Thomas Hardy

Lebensgeschichte

THOMAS HARDY wurde als Sohn eines Steinmetzes geboren. Durch seinen Vater lernte er Geige spielen, seine Mutter ermutigte ihn zur Literatur. Nach der Lehre bei einem Architekten in seiner Heimatstadt ging er mit 22 Jahren nach London. Hier arbeitete er für einen Architekten und lernte das Londoner Großstadtleben kennen. 1867 kehrte er zurück, um als Architekt in Weymouth zu arbeiten. Er begann, seine ersten Romane zu schreiben, die es ihm ab 1874 ermöglichten als freier Schriftsteller zu leben. Er heiratete EMMA GIFFORD, mit der er Reisen nach Europa unternahm. Mehrere Monate des Jahres verbrachte HARDY aber stets in London. Bis 1895 entstanden zahlreiche Romane, die zunächst große Anerkennung hervorriefen. Dann wurde er immer mehr für seine pessimistische Weltsicht angegriffen. Schließlich gingen die Angriffe so weit, dass sich HARDY auf das Schreiben von Gedichten verlegte. Mit dem Tod seiner Frau 1912 entstand eines seiner bewegensten Werke. 1914 heiratete er erneut. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen. 1928 starb er in seinem Haus in Dorset, das er selbst entworfen hatte.

Literarisches Schaffen

THOMAS HARDY schrieb zunächst Gedichte, bevor er sich dem Roman zuwandte. Unter dem Einfluss ARTHUR SCHOPENHAUERs entwickelte er ein zutiefst pessimistisches Weltbild, das seine Romane beherrscht. Diese werden aufgrund ihrer realitätsnahen Schilderung der Personen und Ereignisse dem Realismus zugeordnet. Sie führen die Verlorenheit, Vereinzelung und Entfremdung des Einzelnen als Preis von Industrialisierung und Modernisierung plastisch vor Augen.

HARDY gestaltet die Charaktere seiner Romanen sehr einfühlsam: Sie treten leidenschaftlich gegen die eigene Veranlagung und ihre Umwelt an, werden dann jedoch von einer unheimlichen, gleichgültigen Schicksalsmacht aufgeschreckt, umher getrieben und gebrochen. Das Romangeschehen mischt reale Ereignisse mit Fantastischem, Alltägliches mit Außergewöhnlichem und stellt irdisches Geschehen in kosmische Zusammenhänge. Der düsteren Schicksalsmacht entspricht die Schilderung der Landschaft, oft der Heidelandschaft in der fiktiven Grafschaft Wessex (= Dorset und Wilthsire). Die ländliche Idylle steht als Symbol für die Tragik der zum Scheitern verurteilten menschlichen Existenz. In seinen frühen Romanen wie Far From The Madding Crowd (1874, dt. Am grünen Rand der Welt) werden die menschlichen Leidenschaften letztlich in traditionelle Strukturen wie Ehe und Dorfgemeinschaft aufgefangen.

HARDYs spätere Romane handeln hingegen von Menschen in ausweglosen-vereinsamten Situationen wie
Tess of D'Urbervilles (1891, dt. Tess von D'Urbervilles).
Die Melkerin Tess wird durch den aristokratischen Lüstling Alex d'Urbervilles vergewaltigt. Ihr Ehemann reagiert daraufhin mit moralischer Härte, an der Tess zerbricht. Am Ende ersticht Tess ihren Peiniger in einem Akt der Selbstbefreiung, was sie am Ende durch den Tod am Strang bezahlen muss. In der Verfilmung 1979 von ROMAN POLANSKI wird Tess eindrucksvoll von NASTASSJA KINSKI verkörpert.

Einen Wendepunkt in HARDYs Schaffen stellt der düstere Roman Jude the Obscure (1895, dt. Juda, der Unberühmte) dar, in dem der Titelheld vergeblich gegen soziale Schranken und die Konventionen der bürgerlichen Ehe aufbegehrt.
Abgesehen von unüberwindbaren Klassenschranken scheitern die hochfliegenden Pläne des sensiblen Juda, sich durch ein Studium vom armen Waisenjungen zum Bischof hochzuarbeiten, auch an anderen Gegebenheiten. Er lässt sich von der sinnlichen Arabella in eine Ehe manövrieren, die von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist. Nach der Trennung wird Juda der freigeistigen Sue Bridehead hörig, obwohl diese Beziehung ihn durch Sues Emanzipationsdemonstrationen zum Außenseiter der Gesellschaft werden lässt.

HARDYs Romane mit ihrem pessimistischem Weltbild, in dem sich Konventionen und Moral sowie Intellekt und persönlicher Wille als machtlos gegen das Schicksal erweisen, riefen ein Sturm der Entrüstung hervor. So suchte HARDY nach feindseligen Besprechungen vor allem von Jude the Obscure ab 1896 seine Überzeugungen wieder in Gedichte zu fassen. Sein teils in Blankversen teils in Prosa verfasstes Werk The Dynasts (1903-1908), eine Darstellung Englands zur Zeit der Napoleonischen Kriege, ist der umfassendste Ausdruck seiner Weltsicht.

Werke
(Auszug)

Romane
Desperate Remedies (1871)
Under the Greenwood Tree (1872, dt. Die Liebe der Fancy Day)
The Return of the Native (1878, dt. Die Heimkehr)
The Mayor of Casterbridge (1885, dt. Der Bürgermeister von Casterbridge)

Kurzgeschichten
Wessex Tales (1888)
Life's Little Ironies (1894, dt. Bosheiten des Schicksals)

Gedichte
Poems of the Past and Present (1901)
Satires of Circumstance (1914)
Winter Words (1928)

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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