Kanada – ein „Subkontinent“

Kanada nimmt mit Ausnahme von Alaska den Norden des Kontinents Nordamerika ein. Das Land erstreckt sich vom Pazifik im Westen bis zum Atlantik im Osten, von den Großen Seen im Süden über die Hudsonbai und die arktische Inselwelt bis zum Nordpolarmeer. Kanada ist nach der Russischen Föderation das zweitgrößte Land der Erde und mit knapp 10 Mio. km² rund 28-mal so groß wie die Bundesrepublik Deutschland, besitzt aber nur ein Drittel von deren Einwohnerzahl. Hauptstadt des Bundesstaates ist Ottawa.

Der Subkontinent Kanada

Der Subkontinent Kanada

Oberflächengestalt

Das Relief des Landes wird von mehreren naturgeografischen Räumen geprägt:
Das geologische und landschaftliche Kernstück Kanadas ist der Kanadische Schild mit der erst in der Erdneuzeit eingesenkten Hudsonbai und ihrer Umrahmung, u. a. den Ausläufern der Appalachen im Südosten. Er ist der Rumpf eines vor Urzeiten abgetragenen Faltengebirges und umfasst über 4,6 Mio. km². Das weitgehend flache oder leicht hüglige, felsige Gebiet mit seinen Seen und Wäldern liegt zwischen 200 und 600 m hoch und erreicht nur auf der Halbinsel Labrador Höhen über 1000 m.

Die größten der zahllosen Seen, u. a. der Große Bärensee, der Große Sklavensee und der Winnipegsee, verlaufen am Westrand des Kanadischen Schilds. Tief eingeschnittene Fjorde und breite Marschebenen bestimmen den Charakter des Küstensaums an der Atlantikküste im Osten. Nach Westen hin schließen sich an den Kanadischen Schild die Prärietafelländer der Großen Ebenen oder Great Plains an. Sie steigen in weiträumigen Schichtstufen von etwa 300 m im Osten bis auf 1500 m in der Vorgebirgszone der Rocky Mountains im Westen an.

Der übrige Raum bis zum Pazifik wird vom kanadischen Teil der Nordamerikanischen Kordilleren eingenommen, die aus mehreren parallel laufenden Ketten bestehen. Die östlich gelegenen 4000 m hohen Rocky Mountains schließen wie in den USA 1000 bis 1500 m hoch gelegene Plateaus ein. Parallel zur Pazifikküste verläuft die Westkette der Kordilleren mit der Küsten- und Inselkordillere. Die Westküste wird durch tiefe Buchten und Fjorde in zahllose Inseln und Landsporne zerlegt, die als Gipfel und Bergrücken eines „ertrunkenen“ Randgebirges z. T. bis 2000 m über den Meeresspiegel hinausragen.

Im nördlichen Teil der Küstenkordillere liegt der höchste Berg Kanadas, der eisgepanzerte Mount Logan, der mit 6050 m Höhe zugleich der zweithöchste Berg Nordamerikas ist. Nördlich des kanadischen Festlands erstreckt sich der Arktische Archipel mit Tausenden von Inseln. Die größten von ihnen, Baffinland und die Viktoriainsel, übertreffen dabei die Fläche der meisten europäischen Staaten. Während der flachere Teil des Archipels im Süden nur etwa 400 m Höhe erreicht, gibt es auf den nördlichen Inseln fast 3000er Gipfel. Der Südosten des Landes, die von der Eiszeit geformten Tiefländer am Sankt-Lorenz-Strom und im Gebiet der Großen Seen, sind Teil des Zentralen Tieflands Nordamerikas.

Klima

Bedingt durch die Weite des Raumes, hat Kanada überwiegend kontinentales Klima mit langen, kalten Wintern und warmen, im Landesinneren heißen Sommern (Bild 4).
Die Inselwelt im Norden und das nördliche Festland um die Hudsonbai liegen in der polaren und subpolaren Klimazone. Der übrige Teil des Landes ist mit Ausnahme der ausgeglicheneren Küsten kaltgemäßigt. Da in Kanada in West-Ost-Richtung verlaufende Gebirge fehlen, ist das Land sowohl nach Norden als auch nach Süden hin offen. Deshalb können im Winter die gefürchteten Blizzards, arktische Eis- und Schneestürme, weit nach Süden vordringen und extreme Kälteeinbrüche bis –40 °C verursachen. Im Sommer dringen dagegen heiße Luftmassen vom Golf von Mexiko, die sogenannten „hot waves“, weit nach Norden vor.

Das Klima Kanadas ist deshalb durch erhebliche Temperaturschwankungen gekennzeichnet. Bei vorherrschenden Westwinden fallen im Einflussbereich des Atlantik über 1000 mm Niederschlag, in den zentralen Teilen Kanadas noch etwa 300 mm. Der Staubereich der Rocky Mountains wiederum erhält extrem viel Regen im Laufe des Jahres.

Klimadiagramme von Montreal und Vancouver

Klimadiagramme von Montreal und Vancouver

Vegetation

Infolge der großen Flächenausdehnung und der klimatischen Unterschiede hat das Land auch Anteil an unterschiedlichen Landschaftsgürteln:
An die baumlose Moos- und Flechtentundra im hohen Norden schließt sich südlich der boreale Nadelwaldgürtel an, das neben der Taiga Eurasiens größte zusammenhängende Nadelwaldgebiet der Erde.

Östlich der Rocky Mountains grenzt im Bereich der Great Plains ein breiter Steppengürtel, die Prärie, an den Waldgürtel und südlich, von den Großen Seen bis zum Atlantik, breitet sich die Mischwaldregion Kanadas aus.

Wichtige Daten zum Land

Fläche:9,97 Mio. km²
Einwohnerzahl:31,7 Mio.
Bevölkerungsdichte:3 Einw./km²
Bevölkerungswachstum:0,8 %/Jahr
Lebenserwartung:79 Jahre
Staatsform:bundesstaatlich geordnete parlamentarische Monarchie im Commonwealth
Hauptstadt:Ottawa
Bevölkerungsgruppen:Kanadier britischer (17,1 %) und französischer (9,5 %) Abstammung, Kanadier irischer, deutscher, italienischer u. a. Abstammung 29 %, Inuit und Indianer 800 000
Sprachen:Englisch oder Französisch 98 %
Religionen:Katholiken 46 %, Protestanten 36 %, Anglikaner 8 %
Klima:im Norden subpolar, sonst gemäßigt kontinental mit großen Temperaturgegensätzen, in den Prärien winterkaltes Steppenklima
Bodennutzung:Wald 35,4 %, Ackerland 5 %, Wiesen und Weiden 2,6 %
Hauptexportgüter:Fahrzeuge, Maschinen und Ausrüstungen, Weizen, Holz, Papier, Erze, Erdöl, Erdgas
Bruttoinlandsprodukt:856 523 Mio. US-$ (2003)
Wirtschaftssektoren:
(Anteil am BIP, 2003)
Industrie 26,4 %, Landwirtschaft 2,3 %, Dienstleistung 71,3 %
Bruttosozialprodukt:24 470 US-$/Einw. (1999)

Bevölkerung

Den größten Bevölkerungsanteil stellen die Anglokanadier, gefolgt von den Frankokanadiern. Während die Indianer der unterschiedlichsten Stämme über das ganze Land verteilt leben, siedeln die Inuit (Eskimos) im Norden Kanadas, vor allem in Nunavut, einem Territorium mit Selbstverwaltung.

Die Bevölkerung des insgesamt dünn besiedelten Landes ist zudem sehr ungleichmäßig verteilt: Vier Fünftel des riesigen Landes, vor allem große Teile des polaren Nordens, sind nahezu unbewohnt. Naturliebhaber können tagelang durch die Tundren und Wälder streifen, ohne einer Menschenseele zu begegnen.

Die große Mehrzahl der Kanadier lebt in einem Streifen an der Grenze zu den USA, fast 65 % davon in den östlichen Provinzen Ontario und Quebec. Die Verstädterung ist dementsprechend weit vorangeschritten: Knapp 80 % der Kanadier sind in einer Stadt zu Hause. Bevorzugte Siedlungszentren sind vor allem die großen Städte, in denen über die Hälfte der Kanadier leben. Die drei Millionenstädte Vancouver, Toronto und Montreal unterscheiden sich mit ihren Skylines nicht mehr von den Großstädten der USA.

Wirtschaft

Die natürlichen Reichtümer Kanadas sind seine Bodenschätze, seine Energiequellen, vor allem die Wasserkraft, die fruchtbaren Böden der Prärien und die unendlichen Wälder der Nadelwaldzone. Die Erschließung dieser Naturreichtümer gestaltet sich vor allem in den nördlichen Gebieten Kanadas außerordentlich schwierig. Die industriellen Ballungsräume des hoch entwickelten Industrielandes befinden sich deshalb im Süden des Landes, haben aber kaum Verbindungen untereinander. Sie sind vielmehr eng mit den benachbarten Wirtschaftsräumen der USA verflochten, die auch wichtigster Handelspartner Kanadas sind.

Der wirtschaftliche Aufschwung vom Agrar- zum Industrieland vollzog sich während und nach dem Zweiten Weltkrieg, getragen von einer zunehmenden Nachfrage nach kanadischen Erzeugnissen. Günstig wirkte sich dabei aus, dass die europäische Konkurrenz infolge der Kriegseinwirkungen zunächst einmal ausfiel.

Landwirtschaft

Zwei Drittel der nutzbaren Fläche dienen dem Ackerbau. Wichtigste Ackerbaugebiete sind die Prärieprovinzen Manitobe, Saskatchewan und Alberta. Sie erzeugen mit stark mechanisiertem Anbau rund 90 % der Weizenernte sowie den größten Teil der Hafer-, Gersten- und Ölsaatenerträge. Für diese landwirtschaftlichen Produkte ist Kanada einer der weltweit größten Erzeuger und Exporteure.
Rund die Hälfte des Anteils der Landwirtschaft am BIP erbringt die Vieh- und Milchwirtschaft.

Bergbau und Industrie

Kanada hat bedeutende Rohstoffvorkommen. In der Provinz Alberta werden Erdöl, Erdgas und Kohle gefördert. Ontario ist reich an Nickel, Kupfer, Eisen und Gold. In British Columbia kommen u. a. Zink und Molybdän, in der Provinz Quebec Eisen, Kupfer und Asbest vor. Weitere riesige Eröl- und Erdgasvorkommen gibt es in der kanadischen Arktis. In der Industrie des Landes mit ihrer breit gefächerten Branchenpalette ist deshalb die Verarbeitung landwirtschaftlicher und montaner Rohstoffe, d. h. die Nahrungs- und Genussmittelindustrie, die Eisen-, Stahl- und Metall verarbeitende Industrie und nicht zuletzt die chemische Industrie, von großer Bedeutung. In den Betrieben dieser Zweige ist die Produktionstechnik und die Rationalisierung sehr weit fortgeschritten.
Der bedeutendste Industriezweig Kanadas ist aber die Zellstoff- und Papierindustrie, die im Waldreichtum Kanadas ihre Basis hat. In der Produktion von Holzschliff, Zellstoff, Pappe und Papier steht das Land an erster Stelle in der Weltproduktion.
Als Wachstumsindustrien gelten weiter der Kraftfahrzeug- und Flugzeugbau, die Kunststoffindustrie und Zweige des Hightechbereichs. Von wachsender wirtschaftlicher Bedeutung für das Land ist der Tourismus. Kanada, das riesige Land mit seinen spektakulären Naturlandschaften, zieht immer mehr Touristen an, hauptsächlich aus den USA und in wachsendem Umfang aus Europa und Japan. Viele sind Naturliebhaber, die das Land per Wohnmobil erkunden und sich häufig einen sehnlichen Jugendtraum erfüllen.

Verkehr

Die Verkehrsdichte in Kanada ist ein Spiegelbild der Besiedlungsdichte:
Im Süden gibt es ein dichtes Netz von Straßen und Eisenbahnen. Im Norden hilft nur das Flugzeug weiter.
Die wichtigste Straßenverbindung des Landes ist der Transcanada Highway, der die Westküste mit der Ostküste verbindet und fast 8000 km lang ist.
Große Bedeutung hat naturgemäß die Schifffahrt. Die Großen Seen und der Sankt-Lorenz-Strom sind die wichtigsten Binnenwasserstraßen des Landes.

Aus der Geschichte

Anfang des 17. Jh. kommen die ersten Siedler aus Frankreich und gründen 1608 die Stadt Quebec. Wenige Jahre später folgen dann britische Siedler. Nachdem Frankreich und England die von ihren Siedlern bewohnten Gebiete zur Kolonie erklärt haben, kommt es zwischen beiden Nationen immer häufiger zu Konflikten, in die auch die ansässigen Indianerstämme hineingezogen werden.

Der Siebenjährige Krieg von 1756 bis 1763 bringt die Entscheidung. Eine britische Armee erobert Quebec und stößt bis zu den Großen Seen vor. Frankreich verliert seine kanadische Kolonie an Großbritannien. Allerdings wird von den Siegern die bis heute währende Eigenständigkeit der französischen Bevölkerung anerkannt.

Nach dem Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1775 bis 1783) flohen viele englandtreue Amerikaner und besiedelten den Süden der britischen Kolonie Kanada. Ihnen folgten im 19. Jahrhundert mehr als eine Million vor allem europäischer Neusiedler, die entlang des Sankt-Lorenz-Strom und der Großen Seen auch den Westen zu besiedeln begannen. Der erste Schienenstrang bis zur pazifischen Küste, die Canadian Pacific Railway, wird 1885 fertiggestellt.

In der zweiten Hälfte des 19. Jh. schließen sich zunächst die östlichen Provinzen (u. a. Ontario, Quebec und Neubraunschweig) zu einem Bundesstaat, der Dominion Kanada, zusammen. Weitere westliche Provinzen treten wenig später der aufblühenden Nation bei.

In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts strömen weitere Einwanderer ins Land. Die Einwohnerzahl verdoppelt sich. 1931 erhält Kanada schließlich seine völlige Unabhängigkeit vom britischen Mutterland. Seither ist es ein parlamentarischer Bundesstaat, der als Monarchie zum Commonwealth of Nations gehört.

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