- Lexikon
- Geografie
- 7 Regionen
- 7.1 Die Erdteile und ihre Länder
- 7.1.6 Polargebiete
- Die Arktis, das Nordpolargebiet
Die Polargebiete umfassen die um die Pole der Erde liegenden Festlandsgebiete, Inseln und Meeresregionen. Sie reichen bis zu den Polarkreisen, die auf 66½° nördlicher bzw. südlicher Breite liegen (Bilder 1 und 2).
Zwischen den Polen und den Wendekreisen treffen die Sonnenstrahlen ganzjährig mit sehr flachem Winkel auf die Erdoberfläche. Deshalb gibt es in den Polargebieten nie in unserem Sinne Sommer. Die „Jahreszeiten“ werden vielmehr danach unterschieden, ob es überhaupt Licht gibt: Am Polartag steht die Sonne als Mitternachtssonne ganztägig flach über dem Horizont. In der Polarnacht verschwindet die Sonne rund um die Uhr unter dem Horizont und taucht die Welt auch in der Mittagszeit nur in ein fahles Dämmerlicht.
Nordpolargebiet
Südpolargebiet
Die Länge von Polartag und -nacht nimmt von den Polarkreisen (1 Tag Dauer) zu den Polen hin zu. Dort dauern sie jeweils ein halbes Jahr. Der niedrige Sonnenstand bedingt zum anderen, dass die Erwärmung der Erdoberfläche in Polnähe stets geringer ist als in niedrigeren Breiten. Die schwächere Erwärmung im Sommer und die starke Abkühlung der Polargebiete im Winter sind für die eisigen Temperaturen im Polarklima verantwortlich (Bild 3).
Der Raum um den Nordpol wird vom Meeresbecken des bis zu mehr als 5000 m tiefen Nordpolarmeeres, von zahllosen Inseln und den nördlichen Teilen der Kontinente Amerika, Europa und Asien eingenommen (Bild 4). Mit einer Fläche von über 21 Mio. km² ist die Arktis doppelt so groß wie Europa, wobei zwei Drittel Meer sind.
Im Winter ist das Nordpolarmeer fast vollständig von einer 2 bis 3 m dicken Eischicht bedeckt. Bei den häufigen Stürmen schiebt sich das Meereis zu Packeis zusammen, das sich bis zu 25 m Höhe auftürmen kann. So entstehen an der Meeresoberfläche ständig wechselnde wirre Eisfelder, von deren Rändern sich gefährliches Treibeis ablösen kann.
Klimadiagramm von Upernavik
Profil durch die Arktis
Die arktische Insel Grönland ist die größte Insel der Erde. Sie ist im Inneren von einer über 3000 m mächtigen Decke Inlandeis bedeckt (Bilder 6 und 7). Der bis zu 150 km breite eisfreie Küstensaum hat hohe Randgebirge, aber auch tiefer gelegene Teile. Da diese Gebiete früher von Eis bedeckt waren, findet man dort den typischen Formenschatz von vom Eis überformten Abtragungsgebieten: kastenförmige Täler und Fjorde, Seen- und Moränenlandschaften und als vorherrschende Küstenform Schärenküste. Von den großen ins Meer reichenden Gletschern Grönlands brechen vor allem an der Westküste riesige Eisberge ab. Die Gletscher „kalben“. Durch Meeresströmungen, insbesondere den kalten Labradorstrom, driften die Eisberge an der nordamerikanischen Küste z. T. weit nach Süden. Dort stellen sie dann eine erhebliche Gefahr für die Schifffahrt dar.
Das Gebiet östlich von Grönland, etwa zwischen Island und der skandinavischen Küste, wird dagegen vom Golfstrom beeinflusst. Der transportiert warme, aus subtropischen Gebieten Amerikas stammende Wassermassen bis in das Meeresgebiet zwischen Spitzbergen und Nowaja Semlja. Deshalb ist dort auch wenigstens im Sommer das Nordpolarmeer eisfrei.
Inlandeisbedeckung Grönlands
Satellitenbild von Grönland
Auch die übrigen Nordpolargebiete sind vom ganzjährigen kalten Klima geprägt. Rings um das Nordpolarmeer liegen Dauerfrostgebiete mit nahezu vegetationslosen Felsschuttflächen. Im Norden von Alaska, Kanada, Skandinavien und Russland schließen sich südwärts die baumlosen Tundren an. Neben Flechten und Moosen finden in den Tundren nur niedrige Kriechweiden, Krüppelbirken, Wacholderbüsche und Rhododendren ein karges Auskommen.
Klimatisch gilt die 10 °C-Juli-Isotherme als Grenze der Arktis (Bild 8). Unter der Wirkung von kalten und warmen Meeresströmungen verschiebt sich diese Grenze vor Amerika nach Süden. Vor Europa drängt sie der warme Golfstrom polwärts.
So unwirtlich die Polargebiete auch sein mögen, von großer Bedeutung sind sie für die Existenz der menschlichen Gesellschaft: Erstens sind die Polargebiete durch ihre extrem niedrigen Temperaturen und den dadurch hervorgerufenen globalen Austausch von Luftmassen und Meerwasser (Meeresströmungen) ein Motor klimatischer Prozesse. So hängen die klimatischen Verhältnisse in Europa bzw. die Entwicklung des Wetters sehr wesentlich vom atmosphärischen Zustand in der europäischen Wetterküche Arktis ab.
Klimatische Begrenzung der Arktis
Zweitens gibt es in der Arktis bedeutende Rohstoffvorkommen. Allerdings werden mit wenigen Ausnahmen, u. a. die Kohlevorkommen auf Spitzbergen, die Kohle- und Erzlagerstätten der Arktis bislang kaum genutzt. Anders ist es mit Eröl und Erdgas: In Alaska und in Russland werden beide Energieträger im großen Maßstab gefördert. Es gibt zwar internationale Vereinbarungen zur Nutzung der Arktis und zum Umweltschutz, doch sie können ökologische Katastrophen, wie 1989 die Vergiftung weiter Küstengebiete Alaskas durch die Havarie des Supertankers „Exxon Valdez“, nicht verhindern.
Drittens birgt das Nordpolarmeer auch „lebende Ressourcen“. Die Palette reicht von verschiedenen Fischarten über Garnelen bis hin zu Robben und Walen. Durch unkontrollierten Fang und Abschuss drohten diese Ressourcen jedoch zu versiegen. Es ist u. a. den massiven Protesten von Naturschützern zu verdanken, dass Fang- und Abschussquoten festgelegt wurden, die zu einer langsamen Erholung der Bestände führen könnten.
Die polaren Lebensräume fordern aufgrund ihrer extremen Lebensbedingungen ein Höchstmaß an Anpassung von Mensch und Tier. Umgekehrt macht sie das auch besonders anfällig gegen äußere Eingriffe. Die Überwindung ökologischer Probleme kann viele Jahre dauern.
Die Bezwingung der Arktis und des Nordpols ist seit vielen Jahrhunderten das Ziel von Abenteurern und wissenschaftlichen Expeditionen und hat auch große Opfer gefordert:
1594–1596: W. BARENTS erreicht die Westküste von Nowaja Semlja und findet u. a. die Bäreninsel.
1733–1743: Die russische „Große Nordpolarexpedition“ unter V. BERING erforscht die Nordküste Sibiriens, die
Beringstraße, Alaska und die Alëuten.
1778: J. COOK erkundet die Beringstraße und dringt auf der Suche nach der Nordwestpassage im Nordpolarmeer bis zur Eisgrenze vor.
1845: FRANKLIN auf der Suche nach der Nordwestpassage verschollen.
1893–1896: Der Norweger FRIDTJOF NANSEN driftet im Packeis mit der „Fram“ am Nordpol vorbei.
1903–1906: Der Norweger ROALD AMUNDSEN bezwingt mit dem Kutter „Gjöa“ die Nordwestpassage.
1909: ROBERT E. PEARY gelangt am 6. April als erster Mensch mit dem Hundeschlitten in unmittelbare Nähe des Nordpols.
1926: Der Italiener UMBERTO NOBILE und ROALD
AMUNDSEN überfliegen mit dem Luftschiff den Nordpol.
1937–1938: Eine sowjetische Forschungsstation unter Leitung von I. D. PAPANIN driftet auf dem Eis vom Nordpol nach Grönland.
1958: Das atomgetriebene U-Boot „Nautilus“ der USA untertaucht den Nordpol.
1977: Der sowjetische Atom-Eisbrecher „Arktika“ erreicht von der Laptewsee aus durch mehr als 3 m dickes Eis den Nordpol.
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