kulturschätze als auch die sie umgebende Natur geschützt sind.
Doch dieses Weltkulturerbe ist in Gefahr. Auf dem UNESCO-Symposium im März 2001 haben Wissenschaftler der Universität Kyoto ihre langfristigen Messergebnisse vorgelegt. Daraus ergibt sich, dass sich der westliche Teil von Machu Picchu (Oberstadt) talwärts bewegt (1 cm pro Monat). Dies kann die Vorstufe eines Bergsturzes sein. Sollte tatsächlich die Oberstadt in den Rio Urobamba stürzen, wäre die Unterstadt derart destabilisiert, dass sie nach Osten in den Fluss rutschen könnte.
Das von Nebelschwaden umgebene Sonnentor im Gebiet oberhalb von Machu Picchu
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