Industrierevier Ruhrgebiet

Das Ruhrgebiet ist immer noch der bedeutendste deutsche und einer der größten europäischen Industriebezirke. Es bildet den Hauptteil des Wirtschaftsraumes Rheinisch-Westfälisches Industriegebiet, kurz Rhein-Ruhr, in Nordrhein-Westfalen. Sein Kerngebiet erstreckt sich als breites Städteband vom linksrheinischen Teil Duisburgs (Rheinhausen) bis nach Dortmund in Westfalen. In seinen Randgebieten reicht das Ruhrgebiet von nahe der niederländischen Grenze im Westen bis nach Hamm im Osten, im Norden über die Lippe und im Süden teilweise über die Ruhr hinaus. In den Grenzen des Kommunalverbandes Ruhrgebiet (KVR), der auch den gesamten südlich anschließenden Ennepe-Ruhr-Kreis einschließt, umfasst das Ruhrgebiet mit 4433 km² 13 % der Fläche und mit etwa 5,2 Mio. Einwohnern mehr als 30 % der Bevölkerung von Nordrhein-Westfalen. Im Ruhrgebiet liegen so viele Großstädte dicht beisammen wie sonst nirgendwo in Deutschland.

Die große wirtschaftliche Bedeutung des Ruhrgebietes, bergbaulich auch Ruhr-Revier genannt, beruhte auf seinen reichen Steinkohlevorräten. Die Vorkommen im Ruhrgebiet sind im Karbon vor rund 300 Mio. Jahren entstanden, als in diesem Raum ein feuchtwarmes Klima herrschte. In einem über 3000 m dicken Gesteinspaket lassen sich anhand von Bohrkernen im Ruhrgebiet an einigen Stellen bis zu 150 Kohleablagerungen, also Flöze, ermitteln. Die zunächst flach lagernden Schichten wurden im Laufe der erdgeschichtlichen Entwicklung durch tektonische Bewegungen mehrfach gefaltet und verworfen.

1298 wird die Steinkohle im Ruhrgebiet erstmals erwähnt. Sie wurde vor allem im Süden des Gebietes auch schon im Mittelalter gefördert. Die Dampfmaschine erlaubte jedoch erst Mitte des 19. Jh. eine größere Fördertiefe und begünstigte die rasante Entwicklung der Industrie und den Anstieg der Bevölkerungszahlen. Im Gefolge des sich immer weiter ausdehnenden Bergbaus entstand eine bedeutende Hüttenindustrie mit Eisen- und Stahlerzeugung sowie deren Weiterverarbeitung. Großbetriebe der chemischen Industrie siedelten sich ebenfalls im Ruhrgebiet an. Zahlreiche Menschen zogen in den Raum. Schon im 19. Jh. kamen Polen, die aus ihrem Land geflohen oder vertrieben worden waren. Vor und während des Zweiten Weltkriegs kamen Zwangsarbeiter, sogenannte Fremdarbeiter, ebenfalls vor allem aus Polen in das Ruhrgebiet.

Siedlungsstruktur und Wirtschaft im Ruhrgebiet um 1840, 1957 und 2000

Siedlungsstruktur und Wirtschaft im Ruhrgebiet um 1840, 1957 und 2000

Die Krise …

Die strukturelle Einseitigkeit der Industrie an der Ruhr führte Ende der 50er Jahre des 20. Jh. zu Krisen im Bergbau, in den 70er Jahren des 20. Jh. zu Krisen in der Stahlindustrie. Viele Zechen mussten schließen, weil der Import ausländischer Steinkohle wesentlich billiger geworden war als die inländische Förderung. Mittels staatlicher Subventionen versuchte man die negativen Folgen zu begrenzen. Steinkohleförderung und Stahlindustrie waren stark rückläufig. Im Jahre 2009 gab es im Ruhrgebiet nur noch vier fördernde Bergwerke, nämlich West, Prosper-Haniel, Auguste Victoria und Ost. Hinzu kommen drei Kokereien: die Kokerei Prosper in Bottrop, die Kokerei Schwelgern in Duisburg und die Hüttenwerke Krupp Mannesmann.

... und ihre Überwindung

Die Krise in der Montanindustrie hatte in den 70er Jahren ihren Höhepunkt auf dem Stahlsektor und erforderte einen durchgreifenden Strukturwandel. Viele Gemeinden boten auf ehemaligem Zechen- und Hüttengelände günstige Bauflächen an. Das Verkehrsnetz wurde großzügig ausgebaut, um die Standortvorteile noch zu verbessern. Land und Bund förderten insbesondere die Ansiedlung von Fahrzeug- und Maschinenbau sowie von Elektroindustrie. Mittlere und kleinere Betriebe fanden in zahlreichen Industrie- und Gewerbeparks voll erschlossene Grundstücke oder bereits fertiggestellte Gebäude vor. Es entstanden zudem zahlreiche Einrichtungen des Bildungs- und Dienstleistungsbereichs. Als Folge der seit 1964 gegründeten sechs Universitäten entwickelte sich die Forschung verstärkt. Nach Zahl der Beschäftigten und nach Umsatz haben inzwischen die Branchengruppen Maschinen- und Fahrzeugbau, Elektrotechnik, Feinmechanik, Chemie, Petrochemie, Glaserzeugung sowie Betriebe der Hightechbranche den Bergbau und die Eisen schaffende Industrie weit überholt.

Dennoch sind viele ehemalige Zechen- und Hüttengelände heute Brachflächen, und die Arbeitslosenquote ist weiterhin hoch.

 

Erwerbstätige im Ruhrgebiet nach Wirtschaftssektoren

Erwerbstätige im Ruhrgebiet nach Wirtschaftssektoren

Erscheinungsbild

Kein anderes Gebiet Europas ist durch Eisenbahntrassen, Straßen und Wasserwege so dicht erschlossen wie das Ruhrgebiet. Der Rhein, der Wesel-Datteln-, Datteln-Hamm-, Rhein-Herne- und Dortmund-Ems-Kanal verbinden den Raum mit vielen bedeutenden europäischen Wirtschaftsräumen, so auch mit den nordwesteuropäischen Seehäfen. In Duisburg-Ruhrort liegt der größte Binnenhafen in Deutschland und bildet mit anderen Rheinhäfen die größte Binnenhafenanlage der Welt.

Das im Volksmund „Kohlenpott“ genannte Ruhrgebiet gilt heute als das Industriegebiet mit den meisten Grünflächen. Immerhin 47 % der Gesamtfläche des Ruhrgebiets werden landwirtschaftlich genutzt, 17 % sind Waldflächen. Dank neuer Einkaufszentren und kultureller Einrichtungen, wie dem Aalto-Theater in Essen und den Festspielen, sowie anderer Freizeiteinrichtungen konnte das Ruhrgebiet seine Attraktivität auch als Wohngebiet wesentlich erhöhen.

Als erste deutsche Raumplanungsbehörde wurde 1920 der Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk gegründet. An dessen Stelle trat 1979 der Kommunalverband Ruhrgebiet, der jedoch die Kompetenz zur Landesplanung zugunsten der neu gegründeten Bezirksplanungsräte verlor. Die Aufgaben des Verbandes mit Sitz in Essen sind unter anderem die Flächensicherung, Verkehrsberuhigung und Abfallwirtschaft.

Rhein-Ruhr

Das Ruhrgebiet ist eingebettet in den Ballungsraum Rheinisch-Westfälisches Industriegebiet, kurz Rhein-Ruhr. Es umfasst ein Gebiet, in dem ca. 10 Mio. Menschen leben. Grenzen bilden etwa die Städte Aachen, Mönchengladbach, Düren, Bonn, Lüdenscheid, Hamm und Wesel. Rhein-Ruhr umfasst neben dem Ruhrgebiet das bergisch-märkische Industriegebiet mit spezialisierter Kleineisen- und Textilindustrie, den Wirtschaftsraum Krefeld-Mönchengladbach mit Textil- und Bekleidungsindustrie, den Aachen-Dürener Raum mit Metallwaren- und Papierindustrie, das Rheinische Braunkohlenrevier sowie den Raum Köln-Bonn und Düsseldorf. Das Rheinische Braunkohlenrevier liegt zwischen Neuss, der Ville und Eschweiler und bildet mit 2500 km² das größte zusammenhängende Braunkohlenvorkommen Europas. Die größten Tagebaue befinden sich bei Grevenbroich, Jülich, Eschweiler und Garzweiler. Die fünf Großkraftwerke erbringen 15 % der deutschen Stromerzeugung. Die Braunkohle dient weiter der Veredelung zu festen Brennstoffen und Filterkoks.

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