Hochwasser werden fast immer durch meteorologische Vorgänge, also Prozesse in der Atmosphäre, ausgelöst, wie starke Niederschläge oder einen schnellen Temperaturanstieg im Frühjahr, mit dem eine rasche Schneeschmelze einhergeht.
Regen fällt auf das Einzugsgebiet eines Flusses und fließt zeitlich verzögert im Gewässer wieder ab. Diese zeitliche Verzögerung des Abflusses kann in felsigen Regionen mit dünner Bodendecke sehr gering sein. Andererseits kann sie bei der Zwischenspeicherung des Wassers als Schnee auch sehr hoch sein. Abflussverzögernd können sich des Weiteren die Dichte der Vegetation, die Art des Bodens, die die Geschwindigkeit der Versickerung beeinflusst, das Gefälle des Flusses und besonders die sogenannte Flussdichte auswirken.
Die Flussdichte beschreibt, wie stark verästelt ein Gewässer ist. Sie bestimmt damit, wie schnell das abfließende Wasser von Neben- und Zuflüssen aufeinandertrifft und wie schnell sich damit der Abfluss konzentriert. Meist entsteht ein Hochwasser erst, wenn die Scheitelpunkte der Abflusswellen verschiedener Zuflüsse zeitgleich in einem größeren Fluss zusammentreffen. Bild 2 zeigt ein solches Aufeinandertreffen der Hochwasserscheitel verschiedener Flüsse beim Rheinhochwasser 1993/94: Am Oberrhein, wo die ausgleichende Wirkung des Bodensees noch vorhanden ist, ist kein Hochwasser zu beobachten. Erst die Überlagerung der Scheitelpunkte der Rheinzuflüsse Neckar, Main, Nahe und besonders Mosel bewirkte eine extreme Hochwasserwelle in den mittleren Laufabschnitten des Rheins, welche damals vor allem die Stadt Köln weithin überschwemmte.
Im Allgemeinen können vier natürliche Ursachen für die Entstehung von Hochwassern unterschieden werden:
Regenhochwasser entstehen durch Starkregen in begrenzten Gebieten oder durch Dauerregen, der häufig große Gebiete erfasst. Sie lassen sich deshalb in Wolkenbruch-Hochwässer und Dauerregen-Hochwässer untergliedern:
Wolkenbruch-Hochwasser entstehen insbesondere in kleinen Einzugsgebieten bis ca. 50 km² durch sogenannte konvektive Niederschläge, also heftige Gewitter. Diese sind in der Regel nur von kurzer Dauer, können aber eine hohe Regenintensität mit vielen Litern Niederschlag pro Quadratmeter besitzen. Mit der Größe des Einzugsgebietes verringert sich jedoch das Hochwasserrisiko, da die kleinräumigen Starkniederschläge dann „abgepuffert“ werden.
In größeren Gebieten, beispielsweise im Stau vor Gebirgen, bewirkt vor allem über mehrere Tage anhaltender Dauerregen-Hochwasser. Solche Dauerregen-Hochwasser besitzen deshalb auch eine wesentlich größere räumliche Ausdehnung und sind an bestimmte Wetterlagen gebunden.
In Deutschland können vor allem die folgenden drei Wetterlagen zu diesen Hochwassern führen:
Schneeschmelz-Hochwasser haben ihre Ursache im schnellen Abtauen der Schneedecke über noch gefrorenem Unterboden, der das Versickern des Tauwassers verhindert. Auch wenn der Boden durch bereits getauten Schnee mit Wasser gesättigt ist, kann Hochwasser entstehen.
Eis-Hochwasser entstehen durch Eisstau im Flusslauf. Dieser sorgt für einen Anstieg des Wasserstandes. Kommt es dann zu verstärktem Abfluss oder übersteigt der Wasserdruck das Haltevermögen des Eisdammes, entsteht sehr plötzlich auftretendes Hochwasser mit einer steil ansteigenden Hochwasserwelle. Solche Hochwasserwellen sind durch das mitgeführte Eis besonders gefährlich, da meist auch die Deiche stark in Mitleidenschaft gezogen werden. So führte 1947 ein Eis-Hochwasser an der Oder nördlich von Frankfurt zum Bruch des Hauptdeiches.
Sturmflut-Hochwasser treten meist in den Mündungsgebieten von Flüssen, insbesondere in Mündungstrichtern auf. Dabei kommt es zum Zusammentreffen der Hochwasserwelle eines Flusses mit einer Sturmflut oder mit einem Springfluthochwasser, das vom Sturm in die Flussmündung gedrückt wird und dort zum Stau und zur Überschwemmung führt. Solche besonders verheerenden Hochwässer sind vor allem von der Elbmündung bei Hamburg bekannt.
In letzter Zeit, besonders nach den großen Hochwassern an Rhein und Oder, ist in den Medien oft die Rede von „hausgemachten Überschwemmungen“. In solchen Meldungen wird allerdings vernachlässigt, dass Hochwässer zuerst immer natürlichen Ursprungs sind. Deshalb sollte bei der Ergründung von Hochwasserursachen auch nur nach einer möglichen Verstärkung der Hochwasser durch menschliches Wirken in der Landschaft gefragt werden.
Eingriffe des Menschen verändern im Regelfalle vor allem die Aufnahmefähigkeit der Speicher im Wasserhaushalt einer Landschaft. Das Speichervermögen einer Landschaft für Wasser wird durch die Vegetation, den Boden sowie durch die Dichte des Gewässernetzes im Einzugsgebiet bestimmt:
Aufeinandertreffen von Hochwasserwellen verschiedener Flüsse beim Rheinhochwasser 1993/94.
Das Speichervermögen der Vegetation ist vor allem bei kurzzeitigen Starkniederschlägen wichtig. Das auf der Blattoberfläche zurückgehaltene Wasser kann nach einem Niederschlag wieder verdunsten und trägt somit nicht zur Abflussbildung bei. Besonders Wälder mit der riesigen Blattoberfläche (auch Blattnadeln zählen dazu) ihrer Bäume können somit zur Verminderung von Hochwasserwellen beitragen. Andererseits erhöht das Abholzen von Wäldern folgerichtig das Hochwasserrisiko.
Einen noch wesentlich größeren Beitrag zur Speicherung von Niederschlägen leistet aber der Boden. Das Speichervermögen des Bodens wird durch den bereits vorhandenen Wassergehalt und die Durchlassfähigkeit für Wasser bestimmt. Im Gegensatz zur Vegetation kann sich der Wasserspeicher Boden regenerieren, weil Wasser in tiefere Bereiche des Bodens versickern und als Grundwasser abfließen kann. Aus diesem Grund ist der Boden auch bei länger anhaltenden Niederschlägen als Speicher besonders wirksam.
Durch die Verdichtung des Bodens, beispielsweise durch schwere landwirtschaftliche Maschinen und Geräte, kann allerdings das Versickerungsvermögen des Bodens stark herabgesetzt und ein oberflächliches Abfließen des Wassers und damit Hochwasser begünstigt werden. Deshalb versucht man neuerdings, durch häufiges Tiefpflügen verfestigter Böden das Hochwasserrisiko zu vermindern.
Hochwasser fördernde Wirkungen hat auch die flächenhafte Versiegelung des Bodens in verstädterten Gebieten durch Gebäude, Industrieanlagen und Verkehrswege. Durch die oberflächliche Versiegelung fließt nahezu der gesamte Niederschlag sehr schnell oberflächlich oder über das Kanalisationssystem ab, was zum raschen Ansteigen der Bäche und Flüsse führen kann. Trotz der großen Versiegelungsflächen in Deutschland konnte die Verstärkung des Hochwasserrisikos durch Versiegelung bisher allerdings nur in kleinen Einzugsgebieten nachgewiesen werden.
Auch die Meliorisation landwirtschaftlicher Flächen in Form von Gräben und Rohrdränungen kann zur Beschleunigung des Abflusses beitragen, wodurch Hochwasserwellen steiler werden und sich die Pegel von Flüssen kurzzeitlich, aber deutlich erhöhen können.
Letztlich kann auch das Gewässernetz selbst den Hochwasserabfluss verzögern und damit das Risiko mindern. Diese Verzögerungs- bzw. Speicherwirkung ist bei großer Rauigkeit der Gewässersohle, langen Fließwegen, geringem Gefälle und bei Ausuferung in die Auenbereiche am größten. Der Hochwasser verstärkende Einfluss des Menschen zeigt sich in diesem Teil der Landschaft vor allem in der Begradigung und im Ausbau der Uferzonen von Fließgewässern. Allein an Elbe und Rhein sind vier Fünftel der ursprünglichen Überschwemmungsgebiete durch Deiche abgetrennt und anderer Nutzung zugeführt worden. Im Mittelgebirgsbereich sind die Flussauen zudem zu bevorzugten Siedlungs- und Verkehrszonen geworden.
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