- Lexikon
- Geografie
- 6 Aktuelle geografische Themen
- 6.2 Tragfähigkeit der Erde und nachhaltige Entwicklung
- 6.2.2 Sicherung der Ernährung der Bevölkerung
- Hunger und Unterernährung in der Welt
Nach Einschätzung der Welternährungsorganisation FAO hungern rund 925 Millionen Menschen weltweit. Das sind rund 16 Prozent der Weltbevölkerung. Noch immer herrscht in 29 Ländern der Erde große Nahrungsmittelknappheit. 2,2 Millionen Kinder sterben jährlich durch Mangel- und Unterernährung – das sind über 6000 Kinder täglich.
Zwei Drittel der weltweit an Hunger leidenden Menschen leben in nur sieben Ländern: Bangladesh, China, DR Kongo, Äthiopien, Indien, Indonesien und Pakistan.
Die meisten Hungernden leben in Asien und der Pazifikregion, gefolgt von Afrika südlich der Sahara. Auch in Lateinamerika, dem Nahen Osten und vielen osteuropäischen Ländern ist Hunger ein Problem. Die meisten Hungernden leben in Entwicklungsländern, aber auch in den Schwellenländern (hauptsächlich der Gemeinschaft unabhängiger Staaten) und den Industrieländern gibt es Hungernde.
Als alleinige Ursache des Hungers wird nicht selten sehr vorschnell auf das Bevölkerungswachstum verwiesen bzw. von einer Bevölkerungsexplosion gesprochen.
Richtig ist zwar, dass sich die für die Ernährung jedes einzelnen Menschen zur Verfügung stehende landwirtschaftliche Nutzfläche in den letzten Jahrzehnten ständig verkleinert hat und weiter verkleinert. So standen noch 1950 für jeden Menschen 0,3 ha Fläche zur Verfügung. Derzeit sind es bereits nur noch 0,17 ha, und bei einer zu erwartenden Weltbevölkerung von 12 Mrd. Menschen wären es sogar nur noch weniger als 0,1 ha.
Andererseits zeigt ein Blick auf die weltweite Entwicklung der landwirtschaftlichen Produktion, dass die Erzeugung von Nahrungsmitteln in den letzten drei Jahrzehnten mit der Bevölkerungsentwicklung nicht nur Schritt halten konnte; sie entwickelte sich sogar rascher als die Zahl der Weltbevölkerung.
Die Erde hat folglich „Brot für alle“. Würde man die derzeit weltweit produzierten Nahrungsgüter gleichmäßig auf alle Menschen der Erde verteilen, käme auf jeden eine tägliche Nahrungsmittelportion mit ca. 10460 kJ Energiegehalt. Das sind 628 kJ mehr, als durchschnittlich für eine gesunde Ernährung nötig wären. So ist es dem bevölkerungsreichsten Land der Erde, der Volksrepublik China, trotz wachsender Bevölkerung gelungen, nicht nur den Hunger zu besiegen, sondern sogar Nahrungsmittel zu exportieren.
Die Hauptursache für Hunger und Mangelernährung mit all ihren schrecklichen Folgen sind also nicht die fehlenden natürlichen Voraussetzungen für die Nahrungsmittelproduktion und zu viele „Münder“ auf der Erde, sondern ist in erster Linie die Armut. Sie verhindert vor allem die hinreichende Versorgung großer Teile der Menschheit mit Lebensmitteln. Deshalb sind auch die Hungerregionen der Erde mit den Armutsregionen deckungsgleich. Hunger und Armut als Geiseln der Menschheit herrschen vor allem in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara, in den meisten Länder Südostasiens sowie in einigen Regionen in Ostasien und Lateinamerika.
Im Gegensatz dazu wird in den reichen Regionen der Erde nicht selten sehr verschwenderisch mit Lebensmitteln umgegangen. So stellt z. B. auch der übermäßige Fleischverbrauch in den Industrieländern eine Ursache für den Hunger in der Welt dar: Um 0,5 kg Rindfleisch zu erzeugen, müssen 8 kg Getreide verfüttert werden, weil das Rind 7,5 kg des Futters in Energie umsetzt oder wieder ausscheidet.
Etwa ein Drittel der Getreideernte und zwei Drittel der Ernte von Ölsaaten (Sonnenblumen, Raps, Soja usw.) werden so an das Vieh verfüttert. Andererseits werden gigantische Flächen des tropischen Regenwaldes abgebrannt, um noch zusätzliche landwirtschaftliche Nutzflächen zu gewinnen. Bei einer fleischärmeren Ernährungsweise könnten aber sofort mehr Menschen ernährt werden, und die Umwelt würde wesentlich weniger belastet bzw. gefährdet.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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