Erzählperspektive

Der Erzähler

Der Begriff des Erzählers (narrator) bezeichnet in der Erzählforschung im Allgemeinen den Verfasser bzw. den Autor (author) des epischen Werks. Im Besonderen steht dieser Ausdruck aber für eine fiktive Gestalt, die essenziell für die Erzählperspektive (point of view) eines Textes zuständig ist.
Im Epos (epic (poem)) ist der Erzähler als allwissender Sänger ausgelegt. Seit dem 18. Jahrhundert gibt es allerdings eine Vielfältigkeit von Erzählertypen innerhalb des Romans, wobei der Erzähler im Ich-Roman die Ereignisse als direkter Miterlebender unmittelbar darlegt, so z. B. auch im Briefroman.

Dagegen kann die Rolle des Erzählers aber auch zum ironisierenden und reflektierenden Kommentator wie in The Life and Opinions of Tristram Shandy von LAURENCE STERNE werden. Er kann ebenso als wesentliches Element in einer komplexen Romanstruktur fungieren. Darin steht er in einem dialektischen Verhältnis zur Hauptfigur.

Im Allgemeinen lässt sich der allwissende, oder auch auktorial genannte, Erzähler vom Ich-Erzähler, welcher nicht in die Figuren seiner Umgebung hineinsehen und auch nicht das Geschehen deuten oder gar voraussehen kann. In der personalen Erzählsituation fehlt er sogar ganz als vermittelnde Instanz zwischen Autor und Leser.

Die Erzählperspektive
Die Erzählperspektive gibt wieder, aus welchem Blickwinkel eine Handlung (plot, action) in einem epischen Text beschrieben wird. Sie bezeichnet den Standpunkt (standpoint) des Erzählers. Dabei kann der Erzähler einerseits über einen beinahe universellen Überblick über das gesamte Geschehen verfügen.
Andererseits kann er der Figur so nahestehen, dass er das Geschehene scheinbar mit deren Augen sieht.
Allerdings kann die Erzählperspektive auch irgendwo zwischen diesen Extremen liegen.

In Prosatexten findet man die folgende allgemeine Einteilung der Erzählperspektiven vor:

  • neutrale Erzählperspektive: Der Erzähler befindet sich dabei außerhalb der Handlung und kann somit nur das erzählen, was er auch selbst wahrgenommen hat oder ihm von einem Dritten erzählt wurde.
     
  • auktoriale Erzählperspektive: Hier berichtet der Erzähler ebenfalls von außen, bleibt allerdings nicht neutral. Er greift sogar ins Geschehen ein und tritt als allwissender Erzähler auf, der jedes Ereignis kommentiert. So bleiben ihm auch die Gedankengänge der Charaktere, sowie die Hintergründe ihrer Handlungen nicht verborgen.
     
  • personale Erzählperspektive: Der personale Erzähler gibt nur den Blickwinkel einer einzigen Person wieder, was meistens durch Er... oder Sie... ausgedrückt wird. Dem Leser werden alle Gedankengänge, Gefühle und Ereignisse aus der Sicht dieser Person mitgeteilt. Eine wichtige Rolle spielen daher die erlebte Rede und der innere Monolog.
     
  • Ich-Erzählperspektive:
    • Als Sonderform der personalen Erzählweise: Der Erzähler ist identisch mit einer am Geschehen beteiligten Person und beschränkt sich auf deren Denkweise und Eindrücke.
       
    • Als Sonderform der auktorialen Erzählweise: Der Ich-Erzähler sieht das Geschehen von außen und kommentiert, spricht auch den Leser direkt an.
       
  • Er-/Sie-Erzählperspektive: Diese Erzählperspektive kann in auktorialer, neutraler oder auch personaler Erzählform erscheinen. So kann man die Er-/Sie-Erzählperspektive in der personalen Form z. B. an der erlebten Rede erkennen.

Die Erzählperspektive folgt jedoch keiner strengen Festlegung. Daher ist auch ein Wechsel der Erzählperspektive jederzeit durchführbar. In der Prosa haben sich daher auch viele Mischformen herausgebildet.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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