Essay

Die essayistische Form des argumentativen Sachtextes hat eine recht lange Tradition. Ihr Erfinder ist der Franzose MICHEL DE MONTAIGNE (1533-1592), dessen essayistische Abhandlungen den Engländer FRANCIS BACON (1561-1626) dazu inspirierten, sie in ihrer formalen und inhaltlichen Ausrichtung weiterzuentwickeln. Für ihn und seine Nachfolger war der Essay in erster Linie Ausdruck der Vernunft des Menschen. Zudem bot er ein neues Terrain, in dem die vielen Möglichkeiten des Ausdrucks in der eigenen, englischen Sprache erprobt werden konnten. Bis dato galt Latein als einzige Sprache für logische Überlegungen und Argumentationen. BACONs Ausführungen wurden zum Vorbild in anderen Ländern und fanden auch im deutschsprachigen Raum Verwendung, unter anderem bei LESSING, GOETHE und SCHLEGEL.

Es lohnt sich durchaus, die Ursprünge des Essays im Hinterkopf zu behalten, wenn man sich mit seiner Struktur beschäftigt. Bis heute spiegelt der Essay die Freude an einem wohl formulierten und flüssigen Argument wider, das andere Meinungen zwar erwägt aber schlussendlich zu Gunsten der eigenen Überzeugung aussticht.

Als argumentativer Sachtext ist der Essay darauf ausgelegt,
einen bestimmten Argumentationsweg zu verfolgen und abschließend eine vorher festgelegte Position für den Leser zu bekräftigen.
Ein Essay findet sich vermehrt in den Printmedien wieder, gehört aber längst nicht mehr zum allgemeinen Repertoire einer Tageszeitung. Meist findet er sich bei Zeitungen wieder, die noch verstärkt auf kulturelle und wissenschaftliche Berichterstattung Wert legen.
Im englischsprachigen Ausland gehört der Essay zur Standardform des schriftlichen Ausdrucks an Schulen und Universitäten. Beide Institutionen nutzen die zwei Möglichkeiten der essayistischen Schreibweise unterschiedlich stark aus. In Schulen wird der Essay verstärkt zur Übung der eigenen Meinungsäußerung verwendet. Im akademischen Bereich rückt man verstärkt von dieser rein subjektiven Form des Ausdrucks ab und gestaltet den Essay eher auf wissenschaftlicher Ebene, also z. B. durch Einbezug von Zitaten anderer und Fußnoten als Anmerkungen unter dem Text. Der inhaltliche Aufbau eines Essays orientiert sich also an den Ansprüchen des Kontextes, in dem er geschrieben wird. Es lassen sich jedoch viele allgemeine Kennzeichen benennen, die einen Essay im Wesentlichen charakterisieren.

Der Aufbau des Essays

Beim Aufbau ist Ausgangspunkt eines jeden Essays eine Frage oder ein festgelegtes Thema. Ziel des Essays ist dann, die eigenen Gedanken und Überzeugungen in logischer Abfolge wiederzugeben, sodass der Leser schlussendlich von ihrer Richtigkeit überzeugt wird. Ein Essay beruht daher immer auf einem ganz bestimmten Meinungsbild, von dem auch im Laufe der Argumentation nicht abgerückt werden darf, ansonsten verliert der Essay an Überzeugungskraft. Diese Meinung, auch These genannt, bildet den Kern der Einleitung, in der das Thema des Essays vorgestellt wird. Dies geschieht meist unter Einbezug der kulturellen, politischen, gesellschaftlichen usw. Zusammenhänge, aus denen das Thema gewachsen ist. In einem akademischen Kontext werden hier ggf. schon einführend die wichtigsten Meinungen anderer zum Thema angerissen.
Der Hauptteil behandelt nun die verschiedenen Aspekte der Fragestellung und möglicher Antworten. Hierbei gehört es zur Kunst des Essayisten, potenziellen Gegenargumenten vorzubeugen, indem diese erwähnt und argumentativ umschifft oder gar verworfen werden. Leitfaden des Hauptteils ist die These der Einleitung.
Wenn man am Schluss des Essays angelangt ist, soll der Leser von der eigenen Meinung überzeugt sein.

Selbst bei eher wissenschaftlichen Abhandlungen beruht der Essay immer auf den persönlichen Überzeugungen und Kenntnissen des Verfassers. Auch bei einem Essay ohne wissenschaftliche Zusammenhänge empfiehlt es sich daher, im Vorfeld Recherchen zum Thema zu betreiben und mögliche Gedankengänge behutsam abzuwägen.

Formale und sprachliche Merkmale

Der Essay gliedert sich in Einleitung, Hauptteil und Schluss. Die Einleitung bildet die Hinführung zum Thema und der eigenen These, der Hauptteil beleuchtet diese unter verschiedenen Aspekten und Blickwinkeln. Daher ist er auch in verschiedene Abschnitte aufgeteilt, in denen jeweils ein Aspekt abgehandelt wird. Hierbei gibt es zwei Merkmale der logischen Argumentation:

1. AND- Links

Die logische Form der Und-Verknüpfung verbindet zwei unterschiedliche Argumente aufgrund deren inhaltlichen Zusammengehörigkeit. Das eine Argument stützt das andere und ergänzt daher in der formalen Abfolge der Abschnitte ein vorangegangenes Argument.

2. BUT-Links

Die andere Form der logischen Abhandlung ist die von Kontrast und Gegensatz. Mit Hilfe der Aber-Verknüpfung können zwei Argumente einander gegenübergestellt werden. Meist positioniert man zunächst das Gegenargument, um dies dann durch das eigene zu widerlegen.

Um einen Essay interessant und lesenswert zu gestalten, empfiehlt sich eher die diskursive Form, in der verschiedene Argumente miteinander verglichen und kontrastiert werden. Die Anhäufung von Argumenten durch Und-Verknüpfungen lassen den Essay schnell langweilig und eindimensional werden.

Oberstes Ziel des Essays ist, den Leser für das eigene Argument zu gewinnen. Daher ist das wichtigste formale Merkmal eines Essays die nachvollziehbare Argumentation unter Verwendung einer klaren Syntax.
Das bedeutet, ein hypotaktischer Satzbau ist nur mit Vorsicht zu verwenden. Zu viele Verschachtelungen und kausale Unterordnungen können den Leser schnell verwirren und dem eigenen Argument schädlich sein.
Das wichtigste sprachliche Merkmal des Essays sind seine formale Ausdrucksweise und eine überzeugend eingesetzte Rhetorik. Ein Essay gewinnt an Glaubwürdigkeit, wenn er sachlich geschrieben und bei der Wortwahl in Maßen zugunsten eines formelleren (oft lateinischstämmigen) Ausdrucks gestaltet ist. Bildliche Ausdrücke sind weitestgehend zu vermeiden, wenn sie den argumentativen, logischen Charakter des Essays gefährden.

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