Pakistan

Staatsgründung und Abspaltung Ostpakistans (1947–1971)

Am 14. August 1947, einen Tag vor der Indischen Union (Indien), erlangte der neu gegründete Staat Pakistan seine Unabhängigkeit im Rahmen des britischen Commonwealth. Im Zuge der Teilung Britisch Indiens erhielt Pakistan die mehrheitlich muslimischen Gebiete, dabei entstanden die beiden, durch das Territorium der Indischen Union weit voneinander getrennten Landesteile

  • Westpakistan (die früheren britisch-indischen Provinzen Sind, North-West Frontier Province, Belutschistan und West Punjab)
  • und Ostpakistan (Ostbengalen und Teile Assams).

Der Streit mit Indien um Kaschmir führte im Dezember 1947 zum Ausbruch eines ersten militärischen Konfliktes. Nach dem unter Vermittlung der UNO erreichten Waffenstillstand teilte die Waffenstillstandslinie den indischen vom pakistanischen Einflussbereich in Kaschmir. Etwa sieben Mio. Muslime wurden – oft unter Gewaltanwendung – von Indien in das westliche Pakistan umgesiedelt. Im April 1950 schlossen die beiden Staaten ein Abkommen über die Behandlung der jeweiligen (muslimischen bzw. hinduistischen) Minderheit. Mit Wirtschaftshilfe vor allem aus den USA sollte seit 1951 die Wirtschaftsstruktur des Landes modernisiert und die soziale Situation der Menschen verbessert werden, um vor allem die große Zahl der Flüchtlinge aus Indien in die pakistanische Gesellschaft einzugliedern.

Spannungen zwischen verschiedenen Gruppen über die Rolle des Islam im Staatsverständnis sowie Gegensätze zwischen den weit auseinanderliegenden Teilen Pakistans beherrschten die Innenpolitik. Der Versuch, die westpakistanische Sprache Urdu auch in Ostpakistan einzuführen, löste dort Unruhen aus. Während bei den Wahlen vom 7. Dezember 1970 in Westpakistan die für die Einheit Pakistans eintretende, von ZULFIKAR ALI BHUTTO geführte Pakistan People's Party (PPP) siegte, setzte sich in Ostpakistan die auf Eigenständigkeit drängende Awami-Liga mit großer Mehrheit durch. Im März 1971 proklamierten führende Politiker Ostpakistans dieses Gebiet zur unabhängigen Republik Bangladesh. Mit militärischer Unterstützung Indiens gelang es Ostpakistan im Dezember 1971, sich als Bangladesch von Westpakistan zu lösen.

Die Außenpolitik 1947–1971

Die außenpolitische Linie Pakistans war von Anfang an durch das gespannte Verhältnis zu Indien bestimmt, das durch den Streit um Kaschmir zusätzlich belastet wurde. Anders als das blockfreie Indien ging Pakistan enge Verbindungen mit den USA ein. Es trat 1954 der SEATO (Southeast Asia Treaty Organization) bei und erhielt in starkem Maß Militärhilfe aus den USA. Darüber hinaus knüpfte Pakistan Beziehungen zur Volksrepublik China, mit der es 1963 ein Grenzabkommen schloss. Mit dem Angriff seiner Truppen auf den indischen Teil von Kaschmir (September 1965) versuchte Pakistan erfolglos, den Kaschmirkonflikt militärisch zu lösen. Nach Abschluss eines Waffenstillstandes kam unter Vermittlung der UdSSR auf der Konferenz von Taschkent (4.–10. Januar 1966) eine pakistanisch-indische Vereinbarung zustande, in der beide Staaten ihren Verzicht auf eine militärische Lösung des Kaschmirkonfliktes erklärten.

Von der Regierung BHUTTO zur Militärdiktatur ZIA UL-HAQS

Nach über einem Jahrzehnt der Militärherrschaft baute BHUTTO mit der Verfassung von 1973 ein ziviles, nach parlamentarischem Muster strukturiertes Regierungssystem auf, in dem er selbst das Amt des Premierministers übernahm. BHUTTO führte eine Bodenreform durch und verstaatlichte u. a. Industriebetriebe und Banken. Gestützt auf die PPP entwickelte er einen persönlich-autoritären Regierungsstil.

Am 5. Juli 1977 übernahm General MOHAMMED ZIA UL-HAQ die Macht, setzte die Verfassung außer Kraft, löste Parteien und Gewerkschaften auf und verkündete das Kriegsrecht. 1978 ließ er sich als Staatspräsident vereidigen. Gestützt auf die Armee schuf ZIA UL-HAQ ein diktatorisches Regime, das sich gegen Parteien (besonders die PPP) und Gruppierungen wandte, die 'islamischen Grundsätzen' zuwiderliefen. ZIA UL-HAQ führte bis 1988 stufenweise die Scharia (das islamische Recht) als oberste Rechtsprechung ein. Seit 1979 brachen in Pakistan aus politischen, gesellschaftlichen und ethnischen Gründen immer wieder Unruhen aus. Unter Führung der PPP gründeten 1981 neun politische Parteien eine 'Bewegung zur Wiederherstellung der Demokratie'. Nach den Wahlen von 1985, bei denen nur Einzelkandidaten ohne Parteibindung zugelassen waren, hob die Regierung das Parteienverbot und das Kriegsrecht auf. 1986 kehrte mit BENAZIR BHUTTO, der Tochter BHUTTOS, die seit Beginn der 80er-Jahre führende Politikerin der PPP aus dem Exil nach Pakistan zurück.

Außenpolitik von 1971 bis in die 1990er-Jahre

Außenpolitisch ging Pakistan nach seiner militärischen Niederlage gegen Indien (1971) mit seinem Austritt aus dem Commonwealth und der SEATO (1972) auf Distanz zu den westlichen Staaten, trat aber 1989 wieder in den Commonwealth ein. Auf der islamischen Gipfelkonferenz (1974) erkannte Pakistan Bangladesh als unabhängigen Staat an.

Den sowjetischen Einmarsch in Afghanistan 1979 verurteilte Pakistan scharf. An der Grenze zu Afghanistan kam es aufgrund des dortigen Bürgerkriegs wiederholt zu Übergriffen des afghanischen wie auch pakistanischen Militärs. Am 14. April 1988 unterzeichnete Pakistan schließlich das Genfer Afghanistan-Abkommen, das afghanisch-pakistanische Vereinbarungen über die Nichteinmischung und Rückführung der Flüchtlinge enthielt. Dennoch setzte es aber seine Hilfe für die afghanischen Mudschaheddin fort, die 1989 in Peschawar eine Exilregierung bildeten. Als sich die Mudschaheddin aber nach der Eroberung der afghanischen Hauptstadt Kabul (1992) in blutigen Machtkämpfen aufrieben und Afghanistan in einzelne, von Warlords beherrschte Territorien zerfiel, ging Pakistan zur Ausbildung und massiven Unterstützung der Taliban über, die ab Herbst 1994 allmählich den größten Teil Afghanistans erobern konnten. Im Mai 1997 erkannte Pakistan als erster Staat das Talibanregime in Afghanistan an.

BENAZIR BHUTTO und MOHAMED NAWAZ SHARIF (1988–1999)

Nach dem Wahlsieg der PPP im November 1988 wurde BENAZIR BHUTTO erster weiblicher Premierminister in einem muslimischen Land, aber im August 1990 unter der Beschuldigung des Amtsmissbrauchs und der Korruption vom Staatspräsidenten abgesetzt. Die Wahlen 1990 gewann die 'Islamische Demokratische Allianz', Premierminister wurde MOHAMMED MIAN NAWAZ SHARIF. Die Parlamentswahlen im Oktober 1993 gewann die PPP, BENAZIR BHUTTO wurde erneut Premierministerin. Von der Opposition unter NAWAZ SHARIF bekämpft, konnte sie weder die Staatsverschuldung noch die politisch-religiösen Unruhen dämpfen. Unter dem Vorwurf der Misswirtschaft und Korruption wurde sie erneut vorzeitig abgesetzt. 1997, nach dem Wahlsieg der PML trat NAWAZ SHARIF zum zweiten Mal das Amt des Regierungschefs an. Auch in seiner zweiten Amtszeit spitzte sich die innenpolitische Situation zu. Die wirtschaftliche Misere brachte das Land fast an den Rand eines Staatsbankrotts.

Machtergreifung durch General PERVEZ MUSHARAFF

Der Streit um Kaschmir eskalierte erneut, als 1999 vom pakistanischen Militär unterstützte, muslimische Rebellen über die Waffenstillstandslinie vordrangen und indische Truppen in schwere Kämpfe verwickelten. Als NAWAZ SHARIFF auf Drängen der USA im Juli 1999 einen pakistanischen Rückzug anordnete, brachte er insbesondere die Armee gegen sich auf. Die daraus resultierenden Spannungen mündeten am 12. Oktober 1999 in einem unblutigen Militärputsch, in dessen Verlauf der kurz zuvor aus dem Amt entlassene Generalstabschef PERVEZ MUSHARRAF Premierminister NAWAZ SHARIF stürzte und selbst die Macht übernahm. Der Staatsstreich rief international scharfe Kritik hervor und führte dazu, dass am 18. Oktober 1999 die Mitgliedschaft Pakistans im Commonwealth ausgesetzt wurde.

Außen- und Sicherheitspolitik

Zu einer neuen militärischen Eskalation des Kaschmirkonflikts kam es im Dezember 2001, als die indische Regierung in Pakistan wirkende islamische Organisationen für ein terroristisches Attentat auf das Bundesparlament von Neu-Delhi verantwortlich machte. Nach einem massiven Truppenaufmarsch und dem Ausbruch von Gefechten an der indisch-pakistanischen Grenze suchte MUSHARRAF die Gefahr eines neuen Krieges mit Indien abzuwehren, indem er Großbritannien und die USA um Vermittlung bat, radikal-islamische Organisationen verbot und die Verhaftung religiöser Extremisten veranlasste. Angesichts der wachsenden militärischen Spannungen mit Indien, betonte MUSHARRAF Ende Mai 2002 das Interesse seines Landes an einer vom Ausland vermittelten Deeskalation. Auch die im November 2002 ins Amt gewählte Regierung unter Premierminister JAMALI kündigte das Streben nach einem friedlichen Ausgleich mit Indien sowie die Fortsetzung des von MUSHARRAF eingeschlagenen pro-westlichen Kurses an.

Am 27. Dezember 2007, zwei Wochen vor dem geplanten Termin für die Parlamentswahl am 8. Januar 2008, wurde BENAZIR BHUTTO nach einer Wahlkampfveranstaltung in Rawalpindi Opfer eines Attentats.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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